Wir sind doch Schwestern
vielleicht war das genau in ihrem Sinne, überlegte sie, und so gab sie sich mit dem kleinen Lob zufrieden und schwieg.
Nach einer Weile ergriff Heinrich das Wort und versuchte, betont beiläufig zu klingen.
»Wann dürfen wir denn mit Ihrer Heirat rechnen, Fräulein Franken? Ich meine, ich sollte es doch wissen, denn Sie wollen das Fest sicher auf dem Hof ausrichten.«
Katty war konsterniert, vor allem über die förmliche Ansprache. Heinrich wirkte geradezu beleidigt. Ein bisschen freute sie sich darüber, aber andererseits fand sie es empörend, dass er ganz offenkundig immer noch wenig einverstanden war mit einem privaten Eheglück für seine Hauswirtschafterin.
»Wir haben noch nichts geplant«, log sie deshalb, »aber ich werde es Sie rechtzeitig wissen lassen.« Es tat ihr gut, dass Heinrich merklich betrübt darüber war, das hatte er verdient.
»Ich bitte darum«, sagte er kurz angebunden, und da hatte Katty plötzlich Angst, sie könnte mit ihrer Lüge übers Ziel hinausgeschossen sein.
»Ach, Herr Hegmann, das war nur so dahingesagt von Anna Maria. Im Grunde ist es nichts Ernstes, zumindest noch nicht«, lachte sie.
»Na, bevor es ernst wird, sollten Sie mir den Mann vorführen. Ich gebe Sie doch nicht an irgendeinen Lump ab. Kommt gar nicht infrage«, flachste Heinrich und wirkte erleichtert. Katty begann, sich über Heinrichs und Anna Marias Hochzeit Gedanken zu machen, doch Heinrich zeigte sich zögerlich. Es gebe vorab noch wichtige Dinge in der Politik zu tun, erklärte er und schlug vor, die Vermählung später ins Jahr zu verlegen.
»Zum Winter hin?«, fragte Katty entsetzt. »Wo wollen Sie denn dann die ganzen Gäste unterbringen? Ich dachte, wir machen eine schöne Feier im Garten?«
»So kenne ich Sie, liebe Katty, aber ich denke, wir sollten dem Anlass angemessen im kleinen Kreis feiern.«
»Auf gar keinen Fall. Das geht nicht, Herr Hegmann, Sie sind ein angesehener Mann. Selbstverständlich wird die Hochzeit ein Ereignis, bei dem auch Ihre politischen Freunde zugegen sein werden. Wenn Sie sich alle in angenehmer Atmosphäre treffen und besprechen, kommt am Ende bestimmt auch eine gut gelaunte Politik dabei heraus. Und die hatten wir weiß Gott schon lange nicht mehr.«
»Na, so gesehen haben Sie sicher recht. Ich weiß nur nicht, ob ich es dem Anlass gemäß finde. Wir werden sehen. Jetzt kümmern wir uns erst mal um den Alltag auf Tellemannshof.«
»Nein, nein«, Katty war nicht mehr zu bremsen, »vielleicht könnten wir eine Verlobungsfeier noch im Sommer arrangieren. Mit einem Polterabend vorweg, so wie es sich gehört. Besser das Porzellan vor der Ehe zerschlagen, als darin …«
»Jetzt hören Sie mal auf, es ist ja gut. Sie werden die Feier planen und ich bin sicher, Sie werden das gut machen. Aber nun geben Sie ein wenig Ruhe«, brummte Heinrich. Beide hingen ihren Gedanken nach, bis Heinrich unerwartet rechts ranfuhr und anhielt.
»Wenn ich es mir recht überlege, Katty, ist es doch keine dumme Idee mit dem Hochzeitsfest. Sie sind großartig. Ich sollte öfter auf Ihren Rat hören.«
»Damit machen Sie grundsätzlich nichts falsch«, stichelte Katty.
»Jetzt bilden Sie sich nicht gleich etwas darauf ein«, neckte Heinrich zurück. »Aber diesmal haben Sie wirklich recht. Es wird in der britischen Besatzungszone bald wieder ein Parlament geben, und um Abgeordneter zu werden, muss ich entweder gewählt oder ernannt werden, und beides erreicht man nur, wenn die Leute von einem gehört haben. Ein Fest ist perfekt, um sich ins Gespräch zu bringen und um wichtigen Leuten durch Einladungen zu schmeicheln. Das kann nicht schaden.« Heinrichs letzte Worte wurden begleitet von einem undefinierbaren Grollen. Und als Katty schon fast fürchtete, ihr Auto könnte einen Motorschaden haben, erkannte sie, woher das Geräusch gekommen war.
»Was gibt es denn zum Abendessen?«, fragte Heinrich nämlich und rieb sich mit der Hand über den Bauch.
»Sowie wir zu Hause sind, gehe ich in die Küche und erkundige mich«, antwortete sie amüsiert. »Wenn nichts geplant ist, mache ich eine große Pfanne Bratkartoffeln mit Speck, Zwiebeln und Ei.« Katty lief das Wasser im Mund zusammen, Bratkartoffeln waren ihr Leibgericht. Sie machte Bratkartoffeln, wenn sie nachdenken musste, wenn sie betrübt war oder aber wenn es Grund zum Feiern gab.
»Katty, habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie unverzichtbar sind?«, lachte Heinrich und gab Gas.
2. Oktober 1946
Wir sind im Landtag
Katty stand seit
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