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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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maßlos, vor allem, weil ich ja trotzdem noch irre freundlich zu denen sein muss. Die
keifen mich an wegen irgendwelchen Nichtigkeiten, und ich muss denen was umsonst spendieren und sie hinterher noch fragen: »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« Und innerlich koche ich. Es gab auch schon Tage, da bin ich nach Dienstende heulend nach Hause gelaufen, einfach, um diesen ganzen Frust loszuwerden.
    Es lohnt sich wirklich, als Gast freundlich mit dem Personal umzugehen. Ich habe viele Möglichkeiten, mich bei jemandem erkenntlich zu zeigen, der mich nett behandelt. Ich kann einfach so Upgrades verteilen, ein besonders schönes Zimmer buchen, ich kann auch mal einen Obstkorb aufs Zimmer bringen lassen. Auch bemühe ich mich, die Leute mit Namen anzusprechen, wenn sie ankommen, und viele freuen sich total, dass man sie wiedererkennt.
    Vor einiger Zeit ist ein Stammgast bei uns im Haus gestorben. Das war wirklich traurig, er war mit seiner Frau angereist, sie wollten ein schönes Wochenende bei uns verbringen, und plötzlich steht sie völlig aufgelöst im Bademantel an der Rezeption und ruft nach einem Arzt. So was ist natürlich furchtbar, die hat mit ihrem Mann eingecheckt und musste ohne ihn wieder auschecken. Intern nennen wir so was eine »kalte Abreise«. Makaber, ich weiß.
    Im Hotel wird natürlich auch viel geklaut. Da gibt es einmal echte Taschendiebbanden, die durch die Lobby ziehen, da muss man sehr aufpassen. Und die Gäste lassen natürlich auch gelegentlich etwas mitgehen. Wenn es nur ein Schokoriegel aus der Minibar ist, der bei der Abreise
nicht bezahlt wird, dann lassen wir das auch durchgehen. Wegen einem Euro fünfzig belasten wird die Kreditkarte nicht nach. Aber wenn jemand behauptet, er hätte nichts aus der Minibar gehabt, und dann fehlt hinterher der Champagner oder die Schnapsfläschchen sind mit Leitungswasser wieder aufgefüllt worden, dann berechnen wir das im Nachhinein. Auch wenn jemand die Handtücher und Bademäntel mitgehen lässt.
    Einmal hatten wir ein junges Pärchen, das offensichtlich zum ersten Mal in einem Fünfsternehotel war und sich vielleicht dachte: Das soll sich jetzt aber auch lohnen. Die haben beim Housekeeping ein komplett neues Set Bademäntel und Handtücher bestellt, weil angeblich nichts auf dem Zimmer war. Eigentlich dürfen wir natürlich nicht in die Koffer der Gäste gucken, aber unsere Hausdame hatte ein komisches Gefühl und hat nur kurz einen Kofferdeckel angehoben: Und siehe da, da lagen dann unsere Bademäntel und Handtücher. Die haben wir den beiden dann auf die Rechnung gesetzt, so ein Satz kostet nämlich einhundertfünfzig Euro. Und als sie das beim Auschecken bemerkt haben, wurden sie ganz rot, wollten dann ihren Schlüssel noch einmal wiederhaben und sind wieder hoch aufs Zimmer. Da haben sie dann die Sachen wieder aus ihren Koffern geräumt. Das war eigentlich ganz süß.
    Auch wenn jemand offensichtlich klaut, sind wir bemüht, das so diskret wie möglich zu handhaben und den Gast auf keinen Fall bloßzustellen. Wenn einer den Fernseher durch die Lobby trägt, bin ich angehalten, ihn
freundlich darauf anzusprechen: »Es freut uns, dass Sie Gefallen an unserem Fernseher gefunden haben. Darf ich Ihnen das Gerät auf die Rechnung setzen?«
    Seit ich im Hotel arbeite, habe ich natürlich einen ganz anderen Blick auf Dinge, wenn ich selber mal in einem Hotel übernachte. Ich nehme zum Beispiel grundsätzlich ein Fläschchen Sagrotan mit und sprühe alles ein. Weil ich weiß, unter welchem Druck die Zimmermädchen arbeiten müssen. Die nehmen ja nicht jedes Mal einen neuen Lappen, wenn sie die Klobrille putzen, sondern eben den, mit dem sie schon zwanzig andere auf dem Flur sauber gemacht hat.
    Und noch etwas: Mir selber kommen Beschwerden schwer über die Lippen. Meine Freunde lachen schon immer, wenn ich in der Kneipe nachfrage, ob mein Essen vielleicht vergessen wurde, und mich noch dreimal dabei entschuldige. Ich kann auch im Restaurant nichts zurückgehen lassen, es ist mir einfach wahnsinnig unangenehm. Weil ich weiß, wie man sich fühlt, wenn Gäste sich beschweren. Da esse ich meine Suppe eben lieber lauwarm.
    Â 
    Â»Brenner’s Park-Hotel« in Baden-Baden ist mit durchschnittlich 352 Euro pro Zimmer das teuerste Haus Deutschlands. +++ Dresden hat unter den Städtereisezielen in Europa die zufriedensten

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