Wir sind Gefangene
eine solche Stelle gehabt.«
»Dann müssen Sie es eben lernen«, sagte der Major kurz und entließ mich. Ich ging hinunter, legte mich auf meine Matratze und las weiter. Peperl kam und fragte: »Bist du sein Diener?«
Ich nickte. Peperl lachte, machte aber sogleich wieder ein ernstes Gesicht und meinte wohlwollend: »Das ist ja nicht so schlimm, wenn man den Major zu nehmen versteht. Ein feiner Posten! ... Brauchst den ganzen Tag nichts tun.« Ich hingegen war ganz anderer Meinung. Gleich fing ich zu räsonieren an: »So! ... Warum hat's denn dann keiner gemacht, wenn's so schön ist?! ... Das mach' ich nicht lang, für das garantier' ich. Glaubt ihr vielleicht, ihr könnt mich strichen?«
Das Peperlgesicht wurde zornrot: »Soll ich vielleicht den Diener machen?! Ich kann doch nichts dafür, wenn ich vom Leutnant den Befehl erhalte.«
»Geh-geh-geh!« sagte ich höhnisch und drehte mich um: »Ihr seid lauter falsche Schufte!« Schon sprang Peperl auf und pustete: »Mach's anders! Mich geht's nichts an! Ich will dir nichts!« »Ist schon gut, schon gut«, höhnte ich und vertiefte mich in mein Buch, »wirst ja sehen, wie schnell ich kein Majorsdiener mehr bin!« Das gab dem Herrn Unteroffizier Peperl den Rest. Er rannte auf und davon und schlug die Türe mit aller Gewalt zu. Der Offizierskoch kam nach einer Weile und sagte, ich müßte ihm helfen. Ich ging mit ihm in die Küche hinauf. Er zeigte mir das Servieren. Dann kamen die Herren zum Essen und die Sache begann. Ich war sehr datterig, vergoß die Suppe, streifte mit dem Ärmel beim Hinüberreichen ins Gemüse und war hilflos dieser diffizilen Arbeit gegenüber. »Ich bin doch Trainsoldat und Stallknecht! ... Den Rössern kann ich das Fressen geben, ja, aber nicht diesen Idioten! Was hab' ich mit solchem Zeug zu tun!« zeterte ich beim Koch. Das war ein biederer Klempnermeister aus Berlin, den nichts aufregte. Er schnitt ein Stück Fleisch ab und stellte es mir hin: »Friß Mensch! Nur immer mit der Ruhe! Nur die Ruhe!« Ich aß und schwieg.
»Morgen wird verladen«, sagte Peperl, »die Offiziere fahren heut' schon weg. Du mußt mit dem Major ins Auto.«
»Nett! Nett so was!« brummte ich und ging wieder zum Koch. Der Major sah zur Küchentüre herein und rief mich. Ich folgte ihm in sein Zimmer.
»Packen Sie meine Sachen zusammen und machen Sie sich fertig«, befahl er griesgrämig und sah mir zu. Das machte mich zitterig und ärgerlich, aber was ließ sich dagegen machen. Als ich den Koffer fertig hatte, setzte er sich an den Schreibtisch und schrieb.
»Und dann meine graue Kaffeekanne suchen Sie mir in der Küche«, sagte er, mir den Rücken zugewendet.
»Befehl, Herr Major«, sagte ich beflissen und verschwand in die Küche. Ich hatte nicht verstanden, weil ich überhaupt nicht richtig hinhörte und nur immer gleich »Befehl, Herr Major« sagte. Und nun ging das Suchen an. Endlich hatte ich das, was ich verstanden hatte. Es war eine graue Azetylenlaterne. Ich trat wieder in das Zimmer meines Herrn und sagte, die Laterne hinhaltend: »Befehl, Herr Major!«
Der schlug die Hände über dem Kopf zusammen: »Ich habe doch gesagt, die graue Kaffeekanne!« Er sah mich groß an. Ich stand schweigend und verdummt da.
»Geh'n Sie hinunter! Ich kann Sie nicht brauchen«, brummte er sodann. Ich machte eine ungeschlachte Wendung und ging zur Tür hinaus. Damit war meine Dienerschaft erledigt. Ich war wieder das fünfte Rad am Wagen unseres Stabes.
Wir kamen nach Lyda. Als wir dort einzogen, kam es zu einem wütenden Zusammenstoß zwischen Peperl und mir. Von da ab waren wir lange bittere Feinde. Ich sollte ein Schloß zum Vorhängen suchen, konnte es aber nicht finden. Peperl kam und kam immer wieder und drohte schließlich: »Paß auf! ... Also Graf, wennst das Schloß nicht herbringst, muß ich's melden!« Aufdringlich rückte er mir zu Leibe und da riß mir die Geduld. Ich warf zuletzt dem Herrn Unteroffizier alles hin, was mir in die Hände kam, bedrohte ihn aufs schimpflichste und rannte ihm mit dem gezogenen Bajonett nach. »Abstechen tu' ich dich, Hund, Schuft, elendiger!« brüllte ich und er lief wie ein Hase. Gerade noch kam er in den Wagen und schrie aus dem Coupefenster: »Das kostet dich Festung, paß auf!«
»Meinetwegen stellt ihr mich an die Wand!« brüllte ich wutschlotternd und ging in meinen Viehwagen zurück.
Wir fuhren durch ödes, schützengrabendurchfurchtes Land und hielten in Waca. Das war ein Schloß und etliche Häuser. Ein Weiher
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