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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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betrügt. Am nächsten Tag haben sie dann zusammen ausgecheckt, und ich musste die beiden dann noch anlächeln und fragen, ob sie einen angenehmen Aufenthalt hatten.
    Diskretion ist superwichtig. Aus dem Grund dürfen wir unseren Gästen nie etwas unaufgefordert hinterherschicken, solange sie nicht anrufen und selbst darum bitten. Es gab mal diesen klassischen Fall, wo ein Azubi eine vergessene Damenbluse an die Adresse des Gastes nachgesandt hat. Da rief dessen Frau an und sagte: »Ich war nie in Ihrem Hotel, und die Bluse gehört mir auch nicht - aber jetzt weiß ich, was mein Mann so auf Dienstreisen treibt!« Ist natürlich peinlich, so was. Unsere Gäste müssen sich darauf verlassen können, dass derartige Hinterlassenschaften diskret behandelt werden.
    Hotel enthemmt. Die Leute denken: Hier bin ich anonym, hier kann ich wieder abreisen und muss niemanden je wiedersehen. Da kommen dann Männer in Anzügen vorne an den Tresen und fragen ganz locker, wie sie in den sechsten Stock kommen, da soll irgendwo eine Sexparty steigen. Dann lächle ich freundlich und sage: »Bitte sehr, da vorne sind die Fahrstühle, einfach hochfahren«, und denke mir meinen Teil.
    Manche rufen unten bei uns an, weil sie die Pornofilme in unserem Pay-TV-Kanal nicht zum Laufen kriegen, da gehen dann aber netterweise meine männlichen Kollegen gucken. Viele fragen gleich beim Einchecken nach dem nächsten Bordell oder nach einem Escortservice - da verweise
ich dann an den Concierge. Und es gibt eine Dame, die bei uns regelmäßig an der Bar sitzt und dort ihre Kunden unter den Hotelgästen findet. Das wissen alle, und wir tolerieren es auch, solange sie das sehr diskret macht und nicht aufdringlich ist.
    Es kommt auch immer mal wieder vor, dass jemand auscheckt und sein Zimmer total verwüstet zurücklässt. Und es sind nicht immer unbedingt die Gäste, von denen man es erwartet. Wir sind ein teures Haus, bei uns kann sich wirklich nicht jeder ein Zimmer leisten. Aber da findet man immer wieder Brandflecken, Müll, Erbrochenes in den Ecken.
    Ich habe mal ein Zimmer gesehen, da hatte der Gast wirklich seine Exkremente über den ganzen Raum verteilt. Da muss dann ein Spezialtrupp anrücken, so etwas können wir unseren Zimmermädchen gar nicht zumuten. Das ist teuer, und wir belasten mit den Kosten natürlich die Kreditkarte des Gastes.
    Wir führen auch eine Schwarze Liste. Und wenn so ein Gast noch einmal wiederkommt und ein Zimmer bei uns haben will, sagen wir gleich: »Sorry, leider alles ausgebucht.« Es gibt ein paar Zimmer, da denke ich, wenn ich die Schlüsselkarten an die Gäste rausgebe: Wenn die wüssten, was in diesem Zimmer schon alles passiert ist!
    Wir führen über jeden Gast ein Gästeprofil. Wer schon zehnmal bei uns übernachtet hat, bekommt automatisch einen VIP-Status, und das hat natürlich Vorteile: Man bekommt frische Blumen, frisches Obst und ein persönliches Anschreiben der Geschäftsleitung aufs Zimmer. In
den Profilen steht aber auch, ob jemand noch offene Rechnungen hat oder ob es Besonderheiten im Umgang zu beachten gibt: Prominente haben oftmals sehr spezielle Wünsche, auf die wir dann selbstverständlich eingehen. Manche mögen nur ganz bestimmtes Mineralwasser, andere können nur schlafen, wenn die Fenster mit schwarzer Folie komplett abgedunkelt sind. Manche haben natürlich auch bestimmte Sicherheitsanforderungen. Einmal kam eine arabische Prinzessin mit ihrem Hofstaat, da wurden zwei Zimmer nur als begehbare Kleiderschränke genutzt.
    Grundsätzlich ist der Kunde König. Ich muss jeden Kundenwunsch erst mal mit der gleichen Freundlichkeit behandeln, egal, ob er nach einem zweiten Kopfkissen fragt oder nach einer erotischen Massage. Was ich nicht zulasse, ist, wenn mich jemand anbrüllt. Es passiert natürlich häufig, dass ich ziemlich blöde angepampt werde. Eine Weile bleibe ich auch freundlich und bemühe mich um eine Lösung. Aber wenn es zu heftig wird, stellt sich mein Chef vor mich und bittet den Gast, sich etwas zu mäßigen.
    Wenn Beschwerden kommen, dann bemüht man sich, es wiedergutzumachen. Mit einer Flasche Champagner auf dem Zimmer oder einem kostenlosen Upgrade, das heißt der Gast zieht in ein Zimmer der besseren Kategorie um. Aber es gibt auch Leute, die beschweren sich einfach pro forma, weil sie irgendetwas kostenlos abstauben wollen. Das ärgert mich

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