Wir tun es für Geld
mich langsam zu Ekkehart. Er hat das Sieb mit dem ausgekochten Gemüse in der Hand.
»Du… du hast jetzt aber nicht die Brühe in den Ausguss…?«
»Also, genau genommen – ja.«
Ich schubse mit letzter Kraft die Pfanne von der heißen Herdplatte und lasse mich wieder auf meinen Stuhl fallen.
»Tja, tschuldigung, also ich hab mir auch gleich gesagt, Ekkehart, das war jetzt nicht richtig, hab ich mir gesagt, aber da war schon alles weg, nicht wahr.«
Okay. Erstens: Ich bin selbst schuld. Ich hätte Ekkehart nicht alleine werkeln lassen dürfen. Zweitens: Noch ist nichts verloren. Wir haben immer noch das Fertigpulver.
Ich dirigiere Ekkehart stoisch von meinem Stuhl aus beim Bereiten der Instantbrühe. Das Malheur hat ihn ganz schön aus seinem seelischen Gleichgewicht geworfen. Im Gegensatz zu vorhin ist er jetzt fahrig und hektisch. Dauernd fliegt ihm was runter oder spritzt rum. Ich selbst spüre währenddessen, wie die Müdigkeit schon wieder gnadenlos über mich herfällt.
Verflixt, was wird jetzt überhaupt aus der Vorspeise? Meine schöne Möhrensuppe mit Ingwer und Avocado auf der Basis von Instantbrühe? Nein. Da mache ich lieber was anderes aus den Avocados. Jetzt aber erst mal den Hauptgang retten.
»Ekkehart, stell die Pfanne mit den Rouladen wieder auf die Platte und dreh auf sechs… Falsche Platte, die da vorne, ja genau… So, und jetzt kipp die Brühe drüber… Waaaah! Doch nicht so doll!«
Zu spät. Die fragilen Labberblatt-Rouladen werden im Brüheschwall umhergeworfen wie Fischerboote im Orkan. Ich bin aufgesprungen und habe den verdatterten Ekkehart zur Seite gestoßen. Es dauert eine Weile, bis sich die Verhältnisse in der Pfanne beruhigt haben und ich eine vorläufige Bilanz ziehen kann. Fünf Rouladen sind auf jeden Fall so ernsthaft beschädigt, dass sie das Schmoren nicht überleben würden. Ich angele sie eine nach der anderen raus und verarzte sie mit noch mehr Kochgarn. Ekkehart sieht mit aufgerissenen Augen zu.
»Mach dich nützlich. Schau mal in den Kochbüchern dahinten, ob du irgendeine andere Vorspeise mit Avocados findest.«
»Okay.«
Verflixt, auch die Rouladen, die auf den ersten Blick heil aussahen, fangen jetzt an, sich in der heißen Brühe aufzulösen. Aber ich gebe noch nicht auf. Eine nach der anderen wird rausgefischt und geflickt. Immer wieder verbrenne ich mir die Finger dabei.
»Ich hab hier was, Lukas: Staten-Island-Avocado-Krabbencocktail.«
»Sehr gut, Ekkehart. Dann hol gleich eine Packung Krabben aus dem Tief kühler und schütte sie auf einen Teller.«
Schande. Ich kann so viel Garn drumwickeln, wie ich will, die blöden Blätter halten die Füllung nicht mehr. Eines nach dem anderen entlässt seine Fracht. Wahrscheinlich wäre das sogar auch ohne Ekkeharts Brühe-Tsunami passiert. Ich hätte halt nicht einschlafen dürfen, als die Blätter im Wasser waren. Alles Viktors Schuld. Dafür kriegt er nachher einen Avocado-Krabbencocktail à la Vital-Kompakt mit einem Extra-Teelöffel Tabasco…
»Was soll ich jetzt machen?«
»Die Kartoffeln schälen. Kriegst du das hin?«
»Glaub schon.«
Dreck! Die Situation in der Pfanne gerät außer Kontrolle. Eine Roulade nach der anderen havariert. Nein, das hat keinen Sinn mehr.
»Planänderung, Ekkehart, es gibt Wirsing-Hackfleisch-Eintopf und keine Rouladen.«
»Schmeckt bestimmt auch.«
Ich massakriere mit dem Kochlöffel alles, was noch irgendwie zusammenhält, und rühre um, bis es sich zu einer gleichmäßigen Pampe vermischt hat. Wenn es mir nachher gelingt, das geschickt abzuschmecken und mit Sahne zu verfeinern, könnte die Wette mit Ines zumindest unentschieden ausgehen.
»Übernimm du mal das Rühren. Ich schäl die Kartoffeln lieber selbst. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ach, und versuch bitte das blöde Küchengarn aus der Pamp… äh, dem Eintopf rauszufischen.«
»Wird gemacht.«
Mist, die Krabben sind immer noch steinhart. Ich verfrachte sie in ein heißes Wasserbad. Dann greife ich mir eine große Kartoffel, schäle blind los und gehe nebenbei die Zutatenliste für den Avocado-Krabbencocktail durch. Prima. Bis auf Chicoree haben wir alles da, und der ist eh nur für die Deko… So, die Kartoffeln müssten reichen. Boah, das wird jetzt aber alles ganz schön knapp. Bisschen sauber machen sollten wir auch noch, bevor die Meute kommt. Vor allem den Boden.
Ich stemme mich hoch, ächze zum Herd und probiere den ungewollten Eintopf. Nein, gewiss keine kulinarische Eröffnung. Auch nachdem
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