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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Zeigefinger kreiste ein Gebiet ein, das Paul nur zu gut kannte. Die Stecknadelköpfe hier waren rot.
    »Wir finden sie überall in Köln, aber mich interessieren diese hier.« Ziegen öffnete die Schreibtischschublade und holte einen Stapel Zettel heraus, der Paul merkwürdig vertraut vorkam. Seine Knie wurden weich und er stützte sich unauffällig auf den Schreibtisch.
    »Sie wurden in Kneipen in der Venloer Straße gefunden, in den Gesangbüchern der Friedhofskapelle, in Briefkästen, Toreinfahrten, am Takubunker. In der S-Bahn. Im Neptunbad. Sogar im Kino. Sie passen zu den Sprüchen, die uns diese Schmierfinken an die Wände malen. So etwas machen doch nur diese Edelweißpiraten.«
    Ziegen nahm einen der Zettel hoch und las: »Haut die braune Scheiße weg!, oder dieser hier: Nur ein toter Nazi ist ein guter Nazi. Manche sind sogar richtig poetisch: Drum tragen wir unser Leiden weiter mit Geduld, an der ganzen Scheiße sind wir selber schuld. Ein Volk, ein Reich, ein Trümmerhaufen. Der Schmierfink hält sich wohl für besonders clever, dabei tippt er an seinem Todesurteil.« Wütend warf er die Zettel zurück in die Schublade. »Und alle sind fein säuberlich auf ein und derselben Schreibmaschine getippt. Auf einer Adler. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir uns den Kerl schnappen.«
    »Wer schreibt nur so was?«, empörte sich Paul und hoffte, dass ihm die Vorstellung gelungen war. Seine Erschütterung war nicht gespielt und die Angst hatte ihn wieder fest im Griff. Er setzte sich auf einen Stuhl.
    »Genau das sollst du herausfinden«, sagte Ziegen, zündete sich eine Zigarette an und ließ sich schwerfällig auf der Kante des Schreibtisches nieder. »Bring mir die Schreibmaschine!«
    »Ich? Ich kenne niemanden mit einer Schreibmaschine. Und ich kenne auch keine Poeten.«
    »Nein, aber du kennst Bastian Frei. Der hat einiges auf dem Kerbholz. Über ihn wollen wir an Otto Steinkamp. In seinen Kreisen wird er Bomben-Otto genannt, weil er während eines Bombenräumkommandos geflüchtet ist. Hast du den Namen schon mal gehört? Ich bin sicher, da gibt es eine Verbindung zwischen diesem Frei und dem Steinkamp. Und du wirst sie mir liefern, Peter. Du wirst mir alles liefern.« Ziegen lächelte, doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen. »Du wirst dich regelmäßig bei mir oder bei Frau Jürgens melden. Egal, ob du etwas für mich hast oder nicht. Diese Bande werde ich mir nicht durch die Lappen gehen lassen. Verstanden?«
    Ziegen stand auf und öffnete die Tür. Für ihn war das Gespräch beendet.
    Als Paul in der Tür war, hielt Ziegen ihn an beiden Oberarmen fest. »Ich bin froh, dich in unseren Reihen begrüßen zu können, Peter König. Und lass dir die Haare wachsen. Du solltest aussehen wie einer von ihnen. Heil Hitler.«
    Eine Antwort erwartete er nicht mehr.
    »Heil Hitler«, schnarrte Paul und schlug absichtlich die Hacken so fest zusammen, dass es knallte.
    Er war schon im Korridor, als Ziegen ihn noch mal zurückrief. »Eine Sache noch ...« Er stand in der Tür mit einem Rucksack in der Hand. »Sagt dir der Name P. Stern etwas?«
    Paul sah den Rucksack an und schüttelte den Kopf. Es wird gefährlich, hätte er am liebsten durch die Zähne gepfiffen. Doch er wandte sich um und ging.

    DER
    LAUTSPRECHER
    ÜBER Pauls Kopf forderte dazu auf, an der Bahnsteigkante vorsichtig zu sein. Familie Frei und Opa Tesch reisten nach Pfronten ab.
    »Sag mal, Paul.« Elli zog ihn am Jackenärmel zu sich herab.
    Er kniete sich auf den Bahnsteig neben Ellis Koffer.
    »Gibt es Herrn Wutz eigentlich wirklich?«
    »Elli«, rief Paul und machte große Augen. Er tat erschrocken. »Wie kannst du so etwas nur fragen?«
    »Du denkst wohl, ich bin blöd!«
    »Das habe ich nie gedacht. Ehrlich, Elli.«
    »Da hast du aber Glück gehabt. Aber du hast gedacht, dass ich ein kleines Kind bin, oder?«
    »Also wirklich, Elli. Ich knie hier vor dir auf dem Bahnsteig des Kölner Hauptbahnhofs und sehe dir in die Augen. Du bist kein kleines Kind – aber ein kluges.«
    Elli strahlte und zwinkerte ihm zu. »Na gut, Paul. Dann sag jetzt mal endlich: Was ist mit Wutz? Und beeile dich! Der Zug kommt bald.«
    Ihre Stimme zitterte leicht. Und plötzlich fiel sie Paul um den Hals und weinte.
    »Ich kann dir die Frage nicht beantworten, Elli.« Paul räusperte sich und trocknete Ellis Tränen. »Es ist nämlich so ...«
    Ein herumwandelnder Wartender stolperte über Paul und entschuldigte sich wortreich. Paul stand auf, hielt aber Elli fest

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