Wir kommen von der Presse
Bilder noch. Die kann ich heute bestimmt verknipsen.«
Er hatte recht. Sie waren nur wenige Minuten auf dem Weg am Waldrand weitergewandert, da erblickten sie ein hübsches Bauernhaus aus dicken Sandsteinen mit weißem Fachwerkgiebel.
»So ein schönes Bauernhaus hab’ ich noch nie gesehen!« rief Klaus überrascht und zückte sofort wieder seine Kamera, um zu fotografieren.
»Das Haus sieht wie neu aus«, bemerkte Ute. »Und trotzdem ist es ganz anders als andere neue Häuser. Wie kommt das?«
»Der Bauernhof ist mindestens zweihundert Jahre alt«, berichtete Lisa. »Bis vor kurzem war er noch recht schäbig und verfallen. Aber dann wurde er gründlich renoviert. Jetzt kann er mindestens noch weitere zweihundert Jahre alt werden.«
»In so einem Haus möcht’ ich wohnen!« rief Ute begeistert. »Und dann würd’ ich mir ganz viel Vieh halten: Hühner und Schafe und Tauben und Kühe.«
Klaus lachte. »Du kannst ja gar nicht melken!«
»Na und? Melken kann man doch lernen. Man muß sich nur jemanden suchen, der es einem beibringt.«
Klaus betrachtete den Bauernhof ebenfalls mit etwas sehnsüchtigen Augen. Er meinte allerdings, wenn ihm der Hof gehörte, würde er den Garten viel weitläufiger anlegen. »Damit ich mehr Erdbeeren und Gemüse anpflanzen könnte. Vor allem Tomaten.«
»Davon verstehst du ja gar nichts«, sagte Ute. »Quatsch«, erwiderte Klaus. »Das Gärtnern kann man genausogut lernen wie das Melken. Ich wüßte sogar schon jemanden, der es mir bestimmt gerne zeigen würde: Herrn Neubert.«
Auf dem Rückweg schoß Klaus das letzte Foto. Er knipste Ute, wie sie auf einer Wiese Pfifferlinge in einen Beutel sammelte, den sie aus ihrem Halstuch geknüpft hatte. »Die bring’ ich meinem Papa mit. Der ißt Pilze für sein Leben gern, besonders Pfifferlinge.«
Sie waren schon kurz vor der Bushaltestelle, als Klaus noch einmal an die Ruine der Sigiburg und an das erneuerte Bauernhaus denken mußte. »Verrückt ist das«, sagte er nachdenklich »Seit siebenhundert Jahren stehen von der Burg nur noch die Ruinen. Und die bleiben auch weiterhin stehen. Das finde ich richtig. Der Bauernhof ist schon zweihundert Jahre alt. Jetzt ist er erneuert worden und kann noch mal so alt werden. Aber die Kolonie ,Felizitas’ ist erst hundert Jahre alt. Warum darf die nicht genauso ein paar hundert Jahre stehen bleiben? Vielleicht müssen die Koloniehäuser auch nur renoviert werden.«
Die Studentin blickte Klaus überrascht an. »Das ist ein guter Gedanke, Klaus! Warum sollen nur alte Burgen und Bauernhöfe erhalten werden? Warum nicht auch eine Bergarbeitersiedlung?«
Besuch bei Herrn Dorsch
Am Abend dieses Wandertages konnte Klaus wieder einmal feststellen, daß er einen großartigen Vater hatte. Als er ihn nämlich fragte, ob er einen sehr eiligen Film möglichst gleich entwickeln könne, schaute Herr Möllmann seinen Sohn zwar erst eine Weile an, als ob er sich das schwer überlegen müsse. Doch dann erklärte er: »Wird gemacht. Aber nur, weil du es bist.«
Später betrachteten sie gemeinsam die fertigen Fotos. Und Klaus erzählte dabei den Eltern und Olaf von ihrem Waldausflug. Olaf zeigte auf eine Aufnahme und wollte wissen, wer das nette blonde Mädchen sei, das seine Arme so lustig in die Luft reckte.
»Das ist Lisa. Sie ist Studentin und Blumenkünstlerin.« Olaf schaute das Foto eingehender an und fragte: »Was studiert sie denn?«
»Sie will vielleicht mal Lehrerin werden«, sagte Klaus. »Aber sie weiß es wohl selber noch nicht genau. Ich glaube, am liebsten würde sie sich den ganzen Tag nur mit ihren Blumen beschäftigen. Von mir aus könnte sie aber ruhig Lehrerin werden. Und dann möcht’ ich in ihrer Klasse sein. Mensch, was die uns heute alles erzählt und gezeigt hat! So was lernt man in der Schule in tausend Jahren nicht.«
Ein Foto gefiel der Mutter besonders gut: das mit der mächtigen Eiche. Da erzählte ihr Klaus sofort die Sage von diesem alten Baum.
Worauf die Mutter meinte: »Das wär’ doch mal wieder etwas Interessantes für deine Schülerzeitung, Olaf — dieses Bild mit einem Text von Ute darunter. Denn von der Sage haben bestimmt die meisten in eurer Schule noch nicht gehört.«
»Das war’ ‘ne Wucht!« rief Klaus begeistert.
Olaf aber wehrte gleich ab. »Nee, nee, Mama, davon verstehst du nichts. Das paßt nicht in meine Zeitung. Unser ,Knallbonbon’ ist eine angesehene Schülerzeitung und kein Märchenblatt für Kleinkinder.«
Klaus sprang wütend auf.
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