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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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erwartet.
    Paul rieb Hennes ab, tränkte ihn und gab ihm Futter.
    Lagusch öffnete den Sargdeckel. Die Schweigsamen wuchteten einige Jutesäcke auf das Fuhrwerk und Ralle räumte die Kiste voll. Als er fertig war, zog er die Augenbrauen hoch und tastete nach seiner Waffe. Die saß fest im Hosenbund.
    Die beiden Schweigsamen verdrückten sich. Zurück ließen sie einen Korb mit Butterbroten und eine Thermoskanne mit Kaffee.
    »Deck Hennes zu. Wir machen Pause«, knurrte Lagusch und goss Kaffee in die Becher.
    Paul setzte sich neben Ralle und stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen. »Mann, was ist los?«
    »Nicht jetzt«, murmelte Ralle. »Später.« Und starrte so seltsam in die Luft.
    Am frühen Nachmittag fuhren sie auf die Hohenzollernbrücke. Trüb stand der Himmel über Köln. Kein Fliegerwetter. Zwei Feldgendarmen kontrollierten sie. Einer hielt sich etwas entfernt, den Karabiner auf sie gerichtet.
    Ralle fummelte nach seiner Waffe, bis Lagusch ihn anraunzte. »Lass endlich deine Hose zufrieden. Mach lieber ein trauriges Gesicht. Im Sarg liegt euer Bruder. Ich bin euer Onkel. Überlasst das Reden mir.«
    Der andere Posten kam langsam näher und hob die Hand. »Papiere! Wo soll es denn hingehen?«
    Lagusch stieg vom Bock und wies mit dem Kopf auf die Ladefläche. »Auf Melaten. Gleich ist Beerdigung. Da drin liegt mein Neffe. Die beiden sind seine Brüder.«
    Der Posten ging um den Wagen herum. Ralle achtete darauf, dass die Kranzschleife gut lesbar war. Er wischte sich eine Träne aus den Augen. Mit der anderen Hand hatte er die Waffe gepackt.
    »Traurige Sache. Wie ist das passiert?«
    Lagusch stand auf und blickte den Mann an. »Jagdflieger, in Bonn-Hangelar auf dem Flugfeld stationiert. Da liegen die Flieger, die die Rheinbrücken schützen. Er war ein Held und ist verbrannt. Kein schöner Anblick. Die eigene Mutter hätte ihn nicht erkannt.« Lagusch machte eine Pause.
    Der Posten schaute in einer Mischung aus Langeweile und Diensteifer in ihre Papiere.
    Gleich fragen sie, dachte Paul, ob der Sarginhalt ohne Ausweis reist? Das konnte ja nicht gut gehen!
    »Wollen Sie ihn sehen?« Laguschs Frage kam genau im richtigen Moment.
    »Nee, nee«, sagte der Posten. »Will Sie nicht unnötig aufhalten. Sie haben Kummer genug. Heil Hitler.«
    Lagusch knallte die Hacken zusammen und hob die Hand.
    Ralle wischte sich den Rotz von der Nase.
    Paul sagte: »Hüh.«
    »Armes Schwein«, murmelte der Posten.
    »Schwein gehabt«, flüsterte Paul.
    »Wieso gehabt?«, murmelte Lagusch. »Es gehört uns.« Lagusch grinste breit.
    Der graue Himmel wurde noch dunkler. Schwarze Wolken zogen heran. Es begann zu regnen.

    PAUL
    HÄNGTE
    DAS Zuggeschirr an den Wandhaken und wischte das Zaumzeug trocken. Hennes schüttelte seine tropfnasse Mähne. Komisches Pferd, dachte Paul. Manchmal benahm es sich wie ein Hund.
    Er lauschte in den Stall hinein und hörte, dass jemand durch die Rückwand kroch. Schade, dachte Paul, er hatte sich so auf Franzi gefreut, aber auf Franzi allein.
    Fatz stand im Gang und wischte sich die Regentropfen aus dem Gesicht. Er zog die patschnasse Jacke aus und hängte sie an einen Wandhaken. Die Tropfen perlten ab, sammelten sich zu einer Pfütze auf dem Dielenboden und versickerten zwischen den Bretterritzen. Hotte und Freddie lagen auf dem Bett und lauschten dem Radio. Sie hatten den Ton so leise gestellt, dass sie mit dem Ohr am Lautsprecher kleben mussten.
    »Scheißwetter«, fluchte Fatz. »Außerdem hab ich schlechte Nachrichten.« Das Regenwasser tropfte aus seinen Haaren. Er strich sich eine lange Strähne hinter das Ohr und nahm dankbar den Tee, den Franzi ihm reichte.
    Hotte winkte und legte den Zeigefinger auf den Mund.
    »Nee«, sagte Fatz. »So wichtig kann die BBC nicht sein. Sie haben Bastian ins Wehrertüchtigungslager gesteckt. Ist schon in Vogelsang. Er konnte nicht Bescheid sagen, wäre zu gefährlich gewesen. Sie sind hinter ihm her. Die wollen uns alle.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Paul. Er legte den Striegel auf die Boxentür und steckte seinen Kopf durch die Tür.
    »Von seiner Mutter«, sagte Fatz. »Ich war heute bei ihr. Am Bunker ist ja keiner mehr. Ich wollte wissen, was los ist.«
    Hotte sprang auf und stapfte zum Scheunentor.
    »Warte, Hotte, das ist noch nicht alles«, rief ihm Fatz hinterher. »Frau Frei hat seit drei Monaten keine Post von ihrem Mann bekommen. Ich glaube, sie rechnet mit allem.«
    Hotte stand am Scheunentor und sah hinaus in den strömenden Regen. »Wenn

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