Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
den Militärring. Er hupte einen Radfahrer aus dem Weg. Auf der Venloer Straße wurde er ruhiger. Ralle kurbelte das Seitenfenster herunter und hielt seine Hand in den Fahrtwind. Am Grüngürtel zog er die Pistole aus dem Hosenbund und ballerte zweimal lachend in die Luft.
    Bastian fuhr hoch und schrie: »Spinnst du?«
    Gleichzeitig knallte der Wagen mit der Vorderachse gegen den Bordstein und schoss quer über den Bürgersteig in ein Gebüsch.
    Bastian fluchte: »Nimm die Knarre weg!« Dann rammte er den Rückwärtsgang rein und gab Gas. Der Motor heulte. »Mist«, fluchte er. »Wir sitzen fest.«
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Er sah Ralles gehetzten Blick. Aber er selbst saß einfach nur da. Das Auto stand still, doch der Motor lief. Es schien irgendwie in der Luft zu hängen. Bastian kam es vor, als wären sie allein. Auf der Straße, im Grüngürtel, in Köln. Als stünde die Welt still ...
    Plötzlich bremste auf der Straße hinter ihnen ein Wagen. Eine Trillerpfeife, laute Rufe und jede Menge andere Geräusche, die er nicht unterscheiden konnte. Ein einziges unzusammenhängendes Rauschen. Sein Herz schlug wie wild.
    Ihnen blieb nur noch zu rennen. Ralle vorneweg, Bastian hinterher. Instinktiv liefen sie auf Ehrenfeld zu, wollten hinein in die Trümmerlandschaft, dahin, wo sie sich auskannten und wo ihnen niemand so schnell folgen konnte. Sie rannten um ihr Leben.
    In einem freigelegten Durchgang zwischen zwei Schuttbergen verschnauften sie. Bastian stützte schwer atmend die Hände auf die Knie. Ralle war kalkweiß im Gesicht, er hielt sich die Seite und rang nach Luft. Hatten sie es geschafft?
    »Halt! Ihr da, keine Bewegung!«
    Hinter ihnen zwischen den Trümmerbergen sahen sie einen Mann in einer Uniform. Er saß auf einem Fahrrad, aber er hatte angehalten und seine Hand machte sich an der Pistolentasche an seinem Gürtel zu schaffen.
    Direkt neben Bastians Ohr knallte es plötzlich und der Mann fiel getroffen vom Fahrrad. Er lag auf dem Rücken und versuchte sich aufzurichten. Das Fahrrad kippte halb auf ihn. Das Vorderrad hing in der Luft und drehte sich. Der Mann am Boden stieß mit dem Fuß gegen das Rad. Die Hand nestelte immer noch an der Pistolentasche.
    Ralle sah Bastian an. Es war schwer, seinen Blick zu ertragen. Dann liefen sie in unterschiedliche Richtungen davon.
    Bastian überlegte nicht. Er schlug einen weiten Bogen um den Appellhofplatz. Noch bevor er die Hindenburgbrücke erreichte, spürte er die Gestapo hinter sich. Auf der Brücke bremste der Wagen neben ihm. Klapproth saß am Steuer.
    »Wäre besser, wenn du einsteigst, Frei. Ab jetzt bestimme ich das Ziel.«
    Bastian ging ungerührt weiter. Vor ihm, etwa auf der Mitte der Brücke, wartete die Feldgendarmerie. Unter ihm der Rhein. Er lehnte sich gegen das Brückengeländer und zog eine Zigarette aus der Packung. Der Wagen hielt und eine Tür wurde geöffnet. Dann stand Ziegen neben ihm und gab ihm Feuer. Klapproth wendete den Opel.
    »Das war es«, sagte Ziegen ruhig.
    So oder so, dachte Bastian. Er schnippte die Kippe in den Rhein und stieg ein.
    Tief im Westen ging die Sonne unter.

    PAUL
    SCHAUTE
    ÜBER die abendliche Wiese und atmete noch einmal den unerschütterlichen Frieden ein. Die violetten Schatten der Dämmerung senkten sich lautlos über die Felder ...
    Sie hatten Bastian. Dieser Satz hämmerte in Pauls Kopf. Das war der Anfang vom Ende.
    Er schaute noch einmal auf die sinkende Sonne und konnte es nicht fassen. Das passte doch alles überhaupt nicht zusammen. Es war der Natur offensichtlich völlig egal, was die Menschen auf dieser Welt trieben und wie es ihnen ging.
    »Sie haben Bastian!« Paul murmelte es immer wieder vor sich hin. Hennes hatte den Kopf gehoben und spitzte die Ohren. Im Sand auf dem Hof tschilpten zwei Spatzen zwischen vertrockneten Blättern.
    Fatz sah verstaubt und elend aus, wie er da stand. Er hatte die Nachricht überbracht. Er versuchte trotz allem ein Lächeln. Paul dachte an das, was in den letzten Wochen geschehen war. Er dachte an Franzi und hatte plötzlich das Gefühl, dass sie nie wirklich zusammenkommen könnten. Die ganze Welt war gegen sie. Das Glück, das er gefunden hatte, war nur eine Atempause gewesen.
    Er ging in den Stall, danach in seine Kammer. Fatz kam hinterher und schloss die Tür. Sie saßen am Tisch und sahen sich lange stumm an.
    »Sie haben alle. Bastian, Ralle und Otto. Eben alle. In Ehrenfeld hat es eine Schießerei gegeben. Es gab auch Tote. Ziegens Leute waren

Weitere Kostenlose Bücher