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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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natürlich ohne Ende, obwohl von den Chefs der Branche noch gutes Geld verdient wird. Ich bekomme zum Beispiel als Arbeitskleidung genau eine Weste. Und dafür ziehen die mir aber jeden Monat zwei Euro fünfzig vom Lohn ab. Neulich kam mein Vorarbeiter und
hat mir erzählt, wir hätten Weihnachten und Silvester frei. Hab ich mich gefreut! Und dann sehe ich, dass die uns dafür einfach so automatisch zwei Tage Urlaub abgezogen haben. Das ist doch das Letzte.
    Wegen so was bin ich in die Gewerkschaft eingetreten. Ich will mich wehren und im Zweifel auch mit Paragrafen argumentieren können, wenn die mir doof kommen. Man muss sich nämlich nicht ausbeuten lassen. Bei vielen Kolleginnen denke ich manchmal: Och, Herzchen, warum unterschreibst du denn so einen Vertrag? Haste den denn nicht gelesen? Ganz ehrlich, wer sich ausbeuten lässt und für Hungerlöhne schuftet, ist oft auch ein bisschen selber schuld.
    Â 
    In Deutschland arbeiten im Bereich Gebäudereinigung und Raumpflege rund 916 000 Beschäftigte. +++ Die Berufsgruppe wird nach wie vor von Frauen dominiert: Mit 808 000 Gebäudereinigerinnen und Raumpflegerinnen stellen sie den weitaus größeren Teil, nur 12 % der Arbeitnehmer in dieser Berufsgruppe sind Männer. +++ Nur ein Bruchteil der privaten Reinigungskräfte arbeitet legal. 3,3 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigen Haushaltshilfen - neben Putzfrauen auch Babysitter oder Gärtner. Nur 45 000 Hausangestellte sind ordnungsgemäß gemeldet, der Rest verdient, ohne den Fiskus daran zu beteiligen. +++ Ein großer Teil besitzt keine Arbeitserlaubnis für Deutschland. Die Grünen fordern seit Jahren eine »Green Card« für Putzkräfte.

»Mich erstaunt immer wieder, wie skrupellos Männer fremdgehen.«
    Elena, 28 Jahre, Hotelfachfrau, über enthemmte Gäste, skurrile Sonderwünsche und warum sie nie ohne Desinfektionsspray verreist.
    E in Fünfsternehotel ist ein eigener Kosmos. Und ich stehe vorn an der Front, in der ersten Reihe. Ich bekomme erst mal alles ab, dafür geht aber auch nichts an mir vorüber. Das ist das Anstrengende, aber auch das Schöne an meinem Beruf, ich würde nichts anderes machen wollen. Nirgends lernt man die Menschen auf eine so spezielle Art und Weise kennen wie in einem Luxushotel.
    Seit fünf Jahren arbeite ich jetzt an der Rezeption eines Fünfsternehauses. Hotel ist nichts für jeden. Man muss schon hart im Nehmen sein, sich ein dickes Fell zulegen und eine ganze Menge weglächeln. Und man muss Spaß daran haben, es anderen Menschen nett zu machen, Wünsche zu erfüllen, manchmal vielleicht auch scheinbar Unmögliches möglich zu machen.
    Wenn ein Gast bei der Abreise sagt, dass es ihm bei uns gefallen hat, wenn er bemerkt hat, dass ich ihm einen
Obstkorb aufs Zimmer habe stellen lassen, und sich für den Service bedankt, vielleicht sogar ein bisschen Trinkgeld dalässt, dann ist das die schönste Bestätigung für mich.
    Im Hotel ist man dauernd mit der ungeschminkten Wahrheit konfrontiert, man lernt viel über Menschen, und man lernt viel über Paare. Mich erstaunt immer wieder, wie skrupellos Männer fremdgehen. Oben liegt die Frau krank im Bett, und der Mann bandelt unten an der Bar mit einer anderen an, mit der er dann aufs Zimmer verschwindet.
    Es gibt Situationen, die unangenehm sind, wo wir ein bisschen zwischen die Fronten geraten. Neulich kam eine Frau und sagte, ihr Mann habe bei uns ein Zimmer reserviert und sie wolle ihn überraschen. Ob sie schon mal hoch könnte? Das kam mir merkwürdig vor, und ich habe ihr gesagt, das kann sie gern machen, aber dann muss sie auch als Gast einchecken und einen Meldezettel ausfüllen. Kaum war sie oben auf dem Zimmer, tauchte der Mann auf - allerdings mit einer anderen Dame. Ich musste ihm dann sagen: »Herr Meier, oben wartet Ihre Frau auf Sie. Sollte eigentlich eine Überraschung sein …« Da ging bei denen natürlich erst mal die Kinnlade runter, sie haben sich kurz an die Bar gesetzt und etwas hitzig diskutiert. Die andere Dame ist dann verschwunden, und er ist hoch zu seiner Frau.
    Hinterher habe ich mich schon ein klein wenig schlecht gefühlt. Ich hätte den Kerl natürlich auch ins Messer laufen lassen können, hätte er sicher verdient. Letztlich bin
ich der Frau ja in den Rücken gefallen, die vielleicht was geahnt hat und jetzt herausfinden wollte, ob ihr Mann sie

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