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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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die Kritik an seinem Mikrokredit-Modell, in seinem Heimatland wurde Yunus mit Klagen überzogen, und im Mai 2011 schließlich musste er seinen Posten als Vorsitzender der Grameen Bank räumen. Gut möglich, dass die Konzerne, die mit ihm Geschäfte machten, die Gefahr witterten, den Unmut der Regierung auf sich zu ziehen. Das wäre keine gute Voraussetzung, um in Bangladesch Geschäfte zu machen.
    »Mit Werten Wert schaffen«, beschrieb BASF -Vorstands vorsitzender Jürgen Hamprecht das ehrgeizigen Ziel, bis 2013 jährlich 200 000 Moskitonetze zum Schutz vor Malaria und mehr als 15 Millionen Vitaminpäckchen gegen Mangelernährung zu verkaufen. Zur Gründung von Grameen- BASF stellte der Chemiekonzern – Umsatz: 63,9 Milliarden Euro – 200 000 Euro, 100 000 Moskitonetze und eine Million Vitaminpäckchen zur Verfügung. 411 Langfristig sollten die Grameen-Frauen die Netze und Säckchen verkaufen. Ähnlich wie beim Shokti-Doi-Joghurt, auf Provisionsbasis und mit einem Mikrokredit als Startkapital. Die Vitaminsäckchen haben es wegen bürokratischer Hürden nie auf den Markt geschafft. Und Moskitonetze sind in Bangladesch überall günstig zu haben. Selbst in den schäbigsten Unterkünften des Landes hängen sie über dem Bett. An extrem Arme verteilen NGO s kostenlos Netze. Ansgar Wille von BASF Grameen Ltd. in Bangladesch sagt, man hoffe, dass die Menschen bereit seien, mehr Geld für Netze auszugeben, die dafür sorgen »dass die Mücke morgen nicht wieder kommt«. 412 Ob BASF damit nicht eher lokale Anbieter verdrängt, scheint auch bei diesem Social Business eher Nebensache zu sein. Auch über die Herstellungsbedingungen – die ersten Netze wurden in Thailand produziert – ist nichts bekannt.
    Beschichtet sind sie mit dem BASF -Insektizid Fendozin. Thomas Maurer, der Sicherheitsverantwortliche von BASF , räumt Bedenken bezüglich Gesundheitsschädlichkeit aus. Man habe das schlimmste Szenario getestet: »ein Säugling, der die ganze Nacht am Netz nuckelt«, die Menge des Fendozins sei hundertfach unter dem Grenzwert geblieben. Menschenversuche im Dienste der Weltrettung? Neuen Studien zufolge ist es sogar möglich, dass solche imprägnierten Netze die Resistenz von Malariamücken fördern könnten. 413
    Im Handelsblatt gab Hamprecht zu, mit diesem Social Business auch einen neuen Absatzmarkt ausloten zu wollen: »Das ist für uns ein völlig neuer und zudem kostengünstiger Weg für das Pre-Marketing zur Erschließung neuer Märkte und Kundengruppen.« 414
    Genau dieser Aspekt bewegte wohl auch Adidas dazu, den »One-Dollar-Trainer« für Bangladesch zu entwickeln. Adidas wollte diesen unter dem Markennamen seiner Tochter Reebook vertreiben. Die ist bereits Marktführer für Sportschuhe in Bangladesch. Dabei handelte es sich gar nicht um einen Turnschuh, sondern um eine geschlossene Sandale. »Ein billiges Paar Laufschuhe kostet hier genauso wenig, wenn nicht weniger«, sagt Kushi Kabir von Nijera Kori. »Während der Regenzeit, wenn die Böden auf den Land so aufgeweicht sind, dass man wadentief in Schlamm versinkt, geht man sowieso barfuß.« Ein Schlappen würde im Matsch stecken bleiben. In Bangladesch, wo 40 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze von 1,35 Dollar pro Tag leben, wäre ein solcher Schuh für die Ärmsten im Verhältnis fast genauso teuer wie bei uns. »Der Schuh ist höchstens interessant für Menschen, die nicht auf dem Land leben und nicht arm sind«, vermutet Kabir. Und vermutlich könnte auch er die Lebensgrundlage der vielen Schuster in Bangladesch gefährden, die von frühmorgens bis spätnachts Sohlen stanzen, nähen und kleben. Gerade mal 40 Taka verdienen sie pro Schuh. 415 Warum hilft Menschenfreund Yunus einem multinationalen Konzern dabei, diesen Schuster Konkurrenz zu machen?
    Im Herbst 2010 gab es die erste Testphase: 5000 Schuhe wurden für einen Preis zwischen 80 und 120 Taka (0,80 und 1,20 Euro) verkauft. 416 Ob sie tatsächlich an Arme vertrieben wurden und was die Ergebnisse der Testphase sind – dazu gibt es nur PR -Antworten von Reebook. Die Testschuhe jedenfalls kommen aus Indonesien. Die Arbeitsbedingungen in indonesischen Textilfabriken sind so miserabel wie die Löhne. Gleich wohl überstiegen beim »One-Dollar-Trainer« die Herstellungs kosten immer noch den Verkaufspreis. Ein »Turnschuh für die Armen«, der im Sweatshop hergestellt wird? Das ist zynisch, aber logisch: Ware, die derart wenig Geld kosten soll, muss billig hergestellt werden. Doch faire

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