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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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sie mit großen Augen an.
    Mama schüttelt den Kopf. »Was hat Isabella sich dabei nur gedacht? Und du machst auch noch mit.«
    Aber Papa unterbricht sie: »Jetzt ist nicht die Zeit für Vorwürfe, Lisa. Und wenn ich Hannah richtig verstehe, war das Isabellas Entscheidung.«
    Hannah kann nicht mehr an sich halten. »Papa, Isabella ist unterwegs zu Clara. Lass sie doch bitte, bitte fahren«, bettelt sie. »Isa hatte sich so auf Claras Besuch gefreut … Sie hat doch große Sehnsucht nach ihr, eine riesengroße sogar.«
    Da platzt Mama heraus: »Sehnsucht hin, Sehnsucht her. Darüber muss sie sprechen. Aber sie kann nicht einfach abhauen und ihre gesamte Umgebung in Angst und Schrecken versetzen. Sie ist doch mit ihren dreizehn Jahren kein kleines Kind mehr. Sie hat auch eine Verantwortung. Basta.«
    Mama hat vor lauter Aufregung einen Schluckauf bekommen. Und wenn Mama Basta sagt und einen Schluckauf bekommt, weiß Hannah: Jetzt keinen Widerspruch mehr!
    Aber hat Mama eigentlich gehört, was sie gesagt hat? Sie – Hannah? Hat sie Isabellas Sehnsucht nach ihrer Schwester verstanden? Hat sie überhaupt richtig zugehört?
    Hannah ballt die Fäuste, aber dann seufzt sie resigniert. Sie kann ihre Eltern verstehen, schließlich hat sie vorhin auch gedacht, dass Isabella es zu weit getrieben hat. Sie hat nur für sich entschieden. Und sie will sich nicht mehr alles vorschreiben lassen, weil sie denkt, dass keiner ihren Schmerz versteht. Und ein Stück weit hat sie recht.
    Noch während Hannah und ihre Mama gestritten haben, ist Astrid aus dem Zimmer gegangen und hat sich nebenan an den Esstisch gesetzt. Sie wirkt kraftlos. Ihr Gesicht ist ganz grau und sie stützt den Kopf in die Hände.
    Neben ihr hockt Ben. Ganz still. Aber als Hannah ins Wohnzimmer tritt und sich neben ihn setzt, streicht er ihr kurz mit der Hand über den Rücken. »Danke, Bruderherz«, flüstert Hannah ihm zu.
    Mama steht nun in der Küche und kocht Wasser auf. Papa trägt für alle Teetassen ins Wohnzimmer.
    »Du wirst uns jetzt erst einmal erzählen, was heute passiert ist, alles, was du weißt«, sagt er ganz ruhig.
    »Was ist mit dem Blut? Bist du wirklich sicher, dass Isabella in diesem Zug nach Paris sitzt?« Astrids Stimme klingt noch immer gehetzt, aber auch brüchig.
    Hannah erzählt jetzt der Reihe nach: Von Isabellas Mail, dass Clara nicht kommen würde. Von ihrer großen Enttäuschung. Davon, dass Isabella erst zur zweiten Schulstunde erschienen ist, weil sie im Reisebüro von ihren gesamten Ersparnissen eine Fahrkarte nach Paris gekauft hat.
    Sie holt tief Luft. »Und dann war da dieser Junge, der Isabellas Tasche geklaut hat. Wir sind ihm beide nachgelaufen, aber nur Isa hat den Sprung in die U-Bahn geschafft. Und ab da weiß ich fast nichts. Ich weiß nicht, wieso ihre Hose zerrissen ist. Ich habe sie nur abends gesehen, im Bus, der zum Bahnhof fährt, und bin fest davon ausgegangen, dass sie ihre Tasche und Fahrkarte zurückhat. Sie sah in Ordnung aus, hat mir noch zugewinkt.«
    Hannah schaut von einem zum andern. »Ich habe allerdings die ganze Zeit versucht, sie über ihr Handy zu erreichen, aber sie ist nicht drangegangen und meine SMS hat sie auch nicht beantwortet. Dabei hatte sie versprochen, anzurufen! Mehr weiß ich nicht.«
    »Ist sie wirklich gefahren?« Papa will alles ganz genau wissen.
    »Hundertprozentig weiß ich es nicht, Papa«, antwortet Hannah. »Ich wollte erst den nächsten Bus nehmen, um sie am Bahnhof zu verabschieden. Aber dann habe ich gedacht, ich kann besser hier die Stellung halten.«
    Astrid seufzt. Sie scheint sich inzwischen gesammelt zu haben und mustert Hannah genau. »Und du lügst jetzt nicht mehr?«, fragt sie.
    Da reicht es Hannah. »Nein, tu ich nicht! Klar, ich habe am Anfang gelogen. Und das war bestimmt ein Fehler. Aber was macht ihr denn? Darf ein Vater einfach die Schwestern auseinanderreißen, darf er einfach sagen: Gestern waren wir eine Familie und heute nicht mehr? Und dann macht er sich einfach so aus dem Staub … Dürfen Erwachsene, wenn sie in Not sind, alles und Kinder nichts? Und Isabella war in Not, wenn sie so eine riesige Sehnsucht nach Clara hatte, dass sie einfach allein nach Paris abhaut. Ich hab ihr geholfen, weil ich das verstanden habe. Und wenn das falsch war, tut es mir leid. Aber ich würde es sofort wieder machen. Weil ihr ja sonst niemand hilft!«
    Hannah schießen die Tränen in die Augen. Astrid und ihre Eltern sehen sie erstaunt und dann verlegen an.
    Nur Ben zwinkert

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