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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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Tisch sitzen.
    »Verzieht euch«, schnauzt sie. »Ich komme gleich nach.«
    Isabella wird wieder schwindelig. Sie lässt sich auf eine Matratze fallen. Die riecht vermodert. Leicht angeekelt richtet sie sich auf und sieht plötzlich ihre Tasche. Sie liegt in einer dunklen Ecke, umgestülpt und ausgeleert. Der Inhalt auf dem Boden verteilt. Und der Junge ist nicht mehr da. Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Wieder bemerkt sie, wie die Wut in ihrem Nacken hochkriecht. Dieser Dreckskerl. Sie muss ihm nach!
    Nein, jetzt muss sie erst etwas um ihr Bein wickeln. Aber was? Hier steht doch alles vor Dreck.
    »Kriegste das mit dem Bein nicht allein hin?«, fragt das Mädchen und betrachtet Isabella mit einem leicht spöttischen Grinsen. Dann seufzt sie. »Lass mich mal machen.«
    Kurzerhand reißt sie von einem der schmuddeligen Laken einen Streifen ab und wickelt ihn fest um Isabellas Oberschenkel. »Damit ist die Blutung erst mal abgebunden.«
    Die scheint was davon zu verstehen. »Danke.« Isabellas Stimme zittert. »Ich heiße übrigens Isabella.«
    »Okay, Isabella. Das mit deinem Bein wird schon wieder. Und jetzt pack mal aus. Was treibt dich in unsere bescheidene Hütte?«
    Isabella schweigt einen Augenblick und sieht wieder zu der Tasche hinüber. Danni folgt ihrem Blick und nickt. »Aha, die Tasche. Pass auf, Kleine: Die Operation war umsonst, aber jede weitere Auskunft kostet was. Gib mir deine Goldklunker und ich gebe dir Informationen.« Dannis Stimme ist klar und bestimmt und sie deutet auf Isabellas Sternenohrringe. »Von irgendetwas muss ich ja schließlich leben«, fügt sie fast entschuldigend hinzu.
    Isabella reagiert sofort und gibt dem Mädchen ihren Schmuck. Dann schaut sie Danni erwartungsvoll an.
    »Geile Teile«, meint Danni und steckt Isabellas Ohrringe ein. »Übrigens, der Junge, den du auf dem Kieker hast, heißt John. Er kam hier vor ungefähr zwei Minuten reingerannt mit dieser Tasche, kippte sie aus, fand etwas Interessantes und verschwand gleich wieder zur Hintertür raus. Hat sich nur noch kurz verabschiedet. Ich nehme an, das ist deine? Was war denn da so Wichtiges drin? Ich sehe nur Schulsachen. Dafür machst du doch nicht so nen Aufriss …?«
    Isabella humpelt zu der Umhängetasche hinüber und beginnt, ihre Sachen zu sortieren. Doch sie hat es schon geahnt: Das Kostbarste, was in der Tasche war, hat dieser John genommen: ihre Fahrkarte, ihr Geld, ihr Handy. Damit sind also auch sämtliche Reserven verschwunden. Clara , möchte sie am liebsten schluchzen. Was soll sie jetzt tun? Sie merkt, wie ihr die Tränen kommen. Jetzt bloß nicht heulen!
    »Ey, Prinzessin Isabella, jetzt mach hier nicht mein Bett nass«, schnauzt Danni mitten in ihre trüben Gedanken hinein.
    Im nächsten Moment lässt sie sich neben Isabella auf die Matratze plumpsen. »Was ist denn nun los, Kleine?« Ihre Stimme ist auf einmal weich und mitfühlend.
    Isabella schluckt und beginnt zu erzählen. Danni sitzt ruhig neben ihr und hört zu. Isabella berichtet von ihrer Schwester, von dem heimlichen Fahrkartenkauf, von ihrem Vorhaben, heute Abend nach Paris abzuhauen.
    Als sie mit ihrem Bericht fertig ist, grinst Danni sie beinahe anerkennend an. »Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Du bist doch eher ein braves Schulmädchen. Mami schmiert dir doch bestimmt die Pausenbrote.«
    Isabella lacht auf, obwohl ihr eigentlich immer noch zum Heulen zumute ist. »Ja, so haben wir alle unser Brett vorm Kopf. Von dir hätte ich auch nicht gedacht, dass du zuhören kannst.«
    »Das ist echt nicht korrekt von John«, meint Danni. »Lass dir das nicht gefallen. Ich wette, dass er mit dem Zug fahren wird. Den hält hier nichts mehr. Hat ’ne Menge Ärger am Hals. Wenn du wirklich zu deiner Schwester willst, solltest du ihn auf dem Bahnsteig abfangen.«
    Isabella nickt stumm.
    »Ich wünsch dir Glück. Bestell John, falls du ihn siehst, dass das keine gute Nummer war.«
    Isabella lächelt und bedankt sich bei Danni. Sie weiß jetzt genau, was zu tun ist. Sie muss heute Abend auf dem Bahnsteig sein.
    Danni zeigt ihr den Weg zurück zur U-Bahn-Station. Zum Abschied klopft sie ihr auf die Schulter und sagt: »Wenn du mal wieder in der Gegend bist, besuch mich. Ich räum auch vorher auf.« Und dann lacht sie so schallend, als hätte sie den Witz des Jahrhunderts gerissen. Aber noch lauter lacht sie, als Isabella sich Geld für eine Fahrkarte von ihr borgen will. Ihre Dauerkarte für die Bahn hat John sich ja auch unter den Nagel

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