Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
nicht zwangsläufig zu Komplikationen führen muss, war doch mehr Zeit, dass sich körperliche Bedingungen herausbilden konnten, aufgrund derer Komplikationen beschleunigt oder verschärft auftreten können. Es ist also nicht recht klar, ob eine gesunde Frau mittleren Alters sich Sorgen machen muss oder nicht.
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Der zweite Nachteil könnte darin liegen, dass bei einer »späten Geburt« das Alter der Mutter Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes haben kann, womit hier als erstes das vieldiskutierte Downsyndrom genannt werden muss.
Downsyndrom tritt ein, wenn ein Kind eine abnormale Chromosomenkonstellation erbt. Normal sind sechsundvierzig Chromosomen – dreiundzwanzig Paare, wobei jeweils die Hälfte eines Paars vom einen, die andere vom anderen Elternteil kommt. Die Chromosomenpaare sind von 1 (die größten) bis 22 (die kleinsten) durchnummeriert, und das letzte, das dreiundzwanzigste Paar setzt sich dann aus den Geschlechtschromosomen zusammen (zwei X-Chromosomen bei Mädchen, ein X und ein Y bei Jungen). Aus unbekannten Gründen findet die bei Bildung einer Eizelle im Eierstock vorgesehene Durchmischung, Neuordnung und Spaltung, also Halbierung der Doppelhelix (des Chromosomenstrangs), bei den kleineren Chromosomen nicht immer statt. Dies hat zur Folge, dass Eizellen Chromosomen nicht nur in einfacher, sondern in zweifacher Ausführung in sich tragen können. Wird eine solche Eizelle dann befruchtet, kommt noch das einzelne Chromosom des Vaters dazu, was bedeutet, dass das Kind das betreffende Chromosom dreimal hat, insgesamt also siebenundvierzig. Dies nennt man »Trisomie«, und die häufigsten Trisomiensind die der Chromosomen 21 und 22. Trisomie 21 ist diejenige, die das Downsyndrom verursacht.
Wir wissen weder, warum die kleineren Chromosomen anfälliger gegenüber Trisomien sind, noch, warum Trisomien der größeren Chromosomen sich anders auswirken (die nächsthäufigste ist 16, »verläuft« aber völlig anders). Zwei Dinge sind aber klar: Trisomien sind grundsätzlich Folge von Informationsstörungen in der Ei- und nicht der Samenzelle, und sie treten häufiger bei Kindern auf, deren Mütter schon älter sind.
Und ganz wichtig ist: Chromosomenfehler (»Aneuploidien«) sind bei etwa 0,3% der Neugeborenen, bei 4% der Totgeborenen und bei etwa 35% der spontanen Fehlgeburten feststellbar. Man sollte allerdings nicht gleich auf einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen Fehlbildungen und dem fortgeschrittenen Alter der Mutter schließen – insbesondere, weil voreilige Schlüsse dieser Art bei den Middle-Ager-Frauen unnötig Furcht und Schuldgefühle auslösen. So ist man oft geneigt zu glauben, Eizellen-Aneuploidien würden auftreten, weil bei Middle-Agern die Eizellen vier Jahrzehnte lang Schaden genommen haben und deshalb minderwertig sind. Jüngere Untersuchungen haben indessen gezeigt, dass sich in den Eierstöcken weiblicher Föten bereits große Mengen fehlerhafter Eizellen befinden, was nichts anderes heißt, als dass Aneuploidien keineswegs altersbedingt auftreten. Es ist sogar möglich, dass diese abnormalen Eizellen aus unerfindlichen Gründen von der drastischen Reduzierung verschont bleiben, die den Vorrat von mehreren Millionen auf ein paar Hundert eindampft. Und wer weiß: Vielleicht kann diese ganze Eindampferei auch dazu führen, dass bei einer vierzigjährigen Frau der Anteil an fehlerhaften Eizellen verhältnismäßig groß ist.
Wir haben es hier mit Zahlen zu tun, die einer mittel-alterlichen Mutter in spe durchaus schlaflose Nächte bereiten können – die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Downsyndrom zubekommen, nimmt im Lauf des Erwachsenenlebens um ein Vielfaches zu. Bei Zwanzigjährigen ist sie so gering, dass der Faktor, den sie mit dem vierzigsten Lebensjahr erreicht – nämlich 1 zu 100 –, im Vergleich wahnsinnig hoch wirkt. Doch man tut gut daran, erst einmal einen Schritt zurückzutreten und nicht nur zu betrachten, was es mit dieser »Wahrscheinlichkeit« auf sich hat, sondern auch, was sie im Einzelfall bedeutet. Stellt die Wahrscheinlichkeit von einem Prozent bei der häufigsten menschlichen Aneuploidie wirklich so ein großes Risiko dar? Jedes Elternpaar muss natürlich für sich entscheiden, ob es dieses Risiko eingehen will, sollte aber auch bedenken, dass Downsyndrom normalerweise recht früh erkannt wird und die Eltern immer noch überlegen können, ob sie ein Kind mit Trisomie 21 in die Welt setzen wollen oder nicht.
Wenngleich es schwer ist,
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