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Wir sind die Nacht

Wir sind die Nacht

Titel: Wir sind die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hohlbein Wolfgang
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Ellbogen gegen die Wand auf der anderen Seite.
    Es wurde heiß. Die Luft stank jetzt nach brennendem Lack und Holz und verschmorendem Fleisch, und die Holzverkleidung
der Wände begann mit einer Folge peitschender Schläge zu zerspringen. Flammen leckten unter der Tür hervor und verzehrten nicht nur das orangefarbene Licht, sondern auch die Luft, und die Hitze wurde nun auch für Lena unerträglich. Schwarzer Qualm quoll zwischen der verschmorenden Wandverkleidung hervor, und mit einem Mal schienen überall Schreie und das Hämmern näher kommender Schritte zu sein. Dann traf irgendetwas mit der Gewalt einer Explosion die Tür, beulte sie aus und ließ Lena zurücktaumeln.
    Ein zweiter, ungleich härterer Schlag traf die Tür, riss sie halb aus den Angeln und presste eine glühende Woge aus Flammen und schierer Hitze darunter hervor, so dass sie hustend zurückstolperte; dann wurde das Türblatt mit unvorstellbarer Gewalt aus den Angeln gerissen und samt Rahmen auf den Gang herausgeschleudert.
    Es war ein Blick direkt in den tiefsten Schlund der Hölle.
    Das ehemalige Solarium war von lodernder roter und grellgelber Glut erfüllt. Flammen und Rauch bildeten einen brodelnden Teppich unter der Decke, und die Hitze trieb Charlotte und Lena weiter zurück und nahm ihnen endgültig den Atem. Die meisten UV-Lampen waren in der unerträglichen Hitze geplatzt, aber die Vernichtung hatte längst eine unaufhaltsame Eigendynamik gewonnen und entwickelte sich schneller und immer schneller. Etwas Dunkles, Schreiendes wand sich inmitten der tobenden Flammenhölle auf dem Boden und schlug und trat mit verkohlenden Gliedmaßen um sich, und ein zweiter, monströser Umriss torkelte brennend auf die Tür zu, schwarz verkohlt und in einen Mantel aus Flammen gehüllt, die sich zischend weiter in das fraßen, was noch vom Fleisch übrig war. Orangefarbene Funken sprühten aus seinem Gesicht, seinen Händen und unter seiner brennenden Kleidung hervor wie lodernde Käfer, die aus einem schwelenden Baum zu entkommen versuchten, und er gab … Laute von sich, ein kreischendes
Schmerzgeheul, an dem nichts Menschliches mehr war. Brennend und in purer Agonie mit den Armen um sich schlagend, taumelte er auf die Tür zu, prallte ungeschickt gegen den Rahmen und war dann mit einem stampfenden Schritt halb auf dem Flur.
    Eine lodernde Hand mit längst weggebrannten Fingerstümpfen griff nach Lena, und ein einziger Blick in die verkohlte Ruine seines Gesichtes reichte, um sie endgültig erstarren zu lassen.
    Charlotte schleuderte sie zur Seite, sprang dem lodernden Strigoi entgegen und rammte ihm die Schulter gegen die Brust. Anton fuhrwerkte mit dem Arm in ihre Richtung. Charlotte tauchte blitzschnell darunter weg, aber die schiere Hitze allein reichte, ihr Haar und einen Teil ihres Kleides in Brand zu setzen. Völlig unbeeindruckt steppte sie einen Schritt zurück, wehrte einen weiteren Hieb des brennenden Strigoi ab und vollführte eine blitzartige Drehung, in der sie das Bein hochriss und ihm den Fußballen vor die Brust drosch; ein perfekter Karate-Tritt wie der, mit dem sie den Zuhälter in Iwans Bordell erledigt hatte, diesmal ohne das tödliche Stilett ihrer High Heels, dafür aber mit umso größerer Gewalt. Ihr Fuß glühte orangerot auf, als er ins Licht einer der wenigen Leuchtstoffröhren geriet, die das Inferno wie durch ein Wunder überstanden hatten, aber Anton taumelte wie von einem Hammerschlag getroffen zurück, kämpfte mit wild schlagenden Armen um sein Gleichgewicht und stürzte schließlich nach hinten. »Weg hier!«, keuchte Charlotte. »Schnell!«
    Mit beiden Händen schlug sie die Flammen aus, die noch immer an ihrem Kleid fraßen, und stolperte schnell weiter.
    Lena erhaschte noch einen flüchtigen Blick auf den lodernden Hochofen hinter der Tür, und was sie in diesem Augenblick sah, sollte sie nie wieder vergessen: Wo Nora gelegen hatte, gewahrte sie nur noch einen formlosen Schatten, der im blendenden
Licht des Höllenfeuers zu zucken schien. Anton versuchte noch einmal, auf die Beine zu kommen, aber seine Kraft reichte nicht mehr. Er kam halb in die Höhe, stürzte nach vorn, und das Letzte, was Lena von ihm sah, war ein Spinnennetz aus sonnenhellem goldenem Licht, das plötzlich aus seinem Körper brach und ihn von innen heraus zu verzehren begann, dann zerrte Charlotte sie weiter zur Tür am Ende des Korridors.
    Kurz bevor sie sie erreichten, erfolgte eine gewaltige Explosion aus Lärm, Flammen und blendend weißem

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