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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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ausgebildet. Rund 90 % der Auszubildenden sind weiblich. +++ Die Löhne sind gering, besonders im Osten. Während in Bayern eine angestellte Friseurin als Grundlohn 1384 Euro brutto verdient, sind die Löhne in Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern (726 Euro) und Thüringen (614 Euro) seit Jahren beschämend niedrig. +++ Daneben bieten rund 20 000 selbstständige Friseure ihre Leistungen an, die von der Mehrwertsteuerpflicht befreit sind, weil sie offiziell weniger als 17 500 Euro im Jahr umsetzen. Damit können sie billiger sein, was wiederum auf die Preise drückt.

»Dieses Unausgesprochene macht mich fertig.«
    Sabine, 43 Jahre, Krankenschwester, würde ihren Patienten gern öfter die Wahrheit sagen dürfen. Zum Beispiel, dass sie sterben werden.
    I n meinem Beruf steht man immer mit einem Fuß in der Kacke und mit dem anderen im Gefängnis. Einerseits bin ich für Menschenleben verantwortlich. Gerade wenn viel Stress und Hektik ist, kann immer mal was passieren, was nicht geplant war. Und wenn ein Patient in meiner Obhut dadurch Schaden nimmt, hat das natürlich auch für mich Konsequenzen. Andererseits bin ich nicht nur Krankenschwester, sondern für die Patienten ja auch Zimmermädchen, Putzfrau und Kellnerin - und so werde ich manchmal auch behandelt.
    Wer krank ist, zeigt manchmal ganz neue Facetten seines Charakters, wir Pfleger bekommen viel Frust ab. Den lassen die Patienten natürlich nie an den Ärzten aus, sondern immer an uns Krankenschwestern. Uns sehen sie ja auch viel öfter. Es gibt so Kandidaten, die klingeln uns an wegen jeder Nichtigkeit. Weil ihnen ein Taschentuch auf den Boden gefallen ist, das wir bitte in den Papierkorb
werfen sollen. Oder weil ihnen die Sonne zu sehr ins Zimmer scheint. Alles Dinge, die sicherlich Zeit gehabt hätten, bis ich ohnehin das nächste Mal reingekommen wäre. Das ist dann reine Schikane.
    Leider sind es oft die weiblichen Patienten, die sich da als besonders anstrengend erweisen. Die denken sich wahrscheinlich: Zu Hause muss ich immer springen und alle bedienen. Jetzt bin ich krank, jetzt bin ich mal dran!
    Es gibt natürlich auch sehr nette und dankbare Patienten, einer schickt uns zum Beispiel schon seit Jahren immer zu Weihnachten einen Präsentkorb auf die Station. Und ich empfinde es immer als die schönen Momente meines Berufes, wenn ich mal die Zeit habe, den Patienten wirklich zuzuhören, mit ihnen zu reden. Dann werden auch die größten Stinkstiefel plötzlich sehr nett.
    Wir haben im Moment einen Mann, der schon seit Wochen da ist, weil er eine komplizierte Herz-OP hatte. Bei dem geht es nicht so richtig voran, es will alles nicht gut heilen. Der war gerade dabei, sein Dach zu decken, und jetzt liegt er hier und kann den ganzen Tag nichts tun, das macht den natürlich fertig. Und wenn man das weiß, dann kann man auch verstehen, warum er manchmal so pampig ist.
    Was ich überhaupt nicht gut haben kann, ist, wenn Leute ständig betonen, dass sie Privatpatienten sind. Das ist mir egal, bei mir bekommen alle dieselbe Fürsorge. Es gibt auf meiner Station keinen Extraservice oder eine bessere Behandlung. Da entscheidet nicht der Geldbeutel, sondern allein die Krankheit.

    Ich arbeite in einem Stuttgarter Krankenhaus auf der Intensivstation. Wir haben sechzehn Betten und sind pro Schicht etwa fünf Pflegekräfte. Wenn ich Frühschicht habe, dann geht es um 6 Uhr 30 los. Die Kollegen aus der Nachtschicht machen eine Übergabe, dann läuft man los und stellt sich den Patienten vor. Checkt alle Monitore, überprüft die Vitalparameter, guckt, ob alle Infusoren richtig eingestellt sind. Dann werden Medikamente verteilt, die Patienten gewaschen, für ihre Operationen oder ein CT vorbereitet. Zwischendurch kommen die verschiedenen Arztvisiten, die meist neue Maßnahmen nach sich ziehen: Hier noch einen Einlauf, da ein neues Medikament und immer wieder Vitalparameter checken.
    Ich renne durch die Gegend wie ein Duracell-Hase, wenn ich während der Schicht mal dazukomme, mir im Stehen ein halbes Brötchen reinzupfeifen, dann habe ich schon Glück gehabt. Immer wenn die Weihnachtsschichten verteilt werden müssen, will uns die Verwaltung damit ködern, dass wir dann ja leckere Entekeule in der Kantine zu essen bekommen. Da können wir nur müde drüber lachen. In der Kantine essen gehen, das hab ich schon lange nicht mehr geschafft.
    Ich bin während

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