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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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gehört es zum guten Ton, jederzeit erreichbar zu sein. Andernfalls riskiert man vom Informationsfluss abgeschnitten und zum Außenseiter zu werden. Modelle, genaue Ausstattung, Apps und Klingeltöne werden intensiv diskutiert. Auch die Anzahl der gespeicherten Telefonnummern und die Zahl der Anrufe, SMS und Mails, die man erhält, sind wichtige Gesprächsinhalte der Jugendlichen, denn sie sind ein Indikator für die eigene Popularität. Aber der Gebrauch ist bei Weitem nicht auf telefonieren, mailen und simsen beschränkt. Zunehmend dienen die Geräte auch dazu, Musik zu hören, zu »gamen« und Fotos und Filme zu machen.
    Ein Handy ist nicht gerade ein kuscheliger Gegenstand. Dennoch sehen es Psychologen als ganz neue Art von Übergangsobjekt an, eine digitale Schmusedecke für Jugendliche sozusagen. Die These, dass auch im Jugendalter materielle Objekte die Ablösung von den Eltern erleichtern, ist nicht neu. Doch durch das Handy hat sie eine viel größere Relevanz erhalten.
    Wenn junge Leute heute die Welt erobern, sind die Eltern praktisch immer in der Hosen- oder Handtasche dabei. Für jüngere Jugendliche, das zeigen Befragungen, gehört es mittlerweile dazu, sich regelmäßig telefonisch bei den Eltern zu melden, egal ob sie mit Freunden unterwegs oder nur auf dem Weg in die Schule sind. Für beide Seiten bringt das gewisse Vorteile: Die Jugendlichen schätzen es, bei den Eltern zwischendurch Sorgen und Ärger abzuladen und in Zeiten längerer Abwesenheit – Klassenfahrten, Dienstreisen – Kontakt mit ihnen zu halten. Die Eltern können sich jederzeit nach dem Wohlergehen von Sohn und Tochter erkundigen oder diese bei überschrittenen Ausgehzeiten nach Hause zitieren. Die Möglichkeit der Fernaufsicht veranlasst manche Eltern sogar dazu, dem Nachwuchs mehr Freiheiten einzuräumen und sie länger und weiter von zu Hause weggehen zu lassen.
    Auch wenn junge Leute das Elternhaus endgültig verlassen, beispielsweise weil sie eine Lehrstelle in einer anderen Stadt annehmen oder zum Studium gehen, erleichtert das Handy es, verbunden zu bleiben. Solange man am neuen Ort noch niemanden kennt und sich von den Schwierigkeiten der neuen Lebenssituation überfordert fühlt, tut es einfach gut, die vertrauten Stimmen der »alten Herrschaften« zu hören.
    Mancher scheint es allerdings mit dem Kontakthalten zu übertreiben. So gibt es junge Leute, die wegen jeder Kleinigkeit die Nummer der Eltern wählen. Egal ob es um Krach in der WG, einen tropfenden Wasserhahn oder die Steuererklärung geht, Väter und Mütter werden von ihrem Nachwuchs über jedes Problemchen informiert. Und sie lassen sich oft nicht lange bitten, die Angelegenheiten der »Kinder« zu regeln. Professoren und Ausbilder klagen, sie würden immer öfter von besorgten Eltern angerufen, um über vermeintlich unfaire Noten oder ungünstige Klausurtermine zu reden. In einer amerikanischen Studie mit Erstsemesterstudenten kam heraus, dass diese durchschnittlich 10 , 4 mal pro Woche die Eltern anriefen. Das sind ein bis zwei Gespräche jeden Tag! Ein Drittel der Studenten wünschte sich sogar noch mehr Kontakt. Die Telefonitis blieb nicht ohne Folgen: Studenten, die mehr als drei wöchentliche Gespräche mit den Eltern initiierten, schnitten bei psychologischen Tests zu Autonomie und emotionaler Unabhängigkeit schlechter ab als Wenigtelefonierer. Manche Psychologen und Pädagogen betrachten das Handy mittlerweile schon als »virtuelle Nabelschnur«, die das Selbständigwerden von jungen Leuten ungesund lange verzögert.
    Zu viel Konsum im Kinderzimmer?
    Gegenstände fördern die Entwicklung von Kindern und Teenagern auf vielfältige Weise. Doch kann, wie das Beispiel Handy zeigt, zu viel auch schädlich sein. In dem Film Babys gibt es eine Szene, in der die kleine Japanerin Mari in ihrem Kinderwagen durch einen Spielzeugladen in Tokio gefahren wird. Es ist einer jener Superstores, in dem sich zahllose überquellende Regale aneinanderreihen, wie es sie auch hierzulande gibt. Die Kleine weiß kaum, wohin sie den Blick zuerst wenden soll. Die Augen sind weit aufgerissen, der Mund steht offen. Man kann nicht umhin, ihr ungläubiges Staunen als Zeichen von sinnlicher Überflutung und Überforderung anzusehen. Im Vergleich dazu scheinen der kleine Namibier Ponijao und das Mongolenbaby Bayarjargal in einer angenehm überschaubaren Welt aufzuwachsen, fast ohne Spielsachen und nur mit wenigen Besitztümern.
    Vielleicht ist der Gegensatz zwischen der

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