Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
haben, liegt das mehr an den altersbedingt unterschiedlichen Vorlieben von Männern und Frauen als an so etwas wie einer »Midlife-Crisis«. Dennoch sind die Unterschiede im Middle-Age auffallend.
In den Statistiken finden sich allerdings keinerlei Hinweisedarauf, dass das Middle-Age auch eine Zeit der Trennungen ist. Das liegt daran, dass Scheidungen erstaunlicherweise meist im dritten und vierten Lebensjahrzehnt stattfinden, einem Zeitraum, in dem die Flamme der Leidenschaft (im Hinblick auf Fortpflanzung) so hoch lodern sollte wie sonst nie. Im Vergleich dazu ist das Middle-Age für Liebesbeziehungen eine recht stabile Phase (insbesondere, wenn man annimmt, dass unter den verzeichneten Scheidungen viele sind, die lange geplant, aber wegen heranwachsender Kinder bislang nicht realisiert wurden). Middle-Age-Ehen erweisen sich als erstaunlich robust, trotz des Drucks und der ganzen Ängste, die man damit eigentlich in Verbindung bringt. Es scheint, als seien hier Kräfte am Werk, die das Gebilde abstützen.
Liebe ist etwas, das normalerweise in unterschiedlichen Phasen auftritt. Zu Beginn ist sie ein Ein-Seelen-Produkt, wenn nämlich eine Person sich in eine andere verliebt. Dann kommt die aufregende Phase, in der das Seelenleben beider Beteiligter auf den Kopf gestellt wird – sie betrachten sich völlig blauäugig, idealisieren sich gegenseitig, erheben die begehrte Person über jede Kritik. Diese Phase schlägt sich nicht nur in der Psyche nieder, sie bringt auch körperliche Veränderungen mit sich: Wie jüngst festgestellt wurde, nimmt im Blut die Konzentration bestimmter Substanzen zu, und bei Leuten, die es ganz besonders erwischt hat, ist sie tatsächlich auch höher. Danach wird es ruhiger und erdverbundener, und viele der messbaren stofflichen Veränderungen gehen wieder auf den Normalwert zurück. Dieser körperliche und seelische Wandel hat evolutionäre Gründe und wurde wohl zu dem Zeitpunkt herausgebildet, an dem Menschen den Blick von ihrem Partner abwenden und auf das Baby richten, das durch die leidenschaftliche Begegnung entstanden ist. Wenn ein Paar, das sich in jungen Jahren kennengelernt hat, das Middle-Age erreicht, liegtdieser Übergang von der chemisch befeuerten Leidenschaft hin zu einer besonnenen Fürsorge viele Jahre zurück.
Studien belegen, dass beim Scheitern einer Middle-Age-Beziehung Faktoren im Spiel sein können, die bei jüngeren Paaren kaum zum Tragen kommen. Langeweile und allgemeine Ermüdung gehören dazu, außerdem können verschiedene Dinge dazu führen, dass in dieser Lebensphase das Gefühl von Kameradschaft und Zuneigung seinen Tiefpunkt erreicht. Alte Streitpunkte können erneut Thema werden – so zeigt sich etwa, dass sexuelle Unzufriedenheit in Langzeitbeziehungen öfter auftritt, wenn einer der beiden Partner vor der Ehe mehr Sexualpartner hatte als der andere. Und entgegen dem Klischee, dass mittel-alterliche Paare oft gar nicht mehr miteinander kommunizieren, behaupten Therapeuten genau das Gegenteil – dass nämlich mittel-alterliche Partner sich unterschwellig derart gut verständigen können, dass sie imstande sind, in einer anspruchslosen, lieblosen und unkörperlichen Beziehung ihren Standpunkt klarzumachen, ohne darüber auch nur ein einziges Wort zu verlieren.
Es sind insbesondere die Frauen, denen die Beziehung im Middle-Age zu schaffen macht. Oft äußern sie hier erstmals ihre Unzufriedenheit mit dem Partner – und beklagen sich über seine Passivität, seine Sturheit gegenüber Veränderungen, seine emotionale Abhängigkeit sowie sein Versagen in wirtschaftlichen Dingen. Untersuchungen zufolge hängt das Selbstwertgefühl verheirateter Frauen stark davon ab, wie intensiv die Ehe unter romantischen Gesichtspunkten wahrgenommen wird, wohingegen Männer ihr Selbstwertgefühl direkt aus der sexuellen Aktivität beziehen. Wenn die Ehe nicht glücklich ist, nehmen Frauen in psychischer und körperlicher Hinsicht mehr Schaden als ihre Männer. Im Fall einer Eheberatung geben Frauen sich öfter negativen Stimmungen hin, wohingegen Männer eher die guten Seiten hervorheben. Und wenngleich erwiesen ist, dass Frauen in jungenJahren am meisten auf ihr Aussehen achten (ledige Frauen in den Zwanzigern, verheiratete in den Dreißigern), nimmt dieses Interesse im Middle-Age nur langsam ab, wenn es nicht sogar wieder zunimmt, sobald die Töchter erste Rendezvous haben oder die Frau erkennt, dass ihr in romantischer Hinsicht theoretisch längst nicht so viele
Weitere Kostenlose Bücher