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Wir sind die Nacht

Wir sind die Nacht

Titel: Wir sind die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hohlbein Wolfgang
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sehr schnelle Schritte kamen näher. Lena spannte alle ihre Sinne an, und sie tat es ganz ohne ihr eigenes Zutun.
    »Lena! Du kommst spät!«
    Sie kannte die Stimme, und auch der dazugehörige schwarze Wuschelkopf war ihr nicht fremd, aber Noras Name blitzte erst in ihr auf, als diese ihr so stürmisch um den Hals fiel, als wären sie uralte Freundinnen.
    »Ich hatte schon Angst, du kommst gar nicht mehr! War es sehr schlimm?« Lena entwand sich der Umarmung und suchte nach einer passenden Antwort, aber Nora ließ ihr kaum Zeit, Luft zu holen. Sie sprudelte aufgeregt weiter: »Ich war so aufgeregt, dass du kommst! Ich konnte den ganzen Tag nicht schlafen!«
    »Aha«, sagte Lena. Ihr Zorn war verraucht und hatte einer großen Verwirrung Platz gemacht. »Wo ist Louise?«
    »Hier, Liebes«, antwortete eine Stimme aus der Dunkelheit hinter Nora. »Nora-Schatz, mach es nicht so spannend, und bring Lena her. Sie hat sicherlich ein paar Fragen an uns.«
    »Ja, so könnte man es nennen«, grollte Lena und funkelte Nora an. »Was habt ihr mit mir gemacht?«
    Nora wollte nach ihrer Hand greifen, aber Lena riss sich los. Das Mädchen ließ sich davon jedoch nicht irritieren, sondern lachte bloß glockenhell und griff dann so schnell nach Lenas Handgelenk, dass die Bewegung nicht zu sehen war.
    »Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, Liebes«, sagte sie. »Aber Louise wird dir gleich alles erklären … Komm!«

    Lena wollte sich wieder losreißen, aber Nora gelang es irgendwie, sie mit unwiderstehlicher Kraft vor sich herzuschieben, ohne wirkliche Gewalt anzuwenden.
    Sie betraten den eigentlichen Clubraum, der in vollkommener Dunkelheit dalag. Selbst die Notbeleuchtung war ausgeschaltet, so dass das ehemalige Schwimmbad wie ein schwarzer Abgrund vor ihnen gähnte. Nur der VIP-Bereich am anderen Ende war in einen bleichen Lichtschimmer getaucht.
    Und über diese Entfernung hinweg und noch dazu durch eine geschlossene Tür hindurch sollte Louise gehört haben, was sie zu Nora gesagt hatte? Unmöglich, selbst wenn ihr Gehör noch weitaus empfindlicher war als das ihre! Wahrscheinlich gab es dort draußen ein halbes Dutzend versteckter Mikrofone oder eine Kamera. Sie spielten ein Spiel mit ihr; ein Spiel, dessen Regeln sie nicht begriff. Und das sie immer zorniger machte.
    Nora machte eine auffordernde Geste zur schmalen Treppe, vor der jetzt keine Samtkordel mehr hing, ließ sie endlich los und lächelte schon wieder strahlend. Was Lena nur noch wütender machte. Ohne weiter auf ihre Begleiterin zu achten, stürmte sie die schmale Treppe hinauf. Louise saß an einem der niedrigen Tischchen im Retrostil. Sie hielt ein Champagnerglas mit einer dunkelrot schimmernden Flüssigkeit in der Hand und war in einen gleichfarbigen Hauch von Nichts gekleidet, der ihren goldfarbenen Locken genug Raum ließ, sich in einer lebendigen Woge über die nackten Schultern zu ergießen. Nur ein einzelner blasser Spot war auf den Tisch gerichtet, was ihre Umgebung in noch tiefere Schatten tauchte. Ihre dunkelhaarige Begleiterin war hinter der Bar, wo sie genau wie gestern Abend ein Buch las. Sie blickte nur flüchtig auf, als Lena näher kam. Das Licht, das Charlotte umspielte, war noch blasser und wäre für Lenas Augen noch vor wenigen Stunden wahrscheinlich unsichtbar gewesen. Charlotte reichte es anscheinend sogar,
um ein Buch zu lesen. Die ganze Szenerie wirkte so arrangiert, dass Lena am liebsten laut aufgelacht hätte.
    »Was hast du mit mir gemacht?«, fuhr sie Louise an. »Was verdammt noch mal hast du mit mir gemacht?!«
    Statt zu antworten, stellte Louise ihr Glas mit einer gezierten Bewegung auf den Tisch, stand auf und sah Lena mit einem Lächeln entgegen, das noch strahlender war als Noras gerade. »Lena! Ich bin ja so froh, dass du …«
    »Ich will wissen, was du mit mir gemacht hast!«, schrie Lena sie an. »Was zum Teufel habt ihr mir angetan?«
    »Angetan?« Louise blinzelte. »Niemand hat dir etwas angetan, Liebes«, sagte sie. »Ich habe nur …«
    »Du verdammtes Miststück!«, schrie Lena und wollte sich mit geballten Fäusten auf sie stürzen. Ohne Vorwarnung verließen sie ihre Kräfte, und sie wäre zusammengebrochen, wenn Nora sie nicht blitzschnell aufgefangen hätte. Alles um sie herum drehte sich.
    Der Schwächeanfall verging so schnell, wie er gekommen war, nur das Kniezittern blieb. Sie war dankbar, dass Nora sie zum Tisch führte und auf einen der weißen Plastikstühle bugsierte. Leider waren die Dinger so

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