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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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Dad überhaupt jemals gebeten hat, irgendwas mit ihm gemeinsam zu machen, seit die Sache mit seinem Lover aufgeflogen ist. Also stand Dad auf und kramte die Handschuhe heraus.
    Ungefähr zur selben Zeit flog einer dieser Hubschrauber vom Fernsehen über unsere Köpfe hinweg, tief genug, dass ich den Kameramann erkennen konnte, der von oben auf uns herabglotzte. Meredith schaute hinauf und verzog das Gesicht wegen des Lärms.
    »Was machen die da?«, wollte sie wissen.
    »Nachsehen, wie es uns geht«, antwortete ich und unterdrückte den Drang, ihnen meinen Mittelfinger vor die Linse zu halten. Sie kommen her und machen ihre Aufnahmen, um anschließend gleich wieder zurück aufs Festland abzuschwirren, als würden sie irgendein Sportevent filmen und nicht das wahre Leben der Menschen. Ich hoffe, sie lassen auf dem Rückflug aus Versehen ihre Kameras ins Meer fallen.
    Um Meredith und mich abzulenken, hatte ich eine Tüte Erdnüsse besorgt, um sie ein paar Eichhörnchen zuzuwerfen, die sich über den Zaun geschlichen hatten.
    »Hörst du das eine da plappern?«, fragte ich Meredith. »Es versucht dem anderen zu sagen, es soll verschwinden, weil das sein Garten ist. Aber das andere weiß genau, dass es nur blufft, und schleicht sich weiter heimlich über den Zaun, sobald das erste ihm den Rücken kehrt. Sieh mal, da ist noch eins, das mitbekommen hat, dass es hier was zu fressen gibt.«
    Ich redete weiter über Eichhörnchen, bis ich langsam ganz heiser wurde, und kramte jedes Detail aus meiner Erinnerung, das ich jemals über diese Tiere gelernt oder mir während meiner Beobachtungen zusammengereimt hatte. Immerhin schien Meredith sich irgendwie zu amüsieren. Und Dad und Drew warfen den Ball hin und her, der jedes Mal mit einem satten Rums auf den Handschuh traf.
    Und dann fing das Schreien an.
    Zuerst dachte ich, es sei wieder einer der Nachbarn, irgendwer weiter unten an der Straße. Meine Stimme stockte mitten im Satz, doch ich sprach weiter. Dann wurde das Geschrei ein wenig lauter, so dass man hier und da ein Wort verstehen konnte. Dad erstarrte. Er ließ seinen Baseballhandschuh aufs Gras fallen und rannte ins Haus.
    Meine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt, Drew sah mich erschrocken an, und Meredith schnappte nach Luft. Wahrscheinlich wurde uns allen in exakt demselben Augenblick klar, dass es Mom war.
    Einen Moment lang wurde ihre Stimme ganz schrill. »Nein, ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!«, schrie sie. Dann war sie still. Wir warteten und lauschten. Kurz darauf, nach etwa der Zeit, die Dad benötigte, um sie die Treppe herunterzuschaffen, nachdem er ihr was auch immer für ein Medikament gegeben hatte, um sie ruhigzustellen, hörten wir den Wagen anspringen.
    »Wo bringt er sie hin?«, flüsterte Meredith.
    »Ins Krankenhaus«, antwortete Drew. »Wo die Ärzte damit weitermachen, völlig nutzlos zu sein.« Damit schleuderte er seinen Handschuh gegen den Zaun, und die Eichhörnchen sprangen erschrocken in alle Richtungen davon.
    Meredith begann zu weinen. Ich schlang die Arme um sie und zog sie näher an mich heran. »Das darfst du nicht sagen«, schimpfte ich Drew.
    »Wieso denn nicht?«, erwiderte er. »Etwa weil es stimmt? Warum sollen wir nicht darüber reden, was hier wirklich abläuft? Die komplette Insel geht gerade hops, und es sind schon Wochen vergangen, und sie haben immer noch null Plan, was sie dagegen tun können! Wer von uns wird wohl der Nächste sein?«
    Er stapfte wütend ins Haus, und Merediths Weinen verwandelte sich in kleine Schluchzer. Ich hielt sie, so fest ich konnte, im Arm und versuchte, meine eigenen Tränen wegzublinzeln. »Alles wird gut«, sagte ich. »Alles wird gut.« Obwohl ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, wie irgendetwas jemals wieder gut werden soll.

22. Oktober
    Ich habe den gestrigen Abend überstanden. Irgendwie war ich ganz steif und durchgefroren, so mechanisch habe ich alles erledigt, aber ich habe es geschafft, Meredith zu beruhigen, uns Abendessen zu kochen und uns ins Bett zu bringen. Und selbst als das Licht aus war und Meredith leise vor sich hin atmete, erlaubte ich mir nicht zu weinen. Ich hatte Angst, wenn ich erst einmal anfinge, könnte ich nicht mehr aufhören und würde sie wecken.
    Was soll das mit der Heulerei auch bringen? Ich weiß ja, dass ich traurig bin. Wozu soll irgendwer anders es auch noch mitkriegen?
    Dad ist die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Beim Frühstück verkündete Drew, er würde jetzt ins

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