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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
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zurückzuführen.
    Ein wirklich komischer Kauz, dieser Arregui. Angeblich hat er immer eine Goldmünze mit dem spanischen Wappen und einen Zettel mit einem Codewort und einer Telefonnummer in der Hosentasche. Man munkelt nämlich, dass er einmal ganz allein den König vor dem sicheren Tod gerettet hat. Der König war nicht dort, wo er eigentlich hätte sein sollen, und Arregui wusste das. Die ETA hatte dem Monarchen eine Falle gestellt. Er legte drei Typen um, packte den König in sein Auto und brachte ihn zurück in den Palacio de la Zarzuela. Wenn sie ihn bisher noch nicht abgesägt haben, dann auch wegen dieser Goldmünze und des Zettels.
    Bei meiner letzten Überprüfung hatte einer seiner Chefs gerade ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, weil er ihm die Nase gebrochen hatte. Es war nicht das erste Mal – und garantiert auch nicht das letzte. Der Kommissar ist nämlich ein Top-Ermittler, der schon oft hohen Tieren auf die Zehen getreten ist. Doch immer, wenn es so ausgesehen hat, als würden die Geier sich endlich über seine sterblichen Überreste hermachen können, hat Arregui noch einmal eine Volte geschlagen und einen spektakulären Ermittlungserfolg hingelegt, für den er viel Presse und einen weiteren Orden bekam. So ist er unverletzlich geblieben – zumindest fast.
    Deshalb bin ich wohl auch überrascht, dass er noch nicht den Hut genommen hat. Obwohl … vielleicht ist er es einfach müde, immer gegen den Strom zu schwimmen, hat sich gesagt, was soll’s, und macht nun Dienst nach Vorschrift und muckt nicht mehr auf.
    Ein komischer Kauz, dieser Arregui. Er hätte es weit bringen können. Aber vor rund eineinhalb Jahren warf ihn etwas aus der Bahn. Etwas Privates.
    Er war frisch von ihr getrennt. Sie hatten sich gestritten, weil er sich weigerte, seinen Job bei den Bullen aufzugeben, und immer wieder ein viel zu hohes Risiko einging für ein Rechtssystem, das seinem Gerechtigkeitssinn eigentlich zuwiderlief. Das hat sie mir selbst erzählt, als wir bei unserem dritten Rendezvous im Bett landeten, nachdem ich bei den beiden Malen davor die ganze Show des zufälligen Kennenlernens, augenblicklichen Hingezogenfühlens und der glühenden Leidenschaft abgezogen hatte.
    Unsere Liebesgeschichte dauerte zwei Monate. Anfangs redete ich mir ja noch ein, ich wäre nur mit ihr zusammen, um mehr über den argwöhnischen Kommissar herauszufinden. Aber schon bald musste ich mir eingestehen, dass meine Ehe mit Leticia kaputt und Claudia meine Chance war, ich selbst zu sein, auch wenn ich damals noch gar nicht wusste, wer ich wirklich bin.
    Claudia … seit bald zwei Jahren versuche ich nun schon ihren Namen zu vergessen. Sie war eine ganz besondere Frau, intelligent und voller Temperament und Leidenschaft, die sich mit aller Kraft an diese neue Liebe klammerte. So wie ich auch. Bei ihr war ich weder der schüchterne Juanito noch die schillernde Nummer Drei: Ich war einfach nur ich, wie ich es danach nie wieder gewesen bin – bis gestern. Genau wie jetzt bei Yolanda begann sich damals etwas tief in meinem Innersten zu regen, etwas, das nur ganz, ganz wenige Menschen in einem wachrufen können.
    Es hatte keine Zeit, sich zu entfalten.
    Womöglich waren es die beiden letzten Junkies in diesem Madrid, in dem man inzwischen nur noch Koks und Speed konsumiert. Es geschah am frühen Abend. Die beiden waren auf Turkey. Claudia wurde von ihnen umgebracht. Wegen ihrer Handtasche.
    Auf ihrer Beerdigung konnte mich Kommissar Arregui nicht sehen, ich stand hinter einem Baum, doch sprach ich ihm mein Beileid aus und entschuldigte mich bei ihm.
    Denn wenn ich dabei gewesen wäre, wäre sie noch am Leben.
    Das habe ich der früheren Nummer Drei nie erzählt. Wahrscheinlich, weil ich Angst hatte, er würde Arregui höchstpersönlich umbringen. Er hat mich immer beschützt, der Alte.
    Ein komischer Kauz, dieser Kommissar. Bis vor ein paar Monaten bin ich ihm immer mal wieder unauffällig gefolgt. Das tue ich manchmal, Leute beobachten, als sähe ich sie in einem Film, ja ich habe das sogar schon getan, bevor ich zur FIRMA kam. Für mich ist das wie ins Kino gehen, eine Art Freizeitbeschäftigung.
    So habe ich Arreguis kleines Geheimnis entdeckt. Nichts Spektakuläres. Aber die Berichte des Detektivs, den ich unter falschem Namen engagiert hatte, um ihn nach Dienstschluss zu observieren, enthielten einen Fehler. Darin stand, der Kommissar sei ein rechtschaffener, von vielen geschätzter Mensch, der jedoch Stammkunde in

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