Wir kommen von der Presse
blickten Ute und Klaus ihr nach. Eine Weile blieben sie schweigend auf der Bank sitzen und dachten über ihr Interview nach.
Bis Klaus endlich sagte: »Mann, so eine Pleite! Und ich Hornochse hatte geglaubt, wir könnten Olaf schon wieder eine ganz aufregende Reportage hinlegen.«
»Können wir vielleicht trotzdem«, meinte Ute geheimnisvoll. »Ich hab’ nämlich ‘ne tolle Idee! Wir fragen einfach mal verschiedene Leute aus. Und zwar alle dasselbe. Zum Beispiel: ,Haben Sie einen schönen Beruf? Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß? Oder möchten Sie lieber was anderes tun?’ — Wie findest du den Einfall?«
»Echt gut«, erwiderte Klaus. »Das gibt eine richtige Volksbefragung! Und daraus machen wir dann eine ganz große Reportage. Okay?«
»Okay! Also, los!«
Im Laufe des Nachmittags interviewten Ute und Klaus viele verschiedene Leute und bekamen freundliche und unfreundliche, ausführliche und knappe Antworten.
Ein Omnibusfahrer zum Beispiel sagte ihnen, stundenlang im Bus zu sitzen und durch den dichten Verkehr zu steuern, sei heute wahrhaftig kein Vergnügen mehr. Früher, als es noch nicht so furchtbar viele Autos gegeben habe, da habe ihm sein Beruf noch Spaß gemacht. Ein rundlicher Mann mit Regenschirm und Aktentasche berichtete, daß er den ganzen Tag am Schreibtisch säße, ständig in irgendwelchen Akten blättern, telefonieren, rechnen und wieder telefonieren müsse und daß er eigentlich viel lieber Förster oder Bauer geworden wäre. Ein junges Mädchen mit langen dunklen Haaren erzählte ihnen, sie sei Kindergärtnerin. »Ob ich lieber was anderes tun möchte?« fragte sie lachend. »Warum denn? Für mich gibt’s nichts Schöneres, als mich mit Kindern zu beschäftigen.«
Dagegen sagte ein unfreundlicher Maurer: »Ist doch egal, ob mir die Arbeit gefällt oder nicht. Hauptsache, sie bringt Geld ein.«
Ute und Klaus befragten auch noch rasch einen Mann, der gerade in ein Auto stieg. Er war Geschäftsmann und hatte so wenig Zeit, daß er nicht einmal darüber nachdenken konnte, ob ihm sein Beruf Freude machte oder nicht.
Zwei Frauen aber, die gemeinsam aus einem Bürohaus kamen, fuhren sie wütend an. »Habt ihr nichts Besseres zu tun? Unverschämtheit, uns mit so einem Unsinn zu belästigen!«
Wenig Zeit hatte auch ein junges Mädchen, das Ute und Klaus auf dem Hellweg, der Hauptgeschäftsstraße, hinter einem schmalen Verkaufstisch antrafen. Bei ihr konnte man allerlei hübsche Dinge aus getrockneten und gepreßten Blättern, Gräsern und Blumen kaufen: Gestecke, Kränze, Bälle und Pyramiden aus Blüten und Blumen, aus Zweigen und Zapfen. Es war Lisa, die Studentin und Blumenkünstlerin, von der ihnen Herr Neubert erzählt hatte.
Die Kinder hatten allerdings keine Gelegenheit, ein bißchen länger mit ihr zu reden. Immer wieder traten Leute an ihren Tisch und fragten, was so ein Blumengebinde koste und ob diese Blumen wirklich nicht wie andere schon nach wenigen Tagen verwelkten. Und immer wieder gab die Studentin freundlich lächelnd Auskunft und zeigte ihre Freude, wenn jemand eines ihrer kunstvollen Gestecke kaufte.
Zwischendurch fragte sie nur einmal kurz: »Seid ihr die zwei von der Schülerzeitung? Herr Neubert hat mir schon von euch erzählt.«
Aber dann kam eine ältere Dame an den Stand und wollte wissen, wie man die Blumen denn so prächtig haltbar machen könne, daß sie Farbe und Form über lange Zeit behielten. Doch das verriet Lisa der Dame nicht.
Klaus machte es nichts aus, daß sie so lange warten mußten. Im Gegenteil, er konnte sich an den bunten Blumengebinden gar nicht sattsehen. »Da bleibt dir die Spucke weg!« sagte er zu Ute. »Was man doch alles aus ein paar Blumen oder Gräsern oder Dingen aus dem Wald zaubern kann! Man muß nur den Dreh heraushaben. Du, so was möcht’ ich auch können!«
Ute aber war merkwürdig still geworden. Sie betrachtete den Verkaufsstand und die hübschen Gestecke darauf ziemlich gleichgültig. Als die Blumenverkäuferin schließlich sagte, sie sollten doch ein andermal wiederkommen, wenn sie nicht so beschäftigt sei, da drehte sich Ute sogleich um und ging.
Später saßen Ute und Klaus noch einmal auf der Bank, wo sie die vermeintliche Königin von Schweden entdeckt hatten.
»Was ist los mit dir?« fragte Klaus verwundert. »Du machst auf einmal ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.« Da Ute nicht antwortete, brummte er: »Was hast du bloß? Schon vorhin am Blumenstand warst du so komisch. Als ob dir die schönen Gestecke ganz
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