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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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beendet …«
    »… aber sie wollen doch jetzt bitte nicht sagen, dass das ein Verdienst dieser lächerlichen Demonstranten ist. Das haben wir Adenauer und Kohl zu verdanken. Ich bitte Sie, Sie sind doch ein kluger junger Mann! Wissen Sie eigentlich, dass Adenauer hier auf dem Hof war und die CDU gegründet hat?« Katty war nicht mehr zu bremsen, Paula lehnte sich im Sessel zurück, da unterbrach Gertrud ihre Schwester.
    »Jetzt übertreib nicht, Katty. Er hat hier nicht die Partei gegründet, er war einfach nur zu Besuch. Und auch nicht ständig. Zwei Mal, wenn deine früheren Erzählungen der Wahrheit entsprechen.«
    Hoffentlich geht jetzt nicht gleich der Streit wieder los, dachte Paula, die Blöße würden sich die beiden hoffentlich nicht vor einem Journalisten geben. Zum Glück schien es, als würden sie sich gerade noch zusammenreißen. Katty gab Gertrud recht, prahlte aber trotzdem mit ihrer Nähe zu den großen Politikern der damaligen Zeit.
    »Also, egal wie oft er da war, immerhin waren wir ihm so wichtig, dass er 1965 noch zu Heinrichs achtzigstem Geburtstag höchstpersönlich ein Telegramm geschickt hat. Ebenso wie der Bundespräsident. War das nicht ein wunderbares Fest, Gertrud, sag mal ehrlich. Und genauso werden wir am Sonntag deinen Geburtstag feiern. Nur dass der Kanzler nicht kommt, aber wer weiß, vielleicht gratuliert er ja schriftlich.« Paula war erleichtert, ihre kleine Schwester hatte die Kurve wider Erwarten elegant genommen. Die Stimmung blieb gut, die Jubilarin stand im Mittelpunkt, wo sie hingehörte, und dennoch hatte Katty ganz geschickt ein paar Köder für den Journalisten ausgelegt, der sie auch brav schluckte.
    »Erzählen Sie mir von diesem Fest, Frau Franken«, bat Wollentarski Katty, und die gab der Bitte mit offensichtlichem Vergnügen nach.
    »Heinrich Hegmann war ein berühmter Politiker. Er kannte den späteren Bundeskanzler schon aus der Zeit vor dem Krieg. Genauso wie Heinrich Lübke. Alle zusammen haben 1932für die Zentrumspartei im Preußischen Landtag gesessen und sich nach dem Krieg wiedergefunden. Als die CDU gegründet wurde, gelang es Heinrich Hegmann, die Bauern hinter sich zu versammeln, deshalb war er bis zu seinem Tod Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Als er 1965 seinen achtzigsten Geburtstag feierte, da war natürlich was los hier in Wardt. Dieser Hof reichte gar nicht aus, deshalb wurde vor der Tür noch ein großes Festzelt aufgebaut.« Katty holte kurz Luft und diesen Moment nutzte Paula, um den Hegmann-Elogen ein Ende zu bereiten.
    »Werden wir am Sonntag auch ein Festzelt haben, Gertrud? Der Aufmarsch zu deinem Geburtstag dürfte ungefähr genauso groß sein, nicht wahr, Katty?«
    »Selbstverständlich«, antwortete die, »ich rechne mit dem Spielmannschor aus Xanten, dem Feuerwehrkorps aus Lüttingen, und der Kirchenchor aus Wardt wird natürlich vollzählig antreten. Aber die bekommen alle nur ein Glas Sekt gereicht. Damals war das anders«, schaffte ihre Schwester es erneut, zu ihrem Lieblingsthema zurückzukehren. »Heinrich hat Wert darauf gelegt, dass jeder mitverköstigt wurde. Und so gab es über fünfhundert Gäste, die zur rheinischen Kaffeetafel gebeten wurden, darunter viele Würdenträger, Landespolitiker. Erinnert ihr euch noch an die Rede von Minister Lauscher, die war großartig.«
    »Ja, ein bisschen zu schmeichlerisch vielleicht«, ätzte Gertrud, »und als der Landtagspräsident mit dem Glückwunschtelegramm von Heinrich Lübke ankam, na da hatte der Herr Hegmann aber die Welt im Döschen.«
    Paula kam sich nun doch wieder vor wie der Schiedsrichter bei einem Boxkampf. Sie musste dem ein Ende bereiten.
    »Katty, dir ist hoffentlich klar, dass du morgen wieder etwas Ähnliches zustande bringen musst. Statt in der Vergangenheit zu schwelgen, sollten wir lieber das Fest planen.«

    »Lass dich überraschen!«, antwortete Katty selbstgewiss. »Wir werden Gertrud schon gebührend feiern.«
    »Na, Sie scheinen ja legendäre Feste zu geben auf dem Tellemannshof«, ließ sich der Journalist amüsiert vernehmen.
    »Das kann man wohl sagen. Warten Sie, Herr Wollentarski«, Katty sprang auf, »ich hole Ihnen schnell einen Zeitungsartikel von damals. Natürlich hat die Rheinische Post ausführlich berichtet.« Katty kramte in einer kleinen Holzschatulle und kam triumphierend mit einem Stück Zeitung zurück.
    »Da, lesen Sie, hier steht es: Polizeibeamte wiesen den Besuchern den Weg über die schmale Dorfstraße bis an den Hof, den

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