Wir sind verbannt (German Edition)
den ich immer trage, wenn ich bei Meredith bin, und ihn über den Türgriff hängte. Nachdem ich ein bisschen Zeit gewonnen hatte, indem ich mir supergründlich die Hände wusch, beschloss ich, lieber schnell ihren Imbiss fertigzumachen, bevor sie allzu unruhig wurde.
Als ich die Treppe herunterkam, blickte Gav von der Couch im Wohnzimmer zu mir hoch. »Kaelyn«, sagte er, »wozu sind die denn?«
Er hielt einen Stapel zerknitterter Blätter in der Hand. Ich brauchte einen Moment, um sie zu erkennen. Die ganzen Tabellen, die ich im Krankenhaus gezeichnet hatte. Ich hatte sie in der Schublade des Couchtischs verschwinden lassen. Als ich mich neben ihm auf dem Sofa niederließ, kam er zu mir herübergerutscht, so dass unsere Beine sich berührten.
»Ich habe die medizinischen Daten der Leute, die gesund geworden sind, mit denen von einigen anderen verglichen, die es nicht geschafft haben«, erklärte ich ihm. »Ich wollte rausfinden, wie sie sich voneinander unterscheiden.«
»Aber du hast nichts gefunden?«, fragte er.
»Doch, eigentlich schon«, antwortete ich. »Es war bloß nichts, was die Ärzte irgendwie hätten nutzen können.«
Ich erzählte ihm von dem Fieber und dass es von fast dem gleichen Virus ausgelöst worden war. »Wenn du krank wirst, produzierst du Antikörper, verstehst du?«, sagte ich. »Um die Krankheit abzuwehren. Deshalb hatte ich schon zusätzliche Antikörper in mir, die das mutierte Virus angreifen konnten, wenigstens ein paar. Mehr als andere Leute.«
»Darum sind diejenigen, die gesund geworden sind, weniger gefährdet als der Rest von uns«, sagte Gav und nickte. »Weil ihr schon die richtigen Antikörper habt, um das Virus abzuwehren, wenn ihr noch mal mit ihm in Berührung kommt. Das hast du mir schon erzählt, als du drauf bestanden hast, dass unbedingt du die Leute ins Krankenhaus fährst.«
»Ja«, antwortete ich. »Bloß dass das mit der Immunität nur funktioniert, solange das Virus sich nicht verändert. Wenn es wieder mutiert, so wie das Grippevirus …«
Wir saßen eine Weile da und dachten über diese schreckliche Vorstellung nach. Dann betrachtete Gav die Blätter und sagte: »Schade, dass sie nicht einfach ein paar von deinen Antikörpern nehmen und sie jemandem geben können, der sie braucht.«
Ich machte den Mund auf, ohne dass etwas herauskam. Mein Puls raste plötzlich wie wild. Ich hatte darüber gelesen, vor vielen Jahren, in einem Kinderbuch über Beiträge, die Tiere zur Wissenschaft leisten können, aber erst als er es aussprach, fiel es mir wieder ein. Die Geschichte mit den Ärzten, die einem Pferd eine ganz bestimmte Virenart gespritzt hatten, damit es entsprechende Antikörper produziert. Und anschließend hatten sie diese Antikörper benutzt, um Menschen zu heilen, die sich mit diesem Virus angesteckt hatten.
Wenn man so eine Methode bei einem Pferd anwenden konnte, warum dann nicht auch bei mir?
Doch kaum war es mir in den Sinn gekommen, wusste ich, dass es zwecklos war. Wenn ich auf eine solche Idee kam, hatten die im Krankenhaus es bestimmt schon vor einer Ewigkeit getestet. Ob das Verfahren wohl nicht funktioniert hatte? Aber warum nicht?
»Ich muss mit meinem Vater sprechen«, sagte ich.
Gav folgte mir in die Küche. Dad stand über die Spüle gebeugt und begutachtete den Anschluss, den er an den Wasserhahn geschraubt hatte. Er hatte den Hahn gerade aufgedreht und ein Strahl Wasser, vielleicht ein kleines bisschen weniger braun als vorher, lief heraus. Dummerweise strömten auch eine Menge winziger Rinnsale aus der Stelle, wo der Anschluss festgeschraubt war.
Dad runzelte die Stirn und drehte das Wasser wieder ab. »Deine Mutter war in solchen Dingen immer besser als ich«, stellte er fest.
»Da«, sagte Gav. »Ich glaube, ich weiß, wo das Problem liegt.«
Daraufhin trat Dad einen Schritt zu Seite und ließ ihn den Anschluss befestigen. »Dad«, sagte ich, während er sich die Hände an einem Geschirrhandtuch abtrocknete, »Gav hat mich auf eine Idee gebracht.«
Ich wiederholte unsere Unterhaltung über Antikörper und die Geschichte von dem Pferd. »Das habt ihr versucht, stimmt’s?«, fragte ich, und als er nickte, erkundigte ich mich: »Und was ist passiert?«
Er verzog das Gesicht. »Wir hatten mit diesem Verfahren ein paar Erfolge bei anderen Fällen, bei denen unbekannte Viren eine Rolle spielten«, antwortete er. »Als es unserem ersten gesundeten Patienten gut genug ging, um ihm ohne Risiko Blut abzunehmen, verabreichten wir
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