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Wir sind die Nacht

Wir sind die Nacht

Titel: Wir sind die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hohlbein Wolfgang
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normale, schlanke junge Frauen gegen einen Zweimeterkoloss, der vermutlich stärker war als sie alle zusammen. Sie hatten keine Chance.
    Sie fand die Waffe, kroch hin und zielte diesmal mit beiden Händen, wagte es aber nicht, auf den Knopf zu drücken. Sie würde Louise oder eine der anderen treffen und damit alles noch schlimmer machen. Endlich fand sie ein Ziel und drückte ab, worauf der Lichtstrahl ganz leicht Louises nackten Oberarm
streifte, um dann eine sengende Spur diagonal über Antons Rücken zu brennen.
    Der Russe brüllte vor Schmerz und Wut auf, warf sich mit einer blitzschnellen Bewegung aus der Bahn des verzehrenden Lichtstrahls und stürmte davon. Lena ließ den Strahl der UV-Lampe hinter ihm herwandern und setzte tatsächlich noch sein linkes Bein in Brand, bevor er die Treppe hinaufgerast und endgültig verschwunden war.
    »Gut gemacht«, sagte Louise. »Danke.« Ihr Atem ging schwer, als sie zu Lena kam und ihr behutsam die Waffe aus der Hand nahm. »Das war wirklich im letzten Moment.«
    »Ich dachte, du wolltest ihm den Kopf abreißen«, sagte Lena benommen.
    »Seinem Vater«, erwiderte Louise ungerührt, während sie die Lampe behutsam vom Lauf der Pistole löste und dann die Batterien herausnahm. »Der Kerl ist wirklich ein harter Brocken, aber das nächste Mal bin ich vorbereitet.« Sie steckte die Lampe ein und wandte sich mit einem Blick über die Schulter an die beiden anderen. »Sammelt die Dinger ein. Nicht dass jemand sie findet und am Ende auf komische Ideen kommt.«
    »Die werden wiederkommen«, sagte Lena mit einer Kopfbewegung in die Richtung, in die Anton verschwunden war.
    Louise streckte die Hand aus, um ihr auf die Beine zu helfen. »Aber nicht innerhalb der nächsten zehn Minuten«, sagte sie. »Und danach sind wir hier weg. Viel Zeit bleibt uns sowieso nicht mehr, bis die Sonne aufgeht. Keine halbe Stunde.«
    »Schaffen wir es noch zum Hotel?«, fragte Lena.
    »Das ist überhaupt kein Problem«, rief Nora vom gegenüberliegenden Beckenrand her. »Mach dir keine Sorgen, das schaffen wir locker. Ich fahre.«

25
    Die Sonne stand bereits eine halbe Handbreit hoch am Himmel und überschüttete die Stadt mit flüssigem goldenem Tod, als sie endlich das Hotel erreichten.
    Louise parkte den Wagen in der Tiefgarage unmittelbar vor dem Lift und schüttelte herrisch den Kopf, als Lena sich zur Treppe wenden wollte. Die Treppe verschwand einfach aus ihrem Bewusstsein. Louises Augen sahen aus wie Kugeln aus poliertem Stahl, als sie sie barsch zu sich heranwinkte.
    Die Aufzugtür glitt auseinander, und die Kabine mit den verspiegelten Wänden war nicht nur nicht leer, es war ausgerechnet der junge Page, der mit einem energischen Schritt heraustrat und dann mitten in der Bewegung erstarrte. Noras jugendlicher Romeo.
    »Aber was … um Gottes willen, was ist denn passiert?«, entfuhr es ihm. »Hatten Sie einen Unfall?«
    Im allerersten Moment verstand Lena nicht, wovon er sprach, aber dann begriff sie. All ihre Blessuren waren zwar verschwunden, und ihre Haut hatte sogar das Blut absorbiert, mit dem sie sich im Kampf so überreich besudelt hatten, aber ihre Kleider hatten weniger Glück gehabt. Vor allem das, was Nora am Leib trug, verdiente diese Bezeichnung kaum noch und gewährte dem jungen Burschen einen Blick auf Dinge, von denen er nicht zu träumen gewagt hätte.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, bekam der arme Junge
einen puterroten Kopf. »Ich äh … entschuldigen Sie«, stammelte er. »Das geht mich nichts an.«
    »Stimmt«, sagte Louise.
    »So etwas Ähnliches wie einen Unfall«, sagte Charlotte. »Aber niemandem ist etwas passiert, keine Angst.«
    »Das ist gut«, sagte der Page. Vor lauter Verlegenheit trat er von einem Fuß auf den anderen, machte aber auch keine Anstalten, den Lift freizugeben.
    »Ja, finden wir auch«, sagte Louise kühl. »Und wenn du uns jetzt bitte vorbeilassen würdest, dann könnten wir uns vielleicht sogar umziehen.«
    »Sicher.« Der Page sprang zur Seite und starrte Nora aus großen Augen an. Er wartete, bis die Tür zuzugleiten begann, dann war er mit einem Sprung wieder bei ihnen.
    »Warten Sie!«
    Nora runzelte die Stirn. Charlotte sah ein bisschen überrascht aus, und in Louise Gesicht regte sich kein Muskel, aber in ihren Augen erschien plötzlich etwas, was Lena den Atem stocken ließ. Etwas bewegte sich, unter ihrem Gesicht. Etwas Graues, durch und durch Unmenschliches.
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte der Page hastig. »Aber ich

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