Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
dass die meisten mittel-alterlichen Schwangerschaften Teil einer Strategie sind – nämlich schnell noch ein paar Nachkommen herauszuleiern, bevor die unbarmherzige Guillotine der Unfruchtbarkeit darniederrauscht. Die heutigen Schwangerschaften im Middle-Age sind keine biologische Innovation, sondern ein gesellschaftlicher Trend.
Von den Demografen wissen wir, wie sich das Fortpflanzungsverhaltenin den Industrieländern verändert hat. Der sozioökonomische Status der Frau hängt heute davon ab, was sie selbst macht, und nicht mehr nur davon, wen sie geheiratet hat, deshalb muss sie Prioritäten setzen. Sie muss sich überlegen, ob sie in jungen Jahren Kinder haben und damit ihren sozioökonomischen Erfolg opfern will, oder ob sie zunächst flexibel bleibt und Karriere macht, um eine Familie erst dann zu gründen, wenn sie in der Position ist, für diese Karriereunterbrechung gute Konditionen heraushandeln zu können. Geld scheint bei diesen Überlegungen eine große Rolle zu spielen. Vor der Geburt des ersten Kindes hat das Gehalt des Mannes wenig Einfluss auf das Verhalten der Frau auf dem Arbeitsmarkt. Kaum ist das Kind da, nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass die Frau ins Arbeitsleben zurückkehrt, in dem Maße ab, in dem das Gehalt des Mannes gestiegen ist. Finanzielle Stabilität und ein sicherer Arbeitsplatz sind im Grunde die Vorbedingungen einer Familiengründung, und in unserer modernen Wirtschaftssituation wird diese oft erst erreicht, wenn man schon über dreißig ist. Dazu kommt, dass Frauen lange Ausbildungen absolvieren müssen, um an die »Geldberufe« heranzukommen. Und fließen dann endlich die erträumten Gehälter aufs Konto, überlegen sie es sich sicher zweimal, bevor sie die Karriere unterbrechen. Insgesamt überrascht es aber kaum, dass Frauen, die im Middle-Age erstmalig Mutter werden, tendenziell eher gebildet und wohlhabend sind.
Über diese Entwicklungen redet man sich natürlich die Köpfe heiß. Manche befürchten sogar, dass erfolgreiche Frauen auf diese Art immer weniger Gene an die nachkommenden Generationen abgeben. Festzuhalten ist zumindest, dass Geld und Besitz alles komplett verändert haben. Vor der ackerbaulichen Revolution bestand unser »Vermögen« in dem Fett, das wir im Körper hatten, weshalb unser Gehirn sich dahingehend entwickelte, die simple Entscheidung treffen zu können, wann es wohl sinnvoll wäre,diesen Fettüberschuss in Babys umzuwandeln (so wie es aussieht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit). Mittlerweile liegt unser Vermögen buchstäblich außerhalb unseres Körpers, und wir können deshalb meist gar nicht so schnell darüber verfügen. Kein Wunder also, dass unsere Wirtschaftssituation und die Wahlmöglichkeit der Frauen uns in eine Zwickmühle geführt haben, aus der unser Gehirn so schnell keinen Ausweg weiß.
Trotz der jüngeren Entwicklungen werden ältere Mütter immer noch als etwas Ungewöhnliches angesehen, ohne dass wir begründen könnten, warum das so ist – und ab wann. Denn wenn wir kein Problem mit Schwangerschaften bei dreißig- oder vierzigjährigen Frauen haben, bei einer schwangeren Sechzigjährigen jedoch den Kopf schütteln – wo ziehen wir denn da die Grenze? Und warum kommen wir bei der Schwangerschaft einer älteren Frau überhaupt ins Grübeln? Ist so etwas für uns grundsätzlich falsch?
Unter biologischen Gesichtspunkten kann eine mittel-alterliche Familiengründung vier Nachteile haben, wobei der erste davon das Risiko für die Frau ist. Klar, die weibliche Fruchtbarkeit geht zu Beginn des Middle-Age – also ab vierzig – drastisch zurück, aber bedeutet das gleichzeitig auch, dass eine geglückte Schwangerschaft gefährlich sein muss?
Na ja, die einen sagen so, die anderen so. Manche Untersuchungen haben ganz klar ergeben, dass es bei älteren Frauen eher zu Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes und -toxikose, Placenta praevia (Fehllage des Mutterkuchens) und Bluthochdruck sowie zur Notwendigkeit eines Kaiserschnitts kommt. Bei einigen Untersuchungen waren die Frauen aber über fünfzig – und damit in einem Alter, in dem sie eigentlich so gut wie nicht mehr schwanger werden können. Und sollten Risiken bereits in den Vierzigern oder noch früher bestehen (manche Forscher sind der Ansicht, dass es schon mit fünfunddreißig losgeht), dannspiegeln sie vielleicht auch nur Krankheiten wider, die bereits vor der Schwangerschaft existierten. Oder andersherum formuliert: Auch wenn das Alter als solches
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