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Wir kommen von der Presse

Wir kommen von der Presse

Titel: Wir kommen von der Presse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Gronemann
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jetzt vorbei. Kommt, wir gehen nach oben in meine Werkstatt. Da hab’ ich immer gute Laune.«
    Ute meinte, sie seien auch hauptsächlich wegen der Werkstatt gekommen. Denn als Reporter interessierten sie sich besonders für ihre Arbeit mit den Blumen. Und Klaus wollte wissen, wie sie denn überhaupt auf die Idee gekommen sei, solche Gestecke zu machen.
    »Blumen hab’ ich schon immer gern gemocht«, erwiderte Lisa. »Aber ich fand es so schade, daß die schönsten Blumengestecke schon nach wenigen Tagen in den Vasen verwelkten. Da hab’ ich mich mal umgehört und erfahren, daß man Blumen und Pflanzen auf lange Zeit haltbar machen kann.«
    Dann erklärte sie ihnen, wie sie das machte. Sie führte ihnen vor, wie sie die Blumen an der frischen Luft trocknete, wie sie dann mit Hilfe von Blumendraht hübsche Gebinde bastelte. Sie zeigte ihnen, wie sie Blätter und Farne preßte, um sie später zu wunderschönen Bildern zusammenzufügen. Und sie erzählte, wie sie zartere Blüten, etwa Veilchen oder Rittersporn, in Kartons mit einem Pulver trocknete und dadurch haltbar machte. Ute und Klaus schauten zu, wie die Studentin aus einem Stück Baumwurzel ein kunstvolles Gesteck mit getrockneten Rosen und Farnen bastelte und wie sie dann einen Kegel aus Schaumstoff mit lauter kleinen Zapfen von Kiefern und Tannen besteckte. Ute beobachtete dabei abwechselnd Lisas geschickte Hände und ihre lächelnden Augen, mit denen sie das immer hübscher werdende kleine Kunstwerk betrachtete. Und sie gab Klaus rasch ein heimliches Zeichen, daß er sie knipsen solle.
    Lisa erschrak ein wenig, als das Blitzlicht aufleuchtete, und ein Kiefernzapfen fiel ihr aus der Hand. »Mußt du ausgerechnet jetzt knipsen?« fragte sie ungehalten.
    »Ja, unbedingt«, sagte Ute. »Eigentlich hätte Klaus Sie schon vorhin fotografieren sollen, als Sie unten an Ihrem Schreibtisch saßen und so ein ungewöhnlich wütendes Gesicht machten.«
    Die Studentin blickte das Mädchen verwundert an. »Warum denn das?«
    »Ach, nur so«, meinte Ute. »Dann hätten wir gleich zwei Bilder von Ihnen nebeneinander in unser ,Zwiebelblatt’ setzen können. Auf dem einen Lisa mit einem brummigen Gesicht, auf dem anderen mit einem sehr netten Gesicht. Und unter die Bilder hätte ich vielleicht geschrieben: Links sieht man Lisa beim Studieren, und rechts sieht man sie beim Basteln in ihrer Blumenwerkstatt. Jeder darf mal raten, was ihr wohl größeren Spaß macht.«
    Klaus blickte Ute kopfschüttelnd an. »Was gibt’s da groß zu raten? Ist doch völlig klar, daß ihr die Bastelei viel mehr Spaß macht.«
    Die Studentin steckte noch eine weiße Margerite und ein blaues Veilchen in das Rosengebinde. Und während sie danach das fertige Werk von allen Seiten begutachtete, sagte sie: »Trotzdem — mein Studium ist mitunter sogar richtig interessant. Wenn ich allerdings mal ganz lustlos bin, weil ich mich stundenlang mit trockenen Zahlen herumschlagen muß, dann geh’ ich hinauf in meine Werkstatt. Und wenn ich hier eine Weile gebastelt habe, bin ich wieder besserer Stimmung. Andere Leute machen Musik oder schauen sich Bilder an, wenn sie sich wieder aufmuntern wollen.«
    »Oder«, sagte Klaus, »sie graben und pflanzen in ihrem Garten, wie Herr Neubert in der Kolonie ,Felizitas’.« Für Lisa hatte die Blumenbastelei allerdings noch einen weiteren Vorteil. Sie konnte damit gleichzeitig auch Geld verdienen. »Andere Studenten«, sagte sie, »gehen nebenher in eine Fabrik oder in ein Büro und verdienen da wahrscheinlich mehr Geld als ich mit meinen Blumen. Aber so viel Freude an der Arbeit wie ich haben sie bestimmt nicht.«
    Nachdenklich blickte sich Ute in der Werkstatt um. In einer Ecke sah sie einen alten Elektroherd, daneben ein Regal mit lauter kleinen bunten Kissen. Sie nahm eines in die Hand und roch daran. »Hm, wie das duftet!« rief sie und schloß dabei wohlig die Augen. »Wie in einem Blumenladen. Nein, wie auf einer Wiese mitten im Wald, wenn die Sonne darauf brennt.«
    »Man kann von Blüten und Pflanzen auch den Duft bewahren«, erklärte Lisa. Im Backofen oder auf Holzgestellen, die mit luftigem Stoff bespannt waren, trocknete sie die verschiedensten Pflanzenteile und Blüten: Kornblumen und Kamille, Rosenblätter und Ringelblumen, Liebstöckel, Lindenblüten und Lavendel. »Das Getrocknete nähe ich dann in kleine Kissen ein. Viele Leute legen die Duftkissen in ihren Wäscheschrank. Manche stecken sie auch in ihre Kopfkissen, weil man dann so schön vom Sommer

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