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Wir sind Gefangene

Wir sind Gefangene

Titel: Wir sind Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Polizeikommissar ...«
    Der Druckereibesitzer starrte in die leere Luft und klapperte. Wir machten verstörte Gesichter. Alles stockte einen Augenblick an mir. Erst als ich jetzt auf einmal das maliziöslächelnde Gesicht des Buchdruckers sah, wandte ich den Kopf schnell herum und sah Pegu an.
    »Wie heißen Sie denn?« wiederholte der stark gebaute Kriminaler herrischer und maß mich. »Graf.«
»Und Sie?« fragte er Pegu.
    »Graf.« Für alle Fälle hatte ich ihm meine Invalidenkarte gegeben. »Sind Sie denn Brüder?« fragte der Kriminaler ungläubig.
    »Nein ... Ich heiße Oskar Maria Graf und dieser Graf-Berg«, antwortete ich schnell, bereute aber meine Ungeschicklichkeit schon wieder. Pegu stand immer noch da wie eine Bildsäule.
    »Ja, das wird sich ja gleich rausstellen ... Sie haben mitzukommen«, sagte der Polizist im Bewußtsein seiner Überlegenheit und hob warnend seine Hand, reckte den Zeigefinger: »Ich mach' Sie drauf aufmerksam, fliehen Sie nicht, sonst müssen wir von der Waffe Gebrauch machen ...«
    Daraufhin nahm er das Manuskript zu sich, wir mußten, jeder an der Seite eines Kriminalers, hintereinander hergehen.
»Adjö«, sagte der starke Mann zum Buchdrucker.
»Adjö«, sagte der ebenso.
    »Adjö«, rief ich auf einmal mit gespielter Unbekümmertheit. Keine Antwort. Wir waren ja auch schon draußen. Auf der Straße stießen wir auf Schorsch, der auch verhaftet worden war. Wir wechselten Blicke, und weiter ging es durch die januarsonnigen Straßen. Die Leute gafften. Wir drei schauten alle zu Boden oder in die Luft, geradeaus, nicht nach links und nicht nach rechts, und jeder hing seinen Gedanken nach. Am Ärmel hielt uns der jeweilige Kriminaler. Plötzlich auf dem Lenbachplatz gab Pegu dem seinen einen festen Stoß, murrte halb erstickt auf und jagte wie ein Irrsinniger von dannen. Einen Augenblick blieb alles bestürzt stehen, mein Polizist hielt mich derber, und von allen Seiten schrie es: »Halt'sn auf! Halt'sn auf!« Der kleine Kriminaler lief, was er konnte, über den Platz. Leute rannten. Wir trotteten weiter.
    »Na, das Bürscherl kriegt man gleich wieder«, brummte der Starkgebaute neben mir. Ich machte ein völlig unbeteiligtes Gesicht, aber in mir tobte und jagte es. Saus! Saus! Überrenne einfach alles, schlag' jeden tot, nur saus, saus! schoß immer mächtiger durch mich, je näher wir dem Polizeigebäude kamen. Toll von diesem Wunsch schlug mein Herz. Aber auf einmal - mir riß es geradezu den Kopf herum - tauchte Pegu an der Seite des kleinen Kriminalers auf. Den Hut hatte er verloren, Schweißperlen glänzten auf seiner hohen Stirn, ein wenig lächelte er, schnaubte wie ein gehetztes Pferd und schaute mit seltsam unruhigen Augen auf mich. Wir mußten warten. »Nicht gelungen!« stieß Pegu heraus und mir galt es.
    »Weg da! Maul halten!« knurrte der kleine Polizist und schob meinen Genossen voraus. Den sogenannten Achterring hatte er um Pegus Arm geklemmt und drehte ihn von Zeit zu Zeit. Ich sah deutlich das Blut rinnen. Das Fleisch hing weg.
    Wir betraten endlich das Polizeigebäude. Es ging über steinerne Treppen, durch lange, halbdunkle Gänge, bis wir in einem Zimmer mit vielen Aktenstellagen landeten. Es war sehr heiß hier. Der starkgebaute Kriminaler setzte sich, nahm einige Protokollblätter, während der Kleine und noch einige um uns standen, uns ausgriffen und alles, was wir in den Taschen trugen, abnahmen. Der Starkgebaute sah meine Papiere durch. Ich streifte Pegu mit einem hastigen, beredten Blick. Er schien nicht zu verstehen und schaute verstört drein. Ab und zu versuchte er ein klein wenig zu lächeln. Ich schaute nach Schorsch. Der hatte eigentlich nur ein ungemütliches Gesicht.
    »So, also leugnen Sie nit lang ... Wie heißen Sie?« fragte der Protokollierende Pegu. Der zögerte. Man schien nur für ihn Interesse zu haben.
    »Herr Gla-aser oder ... Sie kommen aus Berlin, ja?« Pegu schwieg noch immer. Der Protokollierende wandte sich an den kleinen Polizisten, welcher sich jetzt über ein Papier beugte und absichtlich deutlich sagte: »Guttfeld heißt er, Kaufmann ist er und aus Berlin.« »Haben Sie das gewußt?« fragte der Protokollführer mich unvermittelt.
    »Ich ...?« stotterte ich und ärgerte mich über meine Bestürzung, nahm mich mehr zusammen. »Ich ...? Der ist zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob ich kein Zimmer für ihn weiß ...«
    »Ob Sie gewußt haben, wie er heißt, sind Sie gefragt«, fuhr mich der Polizeimann an.
Ich hatte

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