Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
eine einzige männliche Ejakulation aus hundert Millionen Spermien. Und warten Eizellen mitunter Jahrzehnte darauf, ausgestoßen zu werden, teilen sich die testikulären Stammzellen ohne Unterlass, um die für die männliche Fruchtbarkeit benötigten Spermienhorden bereitzustellen. Bei weiblichen Säugetieren teilen sich Zellen höchstens zweiundzwanzig Mal, bevor sie zur Eizelle werden, wohingegen bei den Männchen der Entstehung einer Samenzelle unendlich viele Zellteilungen vorausgehen können. Und je älter ein Mann ist, desto mehr Teilungen haben vor Entstehung einer neuen Samenzelle stattgefunden. Vielleicht ist dieser hektische 24/7-Dauerbetrieb ja auch Schuld an den genetischen Nachteilen, die eine späte Vaterschaft mit sich bringt. Eine Samenzelle aus den Hoden eines Middle-Agers kann genetisch deformiert sein, schlechte Wiederherstellungsmechanismen besitzen oder sogar richtig Schaden genommen haben, und zwar durch unseren Erzfeind aus Kapitel 2, die reaktiven Sauerstoffspezies.
Nun liegen mittlerweile verblüffende Ergebnisse vor, die zeigen, dass der Mensch Mechanismen entwickelt hat, die sämtliche Nachteile einer späten Vaterschaft abschwächen können. Dass ältere Männer genauso häufig oder nicht häufig wie jüngere ein Kind mit Chromosomenfehlern zeugen, wurde schon erwähnt. Und tatsächlich zeigen sich bei Männern über sechzig, die nach wie vor brauchbares Sperma produzieren, so gut wie keine Anomalien der Chromosomen in den Testikelzellen. Im Gegensatz dazu kommt es bei Männern, die kein funktionsfähiges Sperma mehr produzieren, zu einer dramatischen Zunahme der Chromosomenanomalien in den Testikeln (wobei die natürlich nicht mehr an die nächste Generation weitergegeben werden können). Aber wir wissen nicht, ob die Samenproduktion eingestellt wird, weil Chromosomenschäden aufgetreten sind, oder ob andersherumdie Einstellung der Samenproduktion vormals noch funktionierenden Wiederherstellungsmechanismen erlaubt, sich jetzt abzuschalten. All dies zeigt jedoch deutlich, dass die Alterung der männlichen Fortpflanzung nicht als ein reiner Verfallsprozess angesehen werden kann. Sie beinhaltet Kontroll- und Ausgleichsmechanismen, die von Jahrmillionen der natürlichen Auslese herausgebildet wurden. Manche glauben sogar, die Natur hätte die erektile Dysfunktion entwickelt, um ältere Männer vom Kinderkriegen abzuhalten.
Der vierte und letzte Aspekt einer späten Elternschaft ist das Pflegepotenzial der Eltern im Verbund mit den komplizierten psychologischen Auswirkungen, die ihr Alter möglicherweise auf das Kind hat. Entwickeln sich Kinder von Eltern, die vierzig Jahre älter sind, anders als die von jüngeren, nur zwanzig Jahre älteren? Und hat das Alter des Vaters, der ja im Gegensatz zur Mutter auch sechzig Jahre älter sein kann, noch anderweitig Einfluss? Leider konnten Fragen wie diese nicht recht beantwortet werden, da ja echte Versuche unmöglich sind.
Erwachsene Kinder von ursprünglich mittel-alterlichen Eltern beklagen sich oft, dass ihnen in der Jugend zuwenig Aufmerksamkeit zuteil wurde oder dass Mama und Papa emotional und körperlich überfordert waren. Zudem befürchten sie, dass ihnen die Eltern früher zur Last fallen als andere Eltern ihren Kindern. Und ältere Eltern müssen diesen Tatsachen ins Auge sehen: Untersuchungen belegen, dass Kinder vielleicht kein Problem damit haben, die Eltern pflegen zu müssen, es aber tendenziell weniger gut finden, einen Großteil ihres Lebens ohne Vater zuzubringen oder ihren eigenen Kindern von den Großeltern nur erzählen zu können. Angst vor dem Tod der Eltern (und speziell des Vaters) hat durchaus Einfluss auf die psychologische Entwicklung von Teenagern. Analog dazu fühlt sich der jüngste Spross einer kinderreichenFamilie oft genug als »Nachzügler« – also als Resultat eines Unfalls –, egal, wie sehr die mittel-alterlichen Eltern auch das Gegenteil behaupten. Kinder von Eltern fortgeschrittenen Alters sind oft genug auch Einzelkinder, und die Langweile, der sie ohne Geschwister ausgesetzt sind, machen sie ihren abgeschlafften, wiewohl finanziell abgesicherten Eltern gern zum Vorwurf. Sie schieben ihre »Ausnahmestellung« ausschließlich auf das Alter, in dem die Eltern sich endlich entschließen konnten, ein Kind zu bekommen, und spüren unter Umständen eine Distanz zu Kindern mit jüngeren Eltern.
Andererseits sind solche Kinder oft das Resultat einer sorgfältigen Planung, zudem sind sie meist viel
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