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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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eigentlich stammelte.
    Sie hatte eines ihrer Stofftiere bei Tessa im Haus vergessen. Einen kuscheligen Kater namens Murr, den Tante Lilian ihr geschenkt hatte, als sie drei war. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie Murr allein im Dunkeln zurückgelassen hatte und dass »diese Kerle« wiederkommen und ihm womöglich weh tun könnten.
    »Es geht ihm gut«, beruhigte ich sie. »Niemand wird zurückkommen – sie haben schon alles genommen, was sie haben wollten.«
    »Aber das weiß er doch nicht«, antwortete sie und schüttelte den Kopf. »Er hat ganz doll Angst.«
    Ich versprach, ihn am nächsten Morgen zu holen, doch sie wollte sich gar nicht beruhigen und beharrte weiter darauf, dass sie unbedingt zu ihm müsse, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Es schnürte auch mir langsam die Kehle zu. Sie hatte schon so viel verloren, und ich diskutierte mit ihr über eine solche Kleinigkeit. Eines der wenigen Dinge, die ich ihr tatsächlich geben konnte.
    »Einverstanden«, sagte ich. »Ich fahr ihn holen. Es dauert nur ein paar Minuten.«
    »Aber er kennt dich doch nicht«, erwiderte sie. »Und ich will nicht, dass du ganz alleine fährst. Es ist so dunkel.«
    Inzwischen hatten wir auch Tessa aufgeweckt. Als sie ins Zimmer schaute, um nachzusehen, was los war, gab es noch mehr Gejammer und weitere Tränen, und schließlich endete das Ganze damit, dass wir alle drei ins Auto stiegen und uns auf den Weg machten, um eine Stoffkatze zu retten. Das schien in dem Moment irgendwie die einfachste Lösung. Keine von uns hatte richtig darüber nachgedacht.
    Mitten in der Nacht und nur im Licht der Scheinwerfer wirkte die Stadt unheimlich. Es fing keinerlei Farbe ein, sondern verwandelte alles nur in gespenstisches Grau. Und dort, wo der Lichtschein nicht hinkam, lag die Welt in tiefstem Schwarz.
    Meredith hielt es nicht alleine auf dem Rücksitz aus, und ich dachte, zum Teufel mit der Verkehrssicherheit, und ließ sie vorne auf meinem Schoß sitzen. Sie schlang mir die Arme um den Hals und schmiegte sich an mich. Ich beobachtete Tessa dabei, wie sie durch die Nacht fuhr, und es fühlte sich gut an, jemanden zu haben, auf den man sich verlassen konnte.
    Ohne Strom konnten wir bei Tessa im Haus kein Licht anmachen, doch wir hatten noch die Taschenlampe im Wagen, die wir bei unserer Medikamentensuche in den Häusern benutzt hatten. Wir folgten ihrem schmalen Strahl ins Gästeschlafzimmer. Murr lag halb verborgen unter dem Nachttisch. Meredith schnappte ihn und drückte ihn ganz fest an sich.
    Schön, dachte ich. Dann können wir jetzt ja wieder schlafen gehen. Ich war mir nicht einmal ganz sicher, ob das Ganze nicht doch nur ein Traum war.
    Wir waren schon fast an der Haustür, als sich plötzlich eine Gestalt vor uns bewegte.
    Ich zuckte zurück und Meredith kreischte, während Tessa einfach lautlos stehen blieb. Die Gestalt kam näher, und Quentins Gesicht tauchte im Strahl der Taschenlampe auf, ganz mager und irgendwie gelblich. Er verströmte einen säuerlichen Geruch – wie jemand, der sich lange nicht gewaschen hatte. In der rechten Hand hielt er etwas Glänzendes. Ein Messer.
    »Was um Himmels willen hast du vor?«, fragte ich ihn. Der Strahl der Taschenlampe zitterte, genau wie meine Hand, die die Lampe hielt.
    Quentin blinzelte uns an und nieste dann dreimal.
    »Ach«, antwortete er mit rauer Stimme. »Ihr seid’s bloß.«
    »Du bist krank«, sagte ich und schob Meredith hinter meinen Rücken.
    »Warum bist du hier in unserem Haus?«, fragte Tessa barsch.
    »Sie hätten mich sonst erschossen«, antwortete er. »Ich wollte mit Kaelyn sprechen. Aber es war keiner da, also dachte ich, ich warte. Das war … ist schon eine ganze Weile her.« Er sah mich vorwurfsvoll an und fügte hinzu: »Hast dir ja echt Zeit gelassen.«
    Wir hatten keine Lebensmittel zurückgelassen. Ich fragte mich, was er wohl gegessen hatte. Falls er überhaupt etwas gegessen hatte. Ob er wohl Wasser in Flaschen mitgebracht hatte? Oder hatte er etwa einfach welches aus dem Hahn getrunken, ohne es vorher abzukochen? Er machte einen schwankenden Schritt zur Seite, und es kam mir fast so vor, als wäre er nicht nur an dem Virus erkrankt. Vielleicht war es auch gar nicht das Virus.
    »Du gehörst in die Klinik«, sagte ich.
    Quentin schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall«, erwiderte er und hustete. »Zu viele Kranke da, wer weiß, was ich mir da einfange.«
    »Du hast dir schon was eingefangen«, antwortete ich. »Da versuchen sie

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