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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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leichter.«
    »Und man kann so schön kuschelig und romantisch Hochzeitstag feiern.«
    »Mit allem Trumm und Gedöns.«
    Ekkehart strahlt über das ganze Gesicht.
    »Na, das will ich auch gehofft haben.«
     
    * * *
     
    Ines steht im Bademantel auf dem Flur und lacht einmal mehr ungläubig vor sich hin.
    »Also, in drei Wochen werden wir unseren Hochzeitstag feiern. Mit allem Trumm und Gedöns.«
    »So siehts aus.«
    »Na schön.«
    »Ja, schön.«
    »Im Le Canard?«
    »Ja, und, okay, ich hab verloren, ich bezahle.«
    Sie schüttelt einmal mehr den Kopf. Dann sieht sie mich plötzlich an und legt mir die Hand auf die Schulter.
    »Ich muss dir mal was sagen, Lukas.«
    »Ja?«
    »Ganz ehrlich, ich finde es großartig, was du alles für Ekkehart tust.«
    »Machst du Witze?«
    »Ich kann mir nicht helfen, er wächst mir immer mehr ans Herz.«
    »Na ja, heute ist halt alles schiefgegangen. Ich hätte ihn niemals mit dem Schnellkochtopf, also was da alles hätte passieren können…«
    »Mach dir keine Vorwürfe. Ist nicht immer leicht mit ihm.«
    »Oh ja. Und ich vergesse dauernd, dass er eigentlich unser Feind ist.«
    »Ich auch… Mann, und dann fragt der plötzlich nach unserem Hochzeitstag…«
    »Du, für einen kurzen Moment hab ich gedacht, jetzt sind wir endgültig erledigt.«
    »Haben wir dann aber noch sehr professionell umgebogen.«
    »Ja, wir werden immer besser.«
    »Ein Glück, dass Bernd nicht dabei war. Der hätte vielleicht eine Panikattacke gekriegt.«
    »Wo ist er eigentlich gerade?«
    »Singapur, glaube ich. Oder Hongkong? Keine Ahnung. Schlaf gut, Lukas.«
    Heute kein Kuss. Aber wenn Blicke küssen könnten, dann würden meine Lippen jetzt sehr seltsame Bewegungen machen.

03.02. / 23:55 Uhr
 
Unter meinem Verband kribbelt es, aber ich komme nicht ran zum Kratzen. Immer noch kein Liefertermin für Transrotor Tourbillon.

Füssescharrender Schnellkochtopf
     
    Ich weiß nicht, ob das, was wir hier vorhaben, vernünftig ist. Wenn man gerade eben gelernt hat, seinen Kopf ohne Schwimmflügel über Wasser zu halten, probiert man auch nicht gleich einen Hecht ins Wellenbecken, und wer das erste Mal auf Skiern sturzfrei den Anfängerhang geschafft hat, sollte ebenfalls davon absehen, als Nächstes die Innsbrucker Bergiselschanze zu testen. Natürlich drohen einem als Tango-Anfänger, der sich das erste Mal zum freien Tanzen wagt, nicht gleich der Tod und in der Regel auch keine schwereren Verletzungen, aber mein Magen sagt trotzdem dauernd: »Tu es nicht! Tu es nicht!«
    Was mich noch zusätzlich verunsichert: Diese Veranstaltung ist an einem ganz normalen Ort. Kein Rohbau, kein Floß, keine Brücke, kein Museum, sondern einfach nur Saal 2 in Gustavos Tanzstudio. Wer weiß, vielleicht habe ich in so einer normalen Umgebung alle Schritte sofort wieder vergessen?
    Wir suchen uns einen freien Platz im Vorraum. Ines öffnet ihren Beutel. Sie hat noch mal investiert. Neue Tangoschuhe. Schwarzes Leder, hohe Absätze, elegante dünne Riemen. Schön, verführerisch und sicher so teuer wie ein Mittelklasse-Fahrrad. Sie schlüpft hinein und baut sich in Holly-Golightly-Pose vor mir auf.
    »Na, was sagst du?«
    »Stehen dir großartig. Hast du das Geld dafür aus der Transrotor-Tourbillon-Spardose genommen?«
    Sie deutet einen Handkantenschlag in mein Genick an und knickt dabei etwas um. Ich verkneife mir das Grinsen. Also, wenn sie sich sogar mit diesen Absätzen aufs Parkett traut, sollte ich mich vielleicht auch mal zusammenreißen. Ich schnüre meine Senkel zu, zwinge mich, nicht absichtlich zu trödeln, und gehe voran.
    »Wo willst du hin, Lukas?«
    »Na, ich dachte, wir setzen uns erst mal in die Ecke und gucken zu?«
    »Damit wir uns nachher nicht trauen? Kommt nicht in Frage. Wir fangen gleich an.«
    Rote Lampe. Sie meint es ernst. Jetzt keine Panik, sondern Ohren gespitzt… Verflixt. Eine Milonga. Halsbrecherisches Tempo. Der Schrecken aller Anfänger. Wo ist die Eins? Mist. Ich bin der Mann und muss führen. Ines wartet. Na gut… zwo, drei, vier, hepp.
    »Sind wir auf der Eins?«
    »Weiß nicht genau.«
    »Zwo, drei, vier, da! Das ist doch die Eins.«
    Schande.
    Führen, ich muss führen. Aber ich kann froh sein, wenn ich meine eigenen Füße richtig setze. Wir hätten es sein lassen sollen. Es ist noch zu früh.
     
    * * *
     
    Drei Liter Angsschweiß später sieht die Situation nicht mehr so übel aus. Wir sind bestimmt nicht das Paar des Abends, aber wir schwimmen wenigstens in der Tangomenge mit, ohne

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