Wir lassen sie verhungern
Mineralsalzen gesättigt, wodurch die Tiere, die daran lecken, ein besonders festes und schmackhaftes Fleisch bekommen.
Doch die Nigrer werden von ihren Auslandsschulden erdrückt. Folglich unterliegen sie dem eisernen Gesetz des Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Laufe der letzten zehn Jahre hat diese Organisation das Land mit einer Reihe von Strukturanpassungsprogrammen überzogen.
Vor allem hat der IWF die Schließung des Nationalen Veterinäramtes angeordnet und damit den Markt für die multinationalen Konzerne der Tierpharmazie geöffnet. Daher hat der Staat keine Möglichkeit mehr, die Verfallsdaten von Impfstoffen und Medikamenten verlässlich zu kontrollieren. (Niamey liegt 1000 Kilometer von der Atlantikküste entfernt. Viele Tierarzneien sind abgelaufen, wenn sie auf dem Markt der Hauptstadt eintreffen. Die einheimischen Händler begnügen sich damit, die Etiketten mit den Haltbarkeitsdaten von Hand auszutauschen.)
Fortan müssen die nigerischen Viehzüchter auf dem freien Markt von Niamey die Antiparasitika, Impfstoffe und Vitamine zur Behandlung ihrer Tiere zu dem Preis kaufen, der ihnen von den multinationalen Konzernen des Westens diktiert wird.
Das Klima in Niger ist rau. Eine Herde von mehreren hundert oder tausend Tieren gesund zu erhalten ist kostspielig. Viele Viehzüchter sind außerstande, die neuen Preise zu bezahlen. Daher werden die Tiere krank und verenden. Im besten Falle werden sie noch vor ihrem Tod zu einem Schleuderpreis verkauft. Die Gesundheit der Menschen, die unmittelbar mit der der Tiere verknüpft ist, verschlechtert sich. Auf die stolzen Eigentümer warten Verzweiflung und sozialer Abstieg. Mit ihren Familien wandern sie in die Elendsviertel von Niamey, Kano oder der großen Küstenstädte Cotonou, Abidjan oder Lomé ab.
Diesem Land mit seinen wiederkehrenden Hungersnöten, in dem die Trockenheit Mensch und Vieh in regelmäßigen Abständen Unter- und Mangelernährung aussetzt, hat der IWF die Auflösung der staatlichen Nahrungsreserven auferlegt, die sich auf 40000 Tonnen Getreide beliefen. Diese Vorratslager, in denen sich die Säcke mit Hirse, Gerste und Weizen zu Gebirgen auftürmten, unterhielt der Staat, um in Notfällen, wenn es zu Dürren, Heuschreckenplagen oder Überschwemmungen kam, den betroffenen Bevölkerungsgruppen helfen zu können.
Doch die Afrika-Abteilung des IWF in Washington ist der Meinung, dass diese Vorratshaltung einen unzulässigen Eingriff in das Marktgeschehen darstelle. Mit einem Wort, dass der Getreidehandel nicht Sache des Staates sein dürfe, würde er doch das sakrosankte Dogma des Freihandels verletzen.
Seit der großen Dürre Mitte der achtziger Jahre, die fünf Jahre anhielt, hat sich der Rhythmus der Katastrophen beschleunigt.
Inzwischen wird Niger alle zwei Jahre von Hungersnöten heimgesucht.
Niger ist eine französische Neokolonie. Nach dem Menschlichen Entwicklungsindex des UNDP ist das Land der zweitärmste Staat der Erde. Dabei schlummern ungeheure Schätze in seinem Boden. Niger ist nach Kanada der zweitgrößte Uranproduzent der Erde. Aber siehe da: Das Abbaumonopol in den Minen des Departements Arlit besitzt der französische Staatskonzern Areva. Die Gebühr, die Areva dafür an die Regierung in Niamey zahlt, ist lächerlich gering. 40
Nun hatte aber Mamadou Tanja, der amtierende Präsident, 2007 beschlossen, dem Unternehmen Somina die Genehmigung für die Uranförderung in den Minen von Azelik zu erteilen. Der nigrische Staat sollte mit 33 Prozent am Kapital der Somina beteiligt sein, der chinesische Konzern Sino-Uranium die Mehrheit von 67 Prozent der Aktien erhalten. Gesagt, getan.
Die seit vierzig Jahren in Niger operierende Areva schickte sich daraufhin an, auf anderem Terrain, in Imourarene, südlich von Arlit, zu schürfen.
Anfang 2010 empfing Tanja im Präsidentenpalast eine Abordnung des chinesischen Bergbauministeriums. Daraufhin streute Areva das Gerücht aus, auch die Chinesen hätten Interesse an den Minen von Imourarene …
Die Sanktion folgte auf dem Fuß. Am Morgen des 18. Februar 2010 brachte ein Militärputsch einen bis dahin vollkommen unbekannten Oberst Salou Djibo an die Macht. Der brach sofort alle Gespräche mit den Chinesen ab und bekräftigte »die Dankbarkeit und Loyalität« des Staates Niger gegenüber Areva. 41
Vor fünf Jahren hat die Weltbank untersuchen lassen, ob sich in Niger ein Bewässerungssystem einrichten ließe. Es zeigte sich, dass man mit der Installation von Pumpen auf dem
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