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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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gesagt. Ich kann nur nicht glauben, dass du wirklich fahren willst, ohne jemandem etwas zu sagen. Das ist total crazy!«
    »Ich muss das jetzt einfach machen. Ich lasse mich nicht mehr von meinen Eltern herumschubsen«, sagt Isabella ernst. Sie schnappt kurz nach Luft, versucht sich zu sammeln. »Und? Was soll denn schon passieren? Ich setze mich in den Zug, schlafe die ganze Nacht, und am nächsten Morgen bin ich in Paris. Ich rufe Clara mit dem Handy von unterwegs an, möglichst nah an Paris, und sie holt mich vom Bahnhof ab. Anschließend melden wir uns bei meiner Mama. Ist doch alles ganz easy. Mama hat im Moment viel zu tun. Sie ist oft auch abends unterwegs. Die wird überhaupt nicht merken, dass ich weg bin.« Isabella kramt nach der Sonnenbrille in ihrer Tasche und schiebt sie sich auf die Nase. Sie muss irgendetwas mit ihren Händen anfangen.
    Hannah schüttelt fast verzweifelt den Kopf. »Das mit Astrid ist doch Wunschdenken. Die wird sofort merken, dass du nicht da bist!«
    Isabella zuckt mit den Schultern. »Soll ich sie vielleicht um Erlaubnis bitten? Da kann ich mich doch gleich in mein Zimmer sperren, abschließen und den Schlüssel wegschmeißen. Und außerdem mache ich die Reise nicht zum ersten Mal, Hannah, das weißt du doch.«
    »Aber da war Astrid dabei«, wendet Hannah sofort ein. »Ich bin überhaupt überrascht, dass die dir ’ne Fahrkarte verkauft haben. Dürfen Minderjährige überhaupt ganz allein reisen?«
    Isabella wird ungeduldig. Muss Hannah jetzt alles auseinandernehmen? Sie stöhnt entnervt auf. »O Mann, Hannah, wach auf. Die Hälfte aller Kinder der Republik reist an den Wochenenden allein zu Mama oder Papa! Die haben halt so eine Einverständniserklärung von ihren Eltern. Die gibt’s im Internet.«
    »Und du hast sie ausgedruckt und Astrids Unterschrift gefälscht? Du spinnst total. Das merken die doch.«
    Damit trifft Hannah einen wunden Punkt. Isabella ist auch klar, dass die Sache riskant ist und dass es absolut nicht in Ordnung ist, die Unterschrift ihrer Mutter zu fälschen. Aber muss sie ihr das so unter die Nase reiben? Betont lässig winkt sie ab. »Quatsch. Ich brezel mich noch ein bisschen auf. Dann geh ich als Sechzehnjährige durch und kein Schaffner traut sich, nach dem Wisch zu fragen.«
    »Du musst achtzehn sein, um nicht mehr minderjährig zu sein«, sagt Hannah trocken und verdreht die Augen. »Und was ist, wenn du Clara nicht erreichst? Dann stehst du mutterseelenallein in dieser riesigen Stadt auf einem fremden Bahnhof …«
    »Schluss jetzt, Hannah!« Isabella platzt endgültig der Kragen. »Du wirst es mir nicht ausreden können. Glaube mir, ich habe es mir gründlich überlegt und es wird nichts schiefgehen. Ich frage dich jetzt noch einmal: Wirst du es total für dich behalten, bis ich angekommen bin?«
    »Du glaubst doch selbst nicht, dass deine Mutter nichts merkt«, braust Hannah auf. »Und dass du in Ruhe Clara Bescheid sagen kannst, mitten in der Nacht!«
    Ihre Unterhaltung ist laut geworden. Isabella stellt fest, dass sich die Leute nach ihnen umdrehen. Der Junge, den sie an der Treppe gesehen haben, lehnt jetzt an einem Pfeiler und schaut herüber. Als er Isabellas Blick bemerkt, dreht er sich um und verschwindet in der eilig vorbeihastenden Menschenmenge.

Hannah weiß nicht, wovor sie sich mehr fürchten muss: vor Isabellas stummer Entschlossenheit oder vor diesem total abgedrehten Plan, der Astrid, Clara, sie selbst, kurz: alle in Bedrängnis bringen wird. Sie beobachtet Isabella, die nun trotzig die Unterlippe vorgeschoben hat und spürt dabei dieses Flattern in der Brust.
    »Lass uns gehen«, sagt sie, »die Leute gucken schon.« Sie versucht, ruhig zu bleiben. Wenn sie jetzt weiterstreiten, wird Isabella nur noch verstockter, das kennt Hannah schon.
    Isabella steht auf. Wie aus dem Nichts springt da ein Schatten zwischen die beiden, stößt Hannah beiseite und reißt Isabella ihre Umhängetasche aus der Hand. Isabella steht leichenblass und wie gelähmt mitten auf dem Fußweg. Sie rührt sich keinen Millimeter. Schockstarre.
    Und der Junge flitzt los. – Aber der kennt Hannah nicht!
    »Hey, hey, was machst du, du …«, brüllt sie, lässt Isabella stehen und jagt dem Jungen hinterher.
    Er hat keine Chance. Schon ist sie neben ihm. Schwups . Ein Ruck. Sie packt die Tasche am Gurt. Und dann … Verdammt! Sie stolpert! Aber auch der Typ kommt ins Straucheln. Hannah spürt, wie ihr rechtes Knie über den Asphalt schrammt. Es brennt höllisch,

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