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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte, etwas von Billi zu erfahren.
    Ziegen hatte noch ein Bürozimmer in der ersten Etage, er sah übernächtigt aus. Klapproth war auf Dienstreise gewesen und erzählte völlig begeistert bei Kaffee und Cognac von einem Besuch in einem Polizeigefängnis im Saarland.
    »Und was hast du für mich, Peter König?«, begann der Oberkommissar ohne Einleitung.
    Ziegen war hellwach. Wacher als sonst. Selbst Klapproth hatte sein Grinsen gegen den angespannten Blick des Jägers eingetauscht. Sie waren wie elektrisiert und an allem interessiert, was sich in der Stadt tat. Ziegen, dem schon mal das Hemd aus der Hose gehangen hatte oder die Hosenträger von den Schultern gebaumelt waren, trug jetzt immer ein Jackett. Und Paul wusste, dass er eine geladene Pistole in einem Schulterholster dabeihatte. Ihre Schritte auf den Fluren klangen metallischer, härter.
    Plötzlich wusste Paul: Die Verbrecher waren verwundbar. Man konnte sie drankriegen. Er musste sich zusammenreißen, sonst hätte er angefangen zu lachen bei dieser Erkenntnis. Ziegen musste es bemerkt haben. Er sah Paul entgeistert an und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Paul konnte nicht anders. Er strahlte ihn an.
    »Peter, Peter«, knurrte Ziegen. »Ein bisschen mehr Einsicht in den Ernst der Lage habe ich von dir aber doch erwartet. Oder freust du dich auf den Endsieg?«

    BASTIAN
    BEHIELT
    DAS PORTAL der Bezirksstelle im Auge. Vor dem Haus war ein schmales Rasenstück. Neben der Einfahrt stand eine Laterne. Direkt unter ihr hatte er das Auto geparkt und war ausgestiegen.
    Die Nachmittagssonne strahlte und tauchte die eine Hälfte der Straße in gleißendes Licht. Er hatte den Wagen umrundet, so getan, als würde er nach den Reifen sehen. Das war das Zeichen für Ralle. Der kam aus einer Seitenstraße und ging in das Amt.
    Sie hatten es auf Reiselebensmittelmarken abgesehen. Otto hatte langsam für seine Leute nichts mehr zu beißen und Reiselebensmittelkarten sollte es hier reichlich geben. Mit denen konnte man überall einkaufen. Ralle hatte seine Waffe dabei. Sie hatten genau beobachtet, wann sie eindringen und gefahrlos die Marken entwenden könnten. Eigentlich sollte die Sache schnell erledigt sein.
    Bastian wartete immer angespannter. Er hatte schon zweimal liebevoll den Kühler des DKW getätschelt und sich eine Zigarette angezündet. Er sah sich um. Ging alles glatt, würden sie gleich über den Militärring davonbrausen. Ralle sollte in Ehrenfeld aussteigen und zwischen den Trümmern verschwinden. Er würde den Wagen in das Versteck fahren und unterwegs etwas Gas geben. Er lächelte zufrieden vor sich hin. Im Augenblick konnte er nichts erkennen, was sie in Schwierigkeiten bringen könnte. Die Straße lag ruhig da. Weit und breit war niemand zu sehen. Innerlich hätte Bastian jubeln können. Alles schien so einfach. Wenn sie nichts falsch machten, konnte eigentlich nichts passieren.
    Bastian sah auf die Armbanduhr, dann setzte er sich wie verabredet hinter das Lenkrad und ließ den Motor an. Er hatte die Seitenscheibe des dunkelblauen DKW heruntergekurbelt, ließ einen Arm hinaushängen und spielte mit dem Gaspedal. Er trug eine hellgraue, wollene Schiebermütze und ein dunkles, dünnes Sakko mit schmalem Revers, darunter ein helles, kragenloses Hemd. Im Mundwinkel klebte eine Zigarette. Er sah in den Spiegel und fand, dass er auf eine geradezu unverschämte Weise gut aussah.
    Das Auto war wohl vor ein paar Tagen geklaut worden. Otto hatte es ihm gestern überraschend übergeben. Bastian tippte das Gaspedal sacht an und die 25 PS unter der Motorhaube brummten auf. Neunzig Sachen machte die Karre. Hatte er gestern ausprobiert. Was das Fahren anging, war er ein Naturtalent. Als er das erste Mal hinter das Steuer rutschte, zitterte er vor Aufregung. Doch dann fühlte er die Straße und das Vibrieren des Motors und wurde ruhig. Er horchte in die Maschine hinein und fand wie von selbst den richtigen Zeitpunkt zum Kuppeln und Schalten. Man musste Zwischengas geben. Ein Kinderspiel.
    Die Tür des Amtes wurde von innen aufgestoßen und Ralle kam in schnellem Schritt heran. Die Beifahrertür stand offen, Bastian ließ die Kupplung kommen und gab Gas, kaum dass er in den Wagen gesprungen war.
    »Alles klar«, sagte Ralle, hielt eine Aktentasche in die Höhe und zappelte einen Augenblick herum, bis sich seine Aufregung gelegt hatte und er sich selig grinsend zurücklehnte.
    Perfekt, dachte Bastian, gab Gas und bog auf

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