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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Maniok (ein Mehl aus einer Wurzelknolle), Erdnüsse, Süßkartoffeln und weiße, zarte Yamswurzeln. Schließlich gab er eine Holzflasche mit scharfem, unbekanntem Schnaps hinüber. Dr. Cartogeno riß den Mund auf und kratze sich am Kopf.
    »Sie bieten Ihnen Essen an«, sagte er. »Bei allen Kolibris, sie meinen es ernst mit der Freundschaft! Nie hat ein Indianer den Gast getötet, dem er einmal sein Essen anbot! Auch Sapolàna nicht.«
    Umari stand vor Peter Perthes und sah ihn groß an. Mit freundlichem Nicken griff der Deutsche zu, nahm gleich eine der Yamswurzeln und biß hinein. Sie schmeckte wie eine Kartoffel, nur mehliger und zäher. Dann nahm er auch einen kleinen Schluck von dem scharfen Schnaps.
    In Umaris Augen stand jetzt die Freude. Er redete, mit beiden Armen durch die Luft fahrend, über den Dolmetscher auf Dr. Perthes ein, der jetzt sah, daß Umari um den Leib einen schmalen Gürtel aus geflochtenem Menschenhaar trug. An diesem Gürtel hingen drei Schrumpfköpfe, faustgroß, braunrot, mit platten Nasen und wulstigen Lippen, und schaukelten hin und her. Als Umari jetzt lachte, sah man, daß er jeden zweiten Zahn gewaltsam herausgebrochen haben mußte. Die Lücken entstellten sein Gesicht sehr. Peter Perthes besann sich, einmal gelesen zu haben, daß sich die Indianer am Amazonas diese Zahnlücken beibringen, weil sie glauben, damit die Dämonen, die zentralen Figuren ihrer Religion, verscheuchen zu können.
    Der Dolmetscher nickte. »Herr«, sagte er übersetzend, »Sapolàna ist vergiftet. Seit drei Monaten stehen die Taràpas im Kampf gegen die Jívaros am oberen Maranon. Bei einem Kriegszug gegen die Unterstämme Aguaruna, Makas, Atschual und Uambisa traf ihn ein Blasrohrpfeil in den Oberschenkel. Jetzt liegt er in seiner Hütte, und Sapolàra, der Medizinmann, weiß keinen Rat. Die Götter schweigen, und auch Nungüi, die Erdmutter, hat sich abgewendet. Es regieren nur die Dämonen. Sapolàna ruft Euch, ihm zu helfen!«
    Dr. Cartogeno murmelte etwas in seinen Bart. Auch Perthes sah Umari kritisch an. »Wo liegt Sapolàna denn?« fragte er vorsichtig.
    »In den Wäldern von Amorua.« Dr. Cartogeno suchte auf der Karte und blickte erstaunt auf.
    »Das sind vier Tagereisen«, meinte er zweifelnd. »Wenn Sapolàna wirklich von einem Giftpfeil getroffen wurde, ist er längst bei seinen Dämonen, ehe wir kommen.«
    Umari schien den Sinn dieser Worte verstanden zu haben. Er sprach wieder mit dem Dolmetscher, und dieser wandte sich dann an Peter Perthes.
    »Der Große Häuptling ist seit Wochen krank. Er ist mit seinem dicken Fuß drei Wochen lang vom Maranon bis nach Amorua gezogen. Seine Krieger sind seit einer Woche schon unterwegs, um Euch zu suchen. Der Große Häuptling hat erfahren, daß Ihr ein großer Medizinmann seid.«
    Dr. Perthes zögerte noch. Auch Dr. Cartogeno war der Ansicht, daß man der Menschheit einen größeren Gefallen erweise, Sapolàna an seinem Giftpfeil sterben zu lassen, als ihn zu retten und damit die Möglichkeit zu geben, weiterhin das gesamte Urwaldgebiet zu tyrannisieren.
    Peter Perthes faltete die Karte zusammen, auf der er den Weg nach Amorua überprüft hatte. »Dr. Cartogeno«, sagte er schließlich, »wir sind Ärzte. Es ist unsere Pflicht, einem Kranken, der uns ruft, zu helfen – ohne zu fragen, wer er ist! Ein Mensch in Not gilt hier nur, und es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, sie zu lindern. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob der Kranke in einem Daunenbett auf der fünften Avenue oder auf einem Palmblätterlager unter einem Lianendach liegt.«
    Und zu dem Dolmetscher gewandt, sagte er: »Ich lasse Sapolàna grüßen. Sage Umari, daß wir sofort zu ihm fahren.«
    Kaum hatte der Dolmetscher diese Antwort übersetzt, als Umari einen lauten, schrillen Schrei ausstieß, der vom Ufer erwidert wurde.
    Aus der grünen Blätterwand brachen plötzlich über hundert Taràpas und schwenkten, sich wie Affen an Lianen und Wurzelgestrüpp festklammernd, ihre Speere, Blasrohre und die mit Tukanfedern verzierten Pfeilköcher. Von allen Seiten dröhnten erneut die Baumtrommeln, und es schien, als wandere ihr Klang weiter, durch die Wälder, über die Flüsse … mit Windeseile über Gebiete von der Größe Deutschlands.
    »Sie geben die Nachricht weiter«, erklärte Dr. Cartogeno. »In wenigen Stunden weiß Sapolàna, daß wir kommen.«
    Über den Fluß kamen einige Kriegskanus gerudert. Mit sechs bis zehn Kriegern bemannt, glitten sie schnell über das Wasser und

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