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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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einer Stunde am Fenster und trat nervös von einem Bein aufs andere. Sie hatte den Abendbrottisch mit Weißbrot, Wurst und Käse gedeckt, die eingemachten Gurken aus dem Keller geholt und zur Feier des Tages sogar Bier kalt gestellt. Sie hatte extra im Wohnzimmer gedeckt, denn wenn Heinrich und sie hier aßen, blieben sie meist sehr lange sitzen und klönten.
    Heute würde sie darauf bestehen, sie würde alles wieder und wieder erfragen, und wie sie Heinrich kannte, würde der auch mit Freuden wieder und wieder erzählen. Katty verging fast vor Neugier. Sie hätte alles gegeben, um in Düsseldorf bei dieser ersten Sitzung Mäuschen spielen zu dürfen. Nun würde sie sich mit Heinrichs Berichten begnügen müssen, aber wenigstens kannte sie jemanden, der alles genau erzählen konnte. Sie barst fast vor Stolz: Sie waren im Landtag. Also Heinrich, um ganz genau zu sein, aber Katty war sich sicher, dass sie eine gehörige Portion dazu beigetragen hatte.
    Heinrich hatte es geschafft, er war eines von nur sechsunddreißig CDU -Mitgliedern aus der Rheinprovinz, die zu Landtagsabgeordneten ernannt worden waren. Nordrhein-Westfalen hieß die Region, in der sie lebten, seit ein paar Monaten. Die Briten hatten Wort gehalten und den Landstrich mehroder weniger heil an die Deutschen zurückgegeben, sie hatten ein Land gegründet und eine Regierung eingesetzt. Rudolf Amelunxen war Ministerpräsident geworden, Heinrich kannte ihn aus seinen früheren Jahren im preußischen Abgeordnetenhaus, aber anders als Heinrich war Amelunxen nach dem Krieg nicht in die neu gegründete Christlich Demokratische Union eingetreten.
    »Er hat es richtig gemacht«, hatte sich Heinrich im Juli geärgert, »ich habe aufs falsche Pferd gesetzt!« Er hatte überlegt, ob er die Partei wechseln sollte, denn in der ersten Landesregierung war die CDU nicht vertreten gewesen. Adenauer hatte es vorgezogen, in die Opposition zu gehen. Letztlich aber war Heinrich Adenauer gefolgt, denn er glaubte daran, dass der gewiefte Politiker noch ein Ass im Ärmel hatte. Und nun schien seine Rechnung aufzugehen. Die CDU war im Landesparlament vertreten, und heute waren alle Abgeordneten erstmals in Düsseldorf zusammengekommen.
    Katty hatte inzwischen einen Führerschein gemacht, deshalb hatte sie Heinrich angeboten, ihn nach Düsseldorf zu fahren und zu warten, bis die konstituierende Sitzung vorüber sei.
    »So lange können wir Sie auf dem Hof nicht entbehren«, hatte er geantwortet. »Sie sind doch mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, da sind Sie mir auf Tellemann nützlicher. Und außerdem haben wir ja einen Fahrer.«
    Katty hatte kurz protestiert, denn sie hatte den Eindruck, sie habe mit der Verlobungsfeier einen nicht geringen Beitrag dazu geleistet, dass die CDU Nordrhein sich für Heinrich entschieden hatte. Schließlich hatte sie die führenden Politiker auf dem Tellemannshof königlich bewirtet. Lang genug hatte es bis zur Verlobung ja auch gedauert, dachte sie jetzt und fragte sich, ob die Wahl Anna Marias vielleicht doch ein Fehler gewesen war. Nach dem sehr angenehmen gemeinsamen ersten Treffen hatte diese nämlich, für Katty und Heinrich völlig überraschend, Ende Februar eine Ehe mit Heinrich Hegmann abgelehnt. Als Katty sie fragte, was sie denn zu dieser Meinungsänderung bewogen hätte, führte diese den großen Altersunterschied zwischen Heinrich und ihr an.
    »Vierundzwanzig Jahre, mein Gott, das hat auch etwas Gutes«, beschwor Katty die Freundin. »Du wirst deinen Mann im Griff haben und außerdem sind die reiferen Männer die vernünftigeren. Ich bitte dich, du bist doch kein Kind mehr. Den edlen jungen Ritter kriegst du in deinem Alter nicht mehr.« In diesem Moment fing Katty einen Blick zwischen Anna Maria und ihrem Bruder auf und verstand, dass der Altersunterschied nur vorgeschoben war. In Wahrheit ging es um die Mitgift, die ihr Bruder nicht zu zahlen bereit war, wie Anna Maria ihr unter Tränen gestand, als sie allein waren.
    »Mach dir keine Gedanken darüber, Kind. Herr Hegmann heiratet dich nicht des Geldes wegen. Ich bin sicher, er wird sich mit deinem Bruder einigen können. Freu du dich einfach auf die Ehe und sag Ja, wenn Heinrich Hegmann um deine Hand anhält«, beschwichtigte sie ihre Freundin, und Anna Maria nickte dankbar. Und so schlug Katty Heinrich vor, den Pfingstmontag für die Verlobung zu wählen, einen Monat später könne man dann die Feierlichkeiten ausrichten. Ein perfekter Zeitpunkt. Katty und Heinrich fuhren also

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