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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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beleuchteten Ruderhaus und winkte zu ihm herüber. Sie hatte einen Haarknoten und einen roten Schal. Bastian nahm die Hand aus der Hosentasche und winkte zurück. Das Schiff war rasch vorbeigezogen und hielt auf Leverkusen zu. Auf einem der vertäuten Kähne an den Spundwänden im Hafenbecken kläffte ein Hund.
    Ein Posten lehnte am Prellbock des Gleises. Er sah auf seine Armbanduhr und trottete dann zum Ende der Halle, wo der Stacheldrahtzaun an das Verladegelände stieß. Er hielt sein Gewehr in der Hand und stellte sich breitbeinig vor das eiserne Gittertor im Zaun. Zwischen den Baracken regten sich schemenhaft Gestalten. Trillerpfeifen ertönten und laute Kommandostimmen waren zu hören. Die Ostarbeiter formierten sich zu Reihen und Kolonnen. Eine Stimme zählte laut ab.
    Zwischen den Waggons bewegte sich ohne Hast eine Gestalt. Bastian erkannte Jupp. Er langte mit beiden Armen auf einen Güterwagen und zog einen Kasten, groß wie ein Reisekoffer, herunter und schleppte ihn zur Kaimauer. Er stellte ihn direkt an der Kante ab. Und während Bastian noch darüber nachdachte, was Jupp da trieb, sah der sich kurz um und dann kippelte er den Kasten mit dem Fuß in den Fluss. Das Wasser spritzte kurz auf. Jupp stopfte die Hände in die Tasche und rauchte.
    Das eiserne Schiebetor zum Lager ging quietschend auf und die Trupps der Ostarbeiter wurden von SS-Leuten herausgeführt. Männer des Werkschutzes nahmen sie in Empfang und marschierten mit ihnen in die Halle, der Vorarbeiter an der Spitze. Bastian sah sich um. Jupp war verschwunden.
    »Dich hätte ich ja beinahe vergessen.« Eine Stimme sprach ganz nah an seinem Ohr. Bastian zuckte erschrocken zusammen. Der Mann im Kittel stand neben ihm. Er hatte den Leisetreter nicht gehört. Aber so ist das. In der einen Minute denkst du nichts Böses und in der nächsten zerrt so ein kleiner grauer Kläffer an deinem Hosenbein.
    »Was gibt es denn da zu grinsen? Na ja, pünktlich bist du ja. Sieh zu, dass das so bleibt. Gab mal wieder Scherereien mit den Russen. Die kommen einfach nicht aus den Federn.« Er zuckte die Achseln und machte Bastian ein Zeichen, ihm zu folgen. Vor einem Glaskäfig an der Stirnseite der Halle standen wartend vier Männer. Sie trugen einheitliche Lagerkleidung aus grobem grauem Drillich, auf den das Ostarbeiterabzeichen genäht war.
    »Das sind deine«, sagte der Vorarbeiter. »Morgen bekommst du andere. Gewöhne dich nicht an die da. Wir wechseln sie täglich. Nur Befehle, kein Rumgequatsche, keine Freundlichkeiten, keine Zigaretten, nichts zum Fressen. Die brauchen Härte, dann spuren sie.«
    In der Halle war es so kalt wie draußen. Nur das Lagerbüro war beheizt. Zutritt nur für Deutsche stand über der Tür. Bastian ging hinein. Ein langer Tresen teilte den Raum. Hinter dem Tresen waren Tische zusammengeschoben. An der Kopfseite, dem Fenster zur Lagerhalle gegenüber, befand sich eine lange Bank. Auf ihr lungerten zwei Werkschutzleute dösend herum. Auf den Tischen lagen ein Koppel und eine Armeepistole, Zeitungen, Kartenspiele und Essgeschirr. Bastian legte seine Hände auf das Holz des Tresens.
    Ein Werkschutzmann stand auf und wies ihn mit einer knappen Handbewegung an, zurückzutreten. »Hier drinnen hast du nur etwas zu suchen, wenn ich es dir sage. Kannst du dir das merken?« Der Vorarbeiter schob ihn an den Schultern von dem Tresen weg. Erst jetzt sah Bastian den weißen Strich auf dem Fußboden.
    »So ist es brav«, sagte der Graukittel. »Immer schön Abstand halten. Hinter der Linie wird es lebensgefährlich.« Er grinste zu den Werkschutzmännern hinüber, klappte das Brett für den Durchgang hoch, griff unter den Tresen und zog ein Klemmbrett heraus. Mit dem Zeigefinger winkte er Bastian zu sich.
    »Jetzt darfst du«, sagte er. »Das hier ist eine Ladeliste.« Er zeigte auf das Klemmbrett. »Steht alles drauf, was du wissen musst.« Er tippte auf die Liste. »Hier steht es: Ersatzteile für Lkws. Da steht der Bestimmungsort. Berlin. Hier die Zugnummer. Hier der Waggon. Die drei Russen da draußen kennen sich aus. Ihr holt euch das Zeug, das auf der Liste steht, mit einem Rollwagen oder einer Sackkarre zusammen, verpackt es ordentlich und ladet es in den richtigen Waggon. Der Zug geht heute Nachmittag ins Zweigwerk Berlin-Plötzensee. Steht alles in den Papieren. Du bist verantwortlich. Fehler werden bestraft. Die Russen wissen, was das bedeutet. Wenn du mit dieser Liste fertig bist, holst du dir die nächste. Wenn ihr zu langsam seid,

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