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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Gegenstände zwei wichtige Funktionen. Auf der einen Seite dienen sie dazu auszutesten, inwieweit man den eigenen Willen durchsetzen kann. Ein Kind ist vielleicht nur bereit, Klamotten anzuziehen, die es selbst ausgesucht hat. Oder es bekommt einen Schreikrampf, weil der Papa die Packung mit den bunten Stickern nicht kaufen will. Auf der anderen Seite haben Gegenstände auch eine wichtige Schutzfunktion. Auf dem Spielplatz weit von der Mutter wegzugehen oder sogar einen ganzen Vormittag allein im Kindergarten zu verbringen, kann gehörig Angst machen. Da ist es gut, ein Stofftier oder die Schmusedecke dabeizuhaben.
    Dass man heute über die Bedeutung von weichen, beschützenden Gegenständen so viel weiß, ist insbesondere einem Mann zu verdanken: dem Kinderarzt und Psychoanalytiker Donald Winnicott. 1896 in Plymouth als jüngster Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren, konnte der Engländer das wohlhabende Elternhaus genießen, litt aber unter der selbstauferlegten (und hoffnungslosen) Aufgabe, die depressiven Stimmungen der Mutter durch kindliches Wohlverhalten aufzuhellen. Vielleicht waren es diese schmerzhaften Erfahrungen, die ihn später zu einem ausgezeichneten Beobachter von Kindern machten.
    Im Laufe seiner vierzigjährigen Tätigkeit in einem Kinderkrankenhaus und einer eigenen Praxis betreute er über 60000 kleine Patienten. Dem Therapeuten fiel dabei auf, dass viele Kinder einen weichen Gegenstand wie eine Decke, ein Stofftier oder ein Kleidungsstück als ständigen Gefährten erwählten. Insbesondere in schwierigen Situationen, beim Einschlafen, wenn sie auf sich allein gestellt waren oder es eine fremde Umgebung zu erkunden galt, schien er wie ein Rettungsanker zu wirken und ihnen zu helfen, ihre Ängste und Verlassenheitsgefühle besser zu ertragen. Für manche Kinder schien der erkorene Gegenstand regelrecht lebensnotwendig zu sein. Fehlte er oder wurde er geringfügig verändert – beispielsweise weil die Eltern beschlossen, die klebrige und streng riechende Kuscheldecke müsse nun endlich mal gewaschen werden –, waren sie oft über Stunden nicht zu beruhigen.
    Auf der Basis seiner Beobachtungen entwickelte Winnicott den Begriff des Übergangsobjektes ( transitional object ), der in der Kinder- und Entwicklungspsychologie große Bedeutung erlangte. Ein Übergangsobjekt ersetzt die Mutter (oder eine andere enge Bezugsperson) und hilft dem Kind, in ihrer Abwesenheit Kontakt zu ihr zu halten. Aber es ist mehr als nur ein simpler Stellvertreter. Eine Schmusewindel oder einen Teddy kann das Kind knautschen und malträtieren wie es will und seine Fantasien und Machtgelüste ausleben; anders als Eltern oder der Babysitter werden sie sich niemals beschweren. Es ist ein Objekt, das ein Kind als zu ihm gehörend erlebt. Gleichzeitig hat es aber auch eine eigene Existenz (es hat beispielsweise die Fähigkeit zu wärmen) und erhält deshalb oft einen Namen.
    Empirische Untersuchungen belegen, wie verbreitet Übergangsobjekte sind. In westlichen Ländern zeigen 50 bis 80 Prozent aller Kinder, egal ob Jungen oder Mädchen, eine tiefe Verbundenheit zu einem kuscheligen Gegenstand. Die kulturelle Komponente scheint allerdings stark zu sein. In Ländern wie Korea, Indien, Israel, Gabun oder der Türkei kommen Übergangsobjekte wenig, nur bei westlich orientierten Familien beziehungsweise gar nicht vor, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Die Liebe zu Schmusedecke & Co. fängt typischerweise im Laufe des ersten Lebensjahres an, erreicht mit zwei Jahren einen gewissen Höhepunkt und nimmt bis zum vierten oder fünften Geburtstag ab. Mit sieben Jahren dann haben die meisten Kinder ihre tiefe Bindung an die ehemals unverzichtbaren Dinge überwunden – sofern sie nicht gerade Linus heißen wie der sanftmütige Freund von Snoopy und Charlie Brown.
    Überhaupt lässt während der Kindergarten- und Grundschulzeit die extreme Fixierung auf Dinge etwas nach. Das Kind bekommt nicht mehr gleich einen Weinkrampf, wenn der Lieblingsteddy fehlt und ist bereit, ein Spielzeug auch schon mal einem Freund oder einer Freundin zu überlassen. Aber auch in diesem Lebensabschnitt stellen Gegenstände ein wichtiges Hilfsmittel bei der Entwicklung von Identität und Selbstbewusstsein dar.
    In den Kindergartenjahren stehen »das Machen«, die Fantasie und das Spiel mit anderen im Mittelpunkt. Mit zunehmender Unabhängigkeit eröffnen sich vielfältige Aktivitätsmöglichkeiten. Matschschlachten veranstalten, Burgen aus Stühlen, Besen

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