Wir kommen von der Presse
träumen kann.«
Ute schnupperte noch an einigen anderen Duftkissen. Ein blau-weiß kariertes mit roter Schleife hielt sie besonders lange an die Nase. Der Duft erinnerte sie an etwas. Wo hatte sie den schon gerochen? War es nicht in einem Garten gewesen? »Jetzt fällt’s mir wieder ein!« rief sie. »Es war in Herrn Neuberts Garten. Ach ja, und da hat Herr Neubert uns erzählt, daß er die Lavendelsträucher extra für Sie angepflanzt hat.«
»Stimmt«, sagte Lisa. »Ich muß ihn übrigens bald wieder besuchen und mir frische Lavendelblüten holen. Die Blütezeit beginnt jetzt. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr mitkommen.«
Natürlich hatten Klaus und Ute Lust, und sie freuten sich auch schon darauf, Herrn Neubert wiederzusehen. Doch ihre Freude wurde rasch gedämpft, als die Studentin meinte: »Es ist wohl das letzte Mal, daß ich in Herrn Neuberts Garten Lavendelblüten pflücke. Nächstes Jahr gibt es die Kolonie ,Felizitas’ wahrscheinlich nicht mehr. Dann ist das ganze Gelände vielleicht schon eine riesige Baustelle mit einem Schild, worauf steht: Hier baut die Beton-AG ein Bürohochhaus.«
»Meinen Sie das im Ernst?« fragte Klaus erschrocken. Lisa nickte. »In der Stadt wird so einiges gemunkelt. Die Aussichten für die Kolonie sind schlecht, glaub’ ich.« Ein paar Augenblicke lang schwiegen die drei betroffen. Dann rief Ute zornig: »Kann man denn gar nichts dagegen tun? Kann denn niemand einfach bestimmen, daß die schöne Kolonie ,Felizitas’ so bleiben soll, wie sie ist?«
»So einfach ist das nicht«, erklärte die Studentin. »An dieser Entscheidung sind viele verschiedene Leute beteiligt, im Rathaus, in der Ratsversammlung, in Ausschüssen, Beiräten und so weiter. Und alle wollen gefragt werden und etwas zu sagen haben.«
Da fiel Klaus auf einmal ein, wie er sich neulich abends vor dem Schlafengehen in seiner Phantasie vorgestellt hatte, er wäre ein allmächtiger Richter. Wie er den Verantwortlichen kurzerhand verboten hatte, die Kolonie abzureißen. Und wie er sie dann verurteilt hatte, ein großes Fest für die Bewohner der »Felizitas« zu veranstalten. Als er jetzt wieder daran dachte, mußte er über sich selbst lachen.
Ute stieß ihn ärgerlich in die Seite. »Wie kannst du darüber lachen? Die Geschichte von der Kolonie ist doch viel eher zum Heulen!«
»Ich werd’ doch wohl noch über mich selbst lachen dürfen«, erwiderte Klaus. »Ich hab’ mir nämlich wegen der Kolonie mal etwas ziemlich Verrücktes zusammengesponnen.«
Mehr wollte er nicht sagen. Doch Ute und auch die Studentin bedrängten ihn. »Ich träume auch öfter mal vor mich hin«, sagte Lisa. »Und wenn es etwas Schönes war, dann erzähl’ ich es gern weiter.«
»Meinetwegen«, sagte Klaus nach einigem Zögern und begann schließlich zu erzählen.
Ute und Lisa amüsierten sich köstlich über seine Geschichte und lachten fast bei jedem Satz. Und je mehr sie lachten, um so eifriger erzählte Klaus.
Als er geendet hatte, meinte Ute: »Den Schluß mit dem Fest find’ ich prima. Da könnten sich dann alle wieder vertragen: die Leute von der Kolonie und die von der Stadt, die sie abreißen wollen.«
Lisa holte von einem Regal eine große Schüssel mit dicken, reifen Kirschen. »Langt zu«, sagte sie, »es darf alles aufgegessen werden.« Und nach einer Weile meinte sie nachdenklich: »So ein Fest in der Kolonie ,Felizitas’, das war’ wirklich eine Idee. Du hast dir da etwas einfallen lassen, Klaus, das man ruhig mal ein bißchen weiterspinnen könnte.«
Daraufhin setzten sich die drei an Lisas Arbeitstisch, aßen die knackigen Kirschen, spuckten die Kerne gedankenvoll in einen Blecheimer und dachten dabei Klaus’ Traum weiter. Und je länger sie überlegten, desto bessere Einfälle kamen ihnen, bis am Ende klar war: Die Koloniebewohner müßten ein großes Fest feiern! Die ganze Stadt sollte von diesem Fest erfahren, und alle müßten hören und sehen, wie wohl sich die Bewohner in ihrer Kolonie fühlten und daß es eine Gemeinheit wäre, wenn man die alten Häuser und die schönen Gärten einfach dem Erdboden gleichmachte.
»Mensch, das wär’ ‘ne Wucht!« rief Klaus. »Wenn andere Leute gegen irgendwas protestieren, dann ziehen sie durch die Straßen, schreien im Chor und machen Gesichter, als wären sie alle Menschenfresser. Ich hab’ so was schon ein paarmal im Fernsehen gesehen.«
»Meistens schleppen sie auch noch jede Menge Spruchbänder mit sich rum«, meinte Ute. »Ha, und unsere Leute von
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