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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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Türen offenstehen wie ihrem Ehemann.
    Männer sind eigenen Angaben zufolge mit ihrer Ehe zufriedener als Frauen. Das mag stimmen – wir wissen ja, dass eine Stärke der Männer ihre Zuversichtlichkeit sein kann  –, liegt aber vielleicht auch nur daran, dass Männer nur ungern über Probleme reden. Oft verstehen sie auch gar nicht, warum ihre Frauen mit etwas unzufrieden sind, das sie selbst als die perfekte Ehe bezeichnen würden. Es hat zudem den Anschein, als seien Männer schon damit zufrieden, überhaupt verheiratet zu sein, und erachteten die tatsächliche »Qualität« dieser Ehe als nebensächlich. Abgesehen von der Wichtigkeit, die Sex für Männer hat, gewährleistet noch etwas anderes ihre Zufriedenheit mit der Ehe, nämlich eine eher »traditionelle« Rollenverteilung. Paare übernehmen ja die emotionalen und praktischen Aufgaben meist zu ungleichen Teilen, und dahinter steckt ein starker Drang, insbesondere für Männer. Und da selbst homosexuelle Paare im Zusammenleben eine ungleiche Aufgabenteilung entwickeln, wäre zu überlegen, ob nicht vielleicht die Veranlagung zur »Gewaltenteilung« im Menschen noch stärker vorhanden ist als die zur Fortpflanzung.
    Menschen mittleren Alters sind allerdings äußerst komplizierte Lebewesen, und wenn man sich auf die missglückten Ehen kapriziert, übersieht man leicht, um was es wirklich geht. Denn die meisten Ehen missglücken schlicht und einfach nicht im Middle-Age. Mittel-alterliche Menschen suchen nach wie vor das Positive im jeweiligen Partner, selbst wenn es nicht mehr das Gleiche ist wie vor zwanzig Jahren – und die Vorzüge, die sie tatsächlichmeist benennen, sind Dinge wie Toleranz, Gemeinsamkeiten oder Zuverlässigkeit. Für junge Menschen klingt das vielleicht nach langweiligen, konservativen Eigenschaften, die eher dazu dienen, sich vor dem Partner zu schützen , und nicht nach etwas, das geeignet sein könnte, einen zu inspirieren, einem nachts den Schlaf zu rauben, oder gar, einen zu verführen. Nur hat man von Inspiration, schlaflosen Nächten und Verführung mit fünfzig vielleicht einfach die Nase voll.
    Körperliche Attraktivität spielt im Middle-Age nach wie vor eine wichtige Rolle, aber auch andere Eigenschaften kommen jetzt zum Tragen. Wir alle wissen, dass Intelligenz, Humor, Freundlichkeit und Einfallsreichtum die Attraktivität des Partners steigern, was nach Ansicht von Evolutionsbiologen daran liegt, dass sie sowohl auf Gesundheit in genetischer Hinsicht hinweisen als auch auf die Fähigkeit, eventuellen Nachwuchs zu ernähren und zu pflegen. Im Middle-Age kommt diesen Eigenschaften aber ganz neue Bedeutung zu, denn sie sind nicht Opfer des Alterungsprozesses, den unser Äußeres mitmacht. Unterbewusst erinnern sie uns auch daran, dass die faltige, ergraute Person, die wir da vor uns haben, tatsächlich dieselbe ist, in die wir uns vor vielen Jahren verliebt haben. Diese Eigenschaften nach wie vor attraktiv zu finden, hilft Paaren dabei, im Middle-Age und darüber hinaus zusammenzubleiben.
    Biologen halten das Middle-Age auch für eine Zeit, in der die natürliche Selektion die fürsorglichen Männer bevorzugt behandelt. Wenn Frauen sich einen Vater für ihre Kinder aussuchen, nehmen sie oft den mit den vermeintlich besten Genen. In jüngerer Zeit haben Untersuchungen aber gezeigt, dass es für Frauen durchaus von Vorteil sein kann, nicht den mit dem besten Aussehen und Körperbau auszuwählen, sondern einen, der vielleicht nicht ganz so blendend daherkommt, dafür aber vermuten lässt, dass er sich um den Nachwuchs kümmert. Bei der natürlichenSelektion geht es um nichts anderes als die Produktion von überlebensfähigem Nachwuchs, aber bei manchen Arten, so auch beim Menschen, sind dafür nicht nur gute Gene wichtig, sondern auch gute Pflege durch die Eltern. Für Frauen, die sich einst für ein Modell mit leichten Mängeln, aber dafür umso größerer elterlicher Bereitschaft entschieden haben, kann sich das jetzt auszahlen. Nach dieser Theorie kümmern sich die Männer beim Älterwerden der Partnerin auch weiterhin um die Kinder, wohingegen ein eher auffälliger, genetisch perfekter Mann jetzt gerne auch mal zur Nächsten weiterwandert.
    Wir könnten noch viele Stunden damit zubringen, uns den Zustand heutiger Ehen anzusehen und sie mit anderen Langzeitbeziehungen zu vergleichen, nur würden wir so keine Antwort auf die nagende Frage finden, ob eine lebenslange Monogamie wirklich die uns angemessene Lebensform darstellt.

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