Wir kommen von der Presse
Schauspieler noch eine Sportkanone hier liegen.« Er lächelte die Kinder an und legte ihnen gutgelaunt die Hände auf die Schultern.
Als sie ihm jedoch sagten, wen sie besuchen wollten, wurde er plötzlich ernst. »Heute ist es ungünstig, Kinder. Es geht Herrn Neubert nicht gut.«
»Ist er lebensgefährlich krank?« fragte Ute leise.
»Nein, nein«, sagte der Arzt beruhigend. »Aber es ist besser, wenn er in den nächsten Tagen keinen Besuch bekommt. Er braucht viel Ruhe.«
Und wenn er nie wieder gesund wird? Mit wem sollten sie dann über ihren Plan sprechen?
Der Arzt bemerkte Klaus’ Niedergeschlagenheit. »Kopf hoch, mein Junge. Ende der Woche könnt ihr ihn wahrscheinlich schon kurz besuchen und ihn interviewen. Das wolltet ihr doch, oder?«
»Ja, wir wollen ihn wegen der Kolonie ,Felizitas’ befragen«, erzählte Ute. »Dort wohnt Herr Neubert nämlich. Aber die Kolonie soll abgerissen werden. Und nun möchten wir gern wissen, was er von unserer Idee hält.«
»Da macht ihr mich aber neugierig«, meinte der Arzt und blickte auf seine Armbanduhr. »Ein paar Minuten hab’ ich Zeit. Kommt, wir setzen uns dort drüben hin.« Sie gingen einige Schritte durch den Flur bis zu einer Nische mit einer Sitzecke und einem großen Blumenfenster. Dort setzten sie sich um einen runden Tisch, und der Arzt fragte sie, was sie denn überhaupt mit der Kolonie zu tun hätten. »Müßt ihr etwa in der Schule einen Aufsatz darüber schreiben?«
»Nein, wir sind nur dagegen, daß sie abgerissen wird«, erklärte Klaus.
»Ich bin auch dagegen«, behauptete der Arzt. »Aber wahrscheinlich wird man es nicht verhindern können. Ich wüßte nicht, wie.«
»Wir schon!« sagte Ute geheimnisvoll. »Wir wissen nur noch nicht, ob es klappt. Mehr können wir Ihnen im Moment allerdings nicht verraten. Pressegeheimnis! Das verstehen Sie doch, oder?«
Der Arzt verstand. Und er fragte nicht weiter. Aber er erkundigte sich noch, wie viele Exemplare von ihrer Zeitung denn so ungefähr gedruckt würden.
Einen Augenblick lang waren sie beide schrecklich verlegen. Klaus tat so, als müsse er nachrechnen. »Wie viele? Warten Sie mal... ja, ungefähr zwei...«
»Oh, zweitausend Exemplare?« unterbrach ihn der Arzt. »Das ist schon eine ansehnliche Auflage für eine Zeitung, die von Schülern gemacht wird. Trotzdem, ich an eurer Stelle würde es mir nicht Zutrauen, mit Hilfe eurer Zeitung die Kolonie zu retten.«
»Was trauen Sie sich denn so zu?« fragte Ute rasch. Sie wollte den Arzt möglichst schnell auf andere Gedanken bringen.
»Zum Beispiel traue ich mir zu, Herrn Neubert wieder gesund zu machen«, meinte der Doktor. »Und nicht nur ihn, auch andere Menschen hier im Krankenhaus.«
»Das liegt sicher daran, daß Sie genau wissen, welche Medikamente Sie geben müssen, damit Ihre Patienten gesund werden.«
»Ha!« lachte Ute auf. »Du warst wohl noch nie beim Arzt! Zuerst muß er doch mal feststellen, was dem Kranken fehlt, und dann erst kann er die richtigen Medikamente verschreiben.« Sie sah den Arzt fragend an. »Stimmt doch, oder?«
»Stimmt. Aber mit Medikamenten allein ist’s auch nicht getan. Mitunter ist es ebensowichtig, den Kranken Mut zu machen, ihnen neuen Lebensmut zu geben, wenn sie lange Zeit liegen müssen. Aus einem verzagten Kranken einen Menschen zu machen, der das Leben wieder liebt, das gehört auch zur ärztlichen Kunst.«
Ute und Klaus nickten. Der Arzt gefiel ihnen.
»Wie ist Ihnen zumute, wenn Sie gerade einen Ihrer Kranken gesund gemacht haben?« wollte Ute wissen. Der Arzt überlegte kurz. »Vielleicht wie dir an deinem Geburtstag, wenn du etwas geschenkt bekommst, das du dir schon lange gewünscht hast.« Er blickte aus dem Fenster und deutete auf eine ältere Frau, die im Garten des Krankenhauses auf einer Bank saß. »Das ist Frau Dorsch. Sie war viele Wochen schwer krank. Nun geht’s ihr wieder besser, in einigen Tagen darf sie bereits nach Hause. Ich glaube, ihr solltet sie mal besuchen. Als Reporter, meine ich.«
Der Arzt wollte noch etwas hinzufügen, doch er kam nicht mehr dazu. Eine Schwester rannte aufgeregt über den Flur. Als sie den Arzt in der Nische erblickte, rief sie: »Herr Doktor, schnell! Kommen Sie bitte sofort zur Frauenstation!«
Rasch sprang er auf. »Viel Erfolg bei euren Plänen«, sagte er noch und eilte der Schwester nach.
Einen Augenblick lang saßen die Kinder unschlüssig vor dem Blumenfenster. Dann meinte Klaus: »Na gut. Wenn wir schon nicht zu Herrn Neubert
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