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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rechts und links vom Cuno Nacuri, dem Rio Padavida und dem Rio Chamusiqueni liegen, gehören zu den wenigen Landstrichen dieser Erde, die auf allen Karten noch weiß sind. Unbewohnt, unerforscht, nur aus der Luft gesehen … Ein riesiges Land mit undurchdringbaren Wäldern, Lianenhecken, giftigen Blumen, Sümpfen und mit Tieren, die noch in keinem Buch beschrieben wurden.
    Nur die Indios, Stämme unter der Oberherrschaft der Taràpas, Urmenschen im Aussehen, in der Entwicklung des Geistes und der Kultur weit zurück, durchstreiften auf geheimnisvollen Pfaden diese Fieberhölle. Sie waren die unumstrittenen Herren von Ländern, deren Bodenreichtum sagenhaft sein soll. Die Höhenzüge Raudal Alto, in denen der Cuno Nacuri entspringt, sehen wie ein moosiger Rücken inmitten eines wogenden grünen Teppichs aus, wenn man sie überfliegt.
    An einer Biegung, geschützt durch überhängende Felsen, lagen im Cuno Nacuri drei Boote, eng an das steinige Ufer gepreßt. Dr. Cartogeno, noch braungebrannter als zuvor, mit einem struppigen Spitzbart unter den schmalen Lippen, lag am Bug des kleinen Rindenkanus und hielt das Gewehr im Anschlag. Er visierte das etwa fünfzig Meter entfernte andere Ufer an, wo der Wald bis in das Flußwasser reichte und Hecken, die im Wasser wuchsen, den Beginn des eigentlichen Erdufers verdeckten.
    Dr. Perthes lag am Heck des Bootes und gab leise Anweisungen an die Träger, die ebenfalls in den großen Booten auf dem Boden lagen und Schutz hinter Kisten gesucht hatten. Der indianische Dolmetscher war der einzige, der aufrecht stand. Zitternd schwenkte er ein weißes Tuch und rief in einer merkwürdig guttural klingenden Sprache immer wiederkehrende Worte zu dem anderen Flußufer hinüber.
    Auf der anderen Flußseite aber war keine Bewegung zu sehen, jedoch Dr. Cartogeno wußte, daß dort in den Dickichten die Krieger der Taràpas saßen und jede Bewegung in den Booten beobachteten. Vor einer Viertelstunde war die Expedition an dieser Stelle angelangt, und hier war es, daß ein roter Pfeil Peter Perthes nur um Millimeter verfehlte und in die Bootswand eindrang.
    »Sapolàna!« schrie der Dolmetscher und warf sich zu Boden, das Ruder fallen lassend. Auch Perthes und Cartogeno suchten Deckung hinter zwei kleinen Kisten, doch da dem Pfeil kein zweiter folgte, ließen sie das Boot gegen den überhängenden Felsen treiben und dirigierten die beiden Packboote gleichfalls dorthin.
    So bildeten sie, im Rücken gegen einen Überfall geschützt, eine kleine Festung, die nur vom Ufer oder von der Wasserseite aus anzugreifen war, von den Verteidigern aber gut übersehen werden konnte. Dr. Perthes kroch über den Boden des Bootes zu Dr. Cartogeno hin und legte sich neben ihn. Auch er trug jetzt einen dichten, blonden Bart und war von der Sonne verbrannt. Sein weißer Tropenanzug war gelb geworden, fleckig und an einigen Stellen zerrissen. Er trug kein Hemd, sondern nur die Jacke über der bloßen Brust.
    »Sehen Sie etwas?« fragte der Deutsche den kolumbianischen Arzt. »Mir scheint, der Pfeil sollte nur eine Warnung sein, darum traf er auch nicht.«
    »Möglich!« Dr. Cartogeno zerkaute einen Fluch. »Verlassen Sie sich darauf: Die nächsten Giftstachel sitzen besser!«
    »Sie denken an einen regelrechten Überfall?«
    »Das ganze Ufer sitzt voller Indios. Weil man nichts hört und sieht, ist es doppelt gefährlich. Es würde mich nicht wundern, wenn sie gleich kämen. Bricht erst die Dunkelheit herein, so sind wir sicher. Die Angst der Indios vor ihren Nachtgeistern verhindert, daß sie bei Dunkelheit angreifen. Das ist wenigstens ein schwacher Trost.«
    »Dann werden wir in der Nacht ablegen und weiterrudern.« Peter Perthes schaute durch einen Feldstecher und suchte das Ufer ab. »Ich sehe keinen Zweig, der sich bewegt.«
    »Verlassen Sie sich darauf, sie sind da!« Dr. Cartogeno hüstelte. »Wir hätten in San Juan bleiben sollen oder umkehren! Unser Dolmetscher hatte recht, die Trommeln sind der Sammelruf für die umliegend hausenden Stämme. Jetzt ist der ganze Urwald in Aufruhr; jetzt stecken wir mitten drin!« Er blickte Peter Perthes an. »Können Sie schwimmen?«
    »Ja.«
    »Sind Sie schon einmal in einen Strudel gekommen?«
    »Nein!«
    »Dann seien Sie froh! So ein Strudel ist jetzt um uns herum. Da gibt es kein Zurück mehr. Hören Sie?«
    Der dumpfe Ton einer Baumtrommel erklang ganz nah. Sie klang so nah, daß Dr. Cartogeno vermutete, daß sie hinter den Uferbäumen stehen mußte. Sie klang

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