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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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nichts. Noch nicht. Aber was half es. Er musste einen kühlen Kopf bewahren. Bastian setzte sich. Die bleierne Müdigkeit war verschwunden.
    »Und wenn die Gestapo mich beobachtet? Vielleicht haben sie einen Spitzel in der Gärtnerei.«
    »Ihr dürft der Gestapo keine Gründe liefern. Die wissen doch, wer ihr seid und was ihr treibt. Lass alles, wie es ist. Triff dich mit Paul. Sucht euch einen Platz, wo sich niemand in eure Nähe traut.«
    »Am liebsten würde ich jetzt sofort in die Gärtnerei fahren. Aber du hast recht. Alles der Reihe nach. Erst Ford , dann Paul. Gib du Hotte Bescheid. Er wird sich kümmern. Wir machen das nicht zum ersten Mal, Mama.«

    SIE
    WAREN
    ALLEIN. Der Obmann stand von seinem Schreibtisch auf und streckte ihm die Hand entgegen. Doch Bastian behielt seine Hände im Hosenbund.
    »Das mit deinem Vater tut mir leid.«
    Bastian starrte Mahlmann nur an.
    Mahlmann versuchte es wieder. »Du gibst mir nicht einmal die Hand? Nach allem, was ich für dich getan habe?«
    Bastian konnte und wollte nicht. Jetzt nicht mehr.
    »Ganz, wie du willst.« Mahlmann zog seine Hand zurück. Er sah sie kurz an, als wüsste er nicht, wohin damit. Dann legte er sie auf die Tischplatte und stützte sich darauf.
    »Das wird keine Predigt. Dafür ist es zu spät. Ich sage es dir nur der Ordnung halber und damit du endlich kapierst, woran du bist. Ich habe versucht, dir Brücken zu bauen. Wenn du nicht für uns bist, dann bist du gegen uns. Wenn dir ein Tritt nicht reicht, geht es nur mit der harten Tour.«
    Mahlmann ging um den Tisch herum und sah Bastian eindringlich an. »Die Entscheidung liegt alleine bei dir. Du gehst weiter zur Berufsschule, alle zwei Wochen und machst im Frühjahr deine Facharbeiterprüfung. Wie du das hinkriegst, ist deine Sache. Erst mal gehst du in den Osteinsatz. Deine Schicht beginnt montags bis samstags morgens um sechs Uhr und endet abends um sechs Uhr. Du meldest dich jeden Morgen pünktlich bei deinem Vorarbeiter. Du folgst seinen Anweisungen. Der Werkschutz hat ein Auge auf dich. Wenn du deinen Arbeitsplatz verlässt, meldest du dich ab. Wenn du pinkeln willst, meldest du dich ab. Die Ausbildungsstätten darfst du nicht mehr betreten. Du packst hier oben deine Brocken zusammen. Die HJ legt keinen Wert mehr auf dich. Sie betrachtet dein Verhalten im Wehrertüchtigungslager als disziplinlos und deine Haltung als staatsfeindlich. Du stehst unter Aufsicht der Gestapo. Beim geringsten Verstoß landest du im Jugendschutzlager. Und davor bewahre dich Gott. Und jetzt raus mit dir. Heil Hitler.«
    Bastian ließ den Schwall von Worten an sich abprallen. Immer das Gleiche: Härte und Strafe und eiserne Konsequenzen. Etwas anderes konnten die nicht. Er merkte, dass seine Augen flatterten, kniff sie zusammen. Er sah Mahlmann noch einmal an. Der hatte schon den Telefonhörer in der Hand, als Bastian die Tür hinter sich schloss.
    Frericks stand in seinem Rücken und wippte auf den Fußspitzen. Das Leder seiner Stiefel quietschte. Bastian räumte seinen Spind leer. Er hatte schlimme Tage hinter sich und in der letzten Nacht noch schlecht geschlafen. Im Augenblick war Gähnen wahrscheinlich am wenigsten angebracht. Doch jetzt bekam er einen regelrechten Gähnkrampf. Sein Kiefer knackte, und er spürte, dass Frericks der Kamm schwoll. Das Ledergequietsche hörte abrupt auf.
    »Spielst du jetzt hier auch noch den Clown?« Die Stimme war messerscharf. »Dich sollten sie einen Kopf kürzer machen.«
    Bastian drehte sich um und sah Frericks kühl an. »Halt bloß die Klappe, Mann.«
    Bastian wusste, Frericks hatte sich verrechnet. Sie waren nämlich allein. Das war für sich genommen schon ein schlimmer Fehler. Und er hatte seine Peitsche nicht in der Hand. Das allerdings war unverzeihlich.
    »Hat sich nicht rumgesprochen, was ich mit der HJ -Fresse auf Vogelsang angestellt habe? Das war eine kurze und blutige Angelegenheit. Also, was hast du vor?«
    Frericks kochte vor Wut, trat aber einen Schritt zur Seite, verschränkte die Arme und nickte in Richtung Tür. »Raus mit dir«, sagte er tonlos. »Dir werde ich noch die Flötentöne beibringen. Verlass dich drauf.«
    Die nächsten Stunden verbrachte Bastian damit, die Rampe unter den Verladekränen an der Kaimauer zu fegen. Der Werkschutz ließ ihn nicht aus den Augen. Am Ende der Rampe hinter der Halle A lag das eingezäunte Barackenlager der Ostarbeiter. Am Kai hatte ein Lastkahn festgemacht. Die Ladeluken standen offen. Kiste um Kiste verschwand im

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