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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
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mich auf ihn stürze. Was will er damit bezwecken?
    »Ach, und deine Ex! Was für ’ne scharfe Tussi; solche Yuppieweiber machen mich echt an. Wenn man sie auf allen vieren richtig rannimmt, flippen sie vor Geilheit total aus. Die Kleine, die du dir angelacht hast, ist aber auch zum Anbeißen. Wie gesagt, du bist ein echter Glückspilz. Du hast einfach alles.«
    Wenn jetzt nur jemand kommen würde. Das wäre meine Rettung. Dann könnte ich einfach pfeifend hinausgehen und auf eine bessere Gelegenheit hoffen.
    »Du hast es gesagt, Nummer Dreizehn: Ich bin der Chef. Und du verstößt gerade gegen sämtliche Regeln.«
    »Glaubst du das wirklich, Juanito? Dass du der Chef bist?« Hämisch lacht er auf. »Du hast die Nummer vom Alten doch nur gekriegt, weil der Sack drauf bestanden hat. Dabei weiß jeder, dass dir für die Nummer Drei das Format fehlt …«
    Er spricht über die FIRMA, als wüsste er Dinge, die ich nicht weiß. Vielleicht gehört das aber auch zu seiner Strategie.
    »Irgendwann, vielleicht heute, werden sie einem von uns befehlen, dich zu liquidieren. Womöglich habe ich diesen Befehl ja schon, Juanito.« Er lacht wieder auf. »Vielleicht bist du ja gleich mausetot. Na so was, ein Unfall! Juanito Pérez Pérez war ja ein netter Kerl, aber man muss schon total dämlich sein, um in einer so großen Dusche auszurutschen und sich dabei das Genick zu brechen …«
    Das reicht.
    » Inschallah «, zische ich – und seine Gesichtszüge entgleisen.
    »Wa… was sagst du da?«
    »Das weißt du doch. Inschallah: So Allah will … Machst du eigentlich immer noch in Algerien Urlaub? Ich habe gehört, sobald du ein paar Tage frei hast, fliegst du hin …«
    Sein Gesicht ist nun hochrot, er ringt nach Fassung. Was ihm sichtlich schwerfällt. Wie bei jedem von uns gibt es auch in seiner Vergangenheit einen dunklen Punkt. Die ehemalige Nummer Drei, der ihn auf den Tod nicht ausstehen konnte, hat es mir vor Jahren erzählt.
    Nummer Dreizehn war Söldner gewesen. Stand auf der Gehaltsliste der einen oder der anderen, vielleicht ja auch auf beiden. Nach einem gescheiterten Überfall wollte sich Nummer Dreizehn mit drei Algeriern jedenfalls irgendwo in der Wüste verstecken, bis die Patrouillen die Suche nach ihnen aufgaben. Ein abgelegenes Dorf, ein zwölfjähriges Mädchen und zu viel Gin: Nachdem Nummer Dreizehn die Kleine vergewaltigt hatte, prahlte der Idiot auch noch damit, nicht wissend, dass einer seiner Legionärskumpane ihr Bruder war. Darauf vergewaltigten ihn die drei tagelang mit vorgehaltenem Gewehr und prügelten ihn windelweich, bis sie sich schließlich aus dem Staub machten, in dem Glauben, er sei tot. War er aber nicht. Kaum hatte er sich einigermaßen erholt, begann er sie zu suchen. Der alten Nummer Drei zufolge sind die drei bei einem Scharmützel längst ums Leben gekommen, aber Nummer Dreizehn will das nicht wahrhaben, er kämmt Algerien immer noch nach den drei Toten durch, um mit ihnen abzurechnen.
    »Nicht ärgern«, sage ich. »So ist es mit der großen Liebe nun mal …«
    Da stürzt er sich wutentbrannt auf mich, doch ich weiche ihm geschickt aus und ramme ihm mein Knie in die Eier. Er schwankt nur ein bisschen, bevor seine Faust nach oben schnellt, gefährlich nahe an meinem Kinn vorbei. Darauf boxe ich ihm mit meiner Rechten in den Magen, sodass ihm die Luft wegbleibt. Aber er hält sich immer noch auf den Beinen. Im letzten Moment ducke ich mich vor seinem nächsten Schlag weg, weshalb er nur meinen Arm trifft. In wenigen Sekunden werde ich ihn nicht mehr bewegen können. Und wegen meines Augenverbands sehe ich fast nichts. Dennoch will ich zum ersten Mal in acht Jahren, nach genau fünfzehn Toten, jemanden wirklich umbringen. Denn ich will nicht sterben, bevor ich nicht wirklich gelebt habe.
    Beide Hände zu einer Faust gefaltet, versetze ich ihm mit all der Kraft, die mir noch bleibt, einen Schlag aufs Kinn. Er wankt. Noch ein Kinnhaken. Er wankt ein bisschen stärker, scheint sich aber noch zu fangen. Also ein dritter Hieb – endlich kippt er nach hinten.
    Und ich werfe mich auf ihn.
    »Wenn du irgendeinem meiner Lieben auch nur ein Haar krümmst«, sage ich dann mit einer Ruhe, die mich selbst erschreckt, »irgendeinem, hörst du, ist das in Algerien eine schöne Erinnerung im Vergleich zu dem, was ich dann mit dir mache. Kapiert?«
    Er gibt sich geschlagen. Denn er weiß, dass ich es ernst meine. Jämmerlich vor sich hin wimmernd nickt er.
    Ich stehe auf. Und da sehe ich

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