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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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handelt sich dabei um »autosomal-dominante« Erbkrankheiten, die entstehen, wenn eine der beiden identischen Genhälften, die sich auf einem unserer zweiundzwanzig »nichtgeschlechtlichen« Chromosomen befindet, beschädigt wird (oder mutiert). Wenngleich die Vererbungsregeln bei jeder Erkrankung gleich sind, wirken sich Mutationen unterschiedlicher Gene ganz unterschiedlich aus: Das Marfan-Syndrom führt etwazu längeren Gliedmaßen und Herzfehlern, Achondroplasie mündet in einer nicht ungewöhnlichen Form von Zwergwuchs, adenomatöse Polyposis bringt einen Polypenbefall des Dickdarms mit sich, das Apert-Syndrom führt zur Fehlbildung von Schädel, Gesicht, Händen und Füßen, und nävoides Basalzellkarzinom-Syndrom wirkt sich durch spontane Tumorbildung aus. Und das sind nur ein paar der autosomal-dominanten Erbschäden, die ein alter Vater verursachen kann.
    So erschreckend diese Auflistung wirken mag, muss man sich doch klarmachen, dass ein fortgeschrittenes Alter des Vaters nicht für jede der hier genannten Störungen alleinverantwortlich ist (wobei es den Anschein hat, als sei es bei manchen der erste Auslöser  – zum Beispiel bei Achondroplasie). Auch treten all diese Krankheiten sehr selten auf – also bei Weitem nicht so oft wie Downsyndrom, weshalb eine individuelle Schwangerschaft davon so gut wie nicht betroffen ist.
    Im Gegensatz zu diesen Fehlentwicklungen, die sich auf klar definierte Weise auswirken, gehören zu der zweiten großen Gruppe von Erbkrankheiten, die bei Kindern älterer Väter häufiger auftreten, etliche Gehirnerkrankungen – manche davon sind genetisch äußerst kompliziert. Was die moderne Genetik zum Beispiel überhaupt nicht in den Griff bekommt, ist die Schizophrenie. Sie tritt allem Anschein nach bei Kindern älterer Väter häufiger auf. Die Wahrscheinlichkeit eines Kindes, das irgendwann an Schizophrenie erkrankt, ist Untersuchungen zufolge bei Middle-Ager-Vätern sogar dreimal höher als bei Männern unter fünfundzwanzig. Einige Forscher glauben, dass insgesamt ein Viertel aller Schizophrenie-Fälle von älteren Vätern ausgelöst ist. Nach Meinung anderer hat das Alter keinen so großen Einfluss. Insgesamt scheinen aber auch andere Gehirndefekte, zum Beispiel Alzheimer, bipolare Störung und Epilepsie, zumindest teilweise vom fortgeschrittenen Alter des Vaters verursacht zu sein.
    Wir haben es hier mit komplizierten und subtilen Erkrankungen unseres kompliziertesten und subtilsten Organs zu tun, weshalb nicht verwundert, dass Auswirkungen des väterlichen Alters sich wenn, dann vor allem bei den Hirnfunktionen bemerkbar machen. Aufgrund der unglaublich komplizierten genetischen Prozesse, die seine Aktivitäten steuern, sowie der Präzision, mit der seine diversen Regionen arbeiten und interagieren, ist das menschliche Gehirn logischerweise sehr verletzlich. Vielleicht ist es letzten Endes auch zu kompliziert. Selbst bei nach außen hin gesund wirkenden Individuen kann sich das väterliche Alter negativ auswirken. Menschen mit älteren Vätern schneiden bei Kognitionstest schlechter ab, und einige Forscher behaupten sogar, dass alte Väter den Intelligenzdurchschnitt einer Bevölkerung um bis zu 2% senken. Faszinierenderweise ist bei älteren Müttern das Gegenteil der Fall, was die Vermutung nahelegt, dass die beste Kombination zur Erzeugung gescheiter Kinder die von reiferen Frauen und jüngeren Lustknaben sein dürfte. (Mehr zu derlei Überlegungen im letzten Kapitel.)
    Die Summe all dieser kognitiven Umstände scheint von großer Tragweite zu sein, denn Untersuchungen zufolge ist bei Nachkommen von Vätern jenseits der fünfundvierzig in der Zeit zwischen Geburt und achtzehntem Lebensjahr die Sterberate um 80% höher. Die Hauptgründe dafür sind angeborene Anomalien sowie Verletzungen und Unfälle. Wobei unklar ist, ob Verletzungen und Unfälle von der geringeren Intelligenz des Kindes oder aber der abnehmenden Wachsamkeit der Eltern herrühren.
    Auch wenn das männliche Fortpflanzungssystem keine Chromosomenanomalien verursacht, ist es also weit davon entfernt, perfekt zu sein. Dabei sollte uns der Umstand nicht überraschen, dass ein fortgeschrittenes Alter des Vaters ganz andere Auswirkungen hat als ein fortgeschrittenes Alter der Mutter – was bei der Fortpflanzung zellulär abläuft, ist bei Männern nämlich völlig andersals bei Frauen. Stoßen die weiblichen Eierstöcke im Verlauf eines langen Lebens gerade mal ein paar hundert Eizellen aus, besteht

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