Wir kommen von der Presse
aber auch etwas anderes.«
Klaus fand tatsächlich ein Stück einer Baumwurzel. Sie war zwar nicht ausgefallen schön gewachsen, aber die Studentin nahm sie trotzdem und legte sie in ihren Korb zu den anderen Dingen, die sie im Wald gesammelt hatten. »Grab noch tiefer«, sagte sie geheimnisvoll.
»Da bin ich aber gespannt, was er sonst noch finden soll«, meinte Ute.
Klaus hatte bereits die Laubschicht beiseite geschaufelt und grub nun ein tiefes Loch in die schwarze, lockere Walderde. Er buddelte mit dem Eifer eines Schatzgräbers, daß die ausgehobene Erde ihm nur so um die Ohren flog. Plötzlich stieß er mit der Schaufel auf etwas Hartes. Eine Baumwurzel war es nicht. Vielleicht ein Stein? — Ja, sogar ein ziemlich großer. Aber wie rissig und schwarz seine Oberfläche war! Er sah aus wie ein Brocken Kohle.
Klaus schlug mit der Schaufel ein Stück des schwarzen Gesteins ab, so brüchig war es. Er nahm es in die Hand und untersuchte es genauer. »Mensch, das sieht ja aus wie richtige Kohle!« Er reichte es Lisa hinauf.
»Das sieht nicht nur so aus«, sagte Lisa, »das ist wirklich Kohle. Unter dem Niederhofer Wald liegt nämlich eine Kohlenader, und zwar dicht unter der Erdoberfläche.«
»Und Klaus ist darauf gestoßen!« rief Ute laut und hielt sich gleich darauf die Hand vor den Mund. »Was machen wir jetzt?« Fragend blickte sie von einem zum anderen. »Wir dürfen niemandem verraten, daß es hier Kohle gibt«, sagte sie. »Sonst wissen es im Nu alle Leute. Und dann kommen sie her, hauen einfach den ganzen Wald ab und bauen eine Zeche oder ein riesiges Werk mit Schornsteinen und Qualm und Lärm.«
Die Studentin beruhigte sie. »Heutzutage lohnt es sich nicht mehr, hier Kohlen abzubauen. Weiter nördlich, wo die großen Zechen stehen, gibt es viel mehr und bessere Kohle. Früher einmal aber waren hier ein paar kleine Kohlengruben, wo nur eine Handvoll Bergleute arbeiteten. Die holten die Kohle noch mit Eimern an Zugseilen aus der Erde.«
Klaus wollte wissen, ob dieses Loch, in dem er stehe, etwa ein Rest von solch einer alten Kohlengrube sei. »Nein, die sind damals zugeschüttet worden, als man sie nicht mehr brauchte«, erwiderte Lisa. Dann erzählte sie: »Diese Grube ist aus einer Zeit, die haben eure Eltern noch erlebt. Es war nach dem letzten Krieg. Im ganzen Land ging es drunter und drüber. Die Zechen waren teilweise zerstört und Kohle deshalb knapp. Da besannen sich einige Leute darauf, was sie früher einmal gehört hatten: daß man nämlich hier im Wald dicht unter der Erde Kohle finden könne. Mit Handkarren zogen sie los und buddelten danach. Und wenn sie ihre Karren vollgeladen hatten, waren sie glücklich, weil sie mal wieder für etliche Tage Heizmaterial hatten.«
»Komisch, meine Eltern haben mir nie davon erzählt«, meinte Ute verwundert.
»Meine auch nicht«, rief Klaus vorwurfsvoll und scharrte mit den Füßen die dunkle Erde vom schwarzen Gestein. »Wahrscheinlich haben sie davon überhaupt keine Ahnung. Nur gut, daß ich es jetzt weiß. So ‘ne schwere Zeit wie damals könnte ja wiederkommen.«
Eine Viertelstunde später erreichten sie den Waldrand. Vor ihnen lag ein breites Tal mit Wiesen und Feldern. An der schmalen Landstraße, die sich neben einem Bach durch das Tal wand, standen nur vereinzelte Häuser, die meisten aus erdbraunem Sandstein gebaut. Auf dem bewaldeten Bergrücken jenseits des Tales sahen sie die Ruinen der Sigiburg.
Vor siebenhundert Jahren schon sei die Burg zerstört worden, berichtete Lisa. Aber die Ruinen standen noch immer so trutzig da, als wären sie aus dem Boden gewachsen wie die mächtigen Eichen und Buchen rundherum. Und immer noch erinnerten sie an frühere Zeiten, als der große Frankenkaiser Karl die Burg der Sachsen erobert hatte, an die Reichsritter, die sie Jahrhunderte hindurch bewohnten, an den landhungrigen Grafen von der Mark, der sie schließlich zerstörte.
Während Lisa noch dies und das über die Sigiburg erzählte, nahm Klaus seine Kamera und peilte durch den Sucher das alte Gemäuer auf dem Berg an. Als er schließlich geknipst hatte, meinte er beiläufig: »Wißt ihr, was ein Jammer wäre? Wenn die Ruinen eines Tages zusammenfielen. Dann würde da auf dem Berg einfach was fehlen.«
»Es wird schon dafür gesorgt, daß sie erhalten bleiben«, erklärte Lisa den beiden. »Darum kümmert sich das Amt für Denkmalschutz.«
»Das find’ ich gut«, sagte Klaus. Er schaute auf den Filmanzeiger seines Fotoapparates. »Zwei
Weitere Kostenlose Bücher