Wir tun es für Geld
zögernd in die Hocke und beginnt zärtlich und beschwörend zu flüstern, während Ines und ich uns hinter seinem Rücken zuzwinkern.
»Hallo, Tigerchen. Ja hallo, ja hallo, ja hallo, ja wer ist denn da, ja wer ist denn da, ja wer ist denn da, ja hallo, ja hallo, ja hallo…«
Ganz schön heftig, Ines’ Reaktion eben. Okay, dass ich von ihr geträumt habe, war auch gelogen. Getagträumt vielleicht. Ja, könnte man so sagen… obwohl es ja Nacht war. Wobei, die Wahrheit ist schon eher, dass… Aber das kann ich ihr ja nicht erzählen. Und überhaupt. Ich bin, wie gesagt, sowieso völlig aus meinem inneren Gleichgewicht…
»Ja Tigerchen, ja Tigerchen, ja komm, ja komm. Oh! Schaut mal, sie schnuppert an meiner Hand!«
So habe ich Ekkehart noch nie lachen sehen. Mann, bin ich gerührt…
»Ist die süß! Ich mag Katzen. Magda hat immer nur gesagt, Haustiere, hat sie gesagt, Haustiere kommen mir nicht ins Haus.«
… so gerührt, dass ich Ines’ Hand nehmen will. Sie zieht sie aber schnell weg.
»Setz dich mal hin, Ekkehart. Vielleicht springt sie dann auf deinen Schoß.«
»Genau, setz dich mal.«
Es klappt schon wieder. Keine Minute, nachdem Ekkehart es sich bequem gemacht hat, schnurrt Tigerchen auf seinem Schoß.
»Katzen sollen ja sehr beruhigend sein, habe ich mal gelesen. So für Menschen mit hohem Blutdruck zum Beispiel. Ich bin ja manchmal auch bisschen hibbelig, hehe, nicht wahr, Tigerchen? Nicht wahr, Tigerchen? Nicht wahr, Tigerchen?«
Hey, da habe ich wirklich mal was richtig gemacht. Ich stelle mir eine riesige Hand vor, die von der Decke kommt und mir sanft auf die Schulter patscht. Deswegen bemerke ich nur zeitverzögert, dass es in Wirklichkeit Ines’ kleine Hand ist, die mir sanft auf die Schulter patscht.
»Das ist jetzt deine neue Mitbewohnerin, Ekkehart.«
»Komm, wir bringen Tigerchen runter zu dir.«
»Was, schon?«
»Warum nicht, Ines?«
»Bitte, ich will nur noch eine Minute…«
* * *
»Ines, du musst Tigerchen jetzt wirklich hergeben.«
»Mur mog eime Mimute.«
»Aber deine Nase läuft schon ganz schlimm.«
»Mag mir mix aupf… HUATSCHA!«
»Rahmauz!«
»Siehst du? Jetzt hast du auch noch ihr Fell vollgerotzt.«
»Nein, Tigerchen! Nicht abschlecken!«
»Tja, so machen das Katzen nun mal.«
»Ma gut, bamm gehm mir ebem epf zum Eggeharp.«
»Sehr vernünftig.«
Tigerchen ist erschrocken von Ines’ Schoß heruntergesprungen, aber sie lässt sich mit einigem guten Zureden wieder auf den Arm nehmen. Wir gehen in einer kleinen Prozession die Treppe hinunter. Ekkehart trägt Tigerchen, Ines das Körbchen und das Futter und ich das Katzenklo und die Tüte mit der Streu. Ekkeharts Wohnung ist immer noch so leer, dass in diesem Kontext selbst unsere banalen Tier-Accessoires wie Kunstwerke in einem Museum aussehen.
»Nein, nicht dahin. Da stelle ich den Transrotor Tourbillon auf, wenn er geliefert wird.«
»Tschudigum.«
»Einen Kratzbaum brauchst du noch, aber den bauen wir lieber selber, dachte ich.«
»Gut.«
»Dann kommst du jetzt erst mal allein klar?«
»Ich denke schon, hehe. Morgens und abends Fresschen, ab und zu Wassernapf auffüllen und Katzenklo saubermachen und viel mit ihr reden, nicht wahr?«
»Rahmauz.«
»Letzte Testfrage: Was machst du, wenn Tigerchen in Lauerstellung um dich herumschleicht und dich bedrohlich anstarrt?«
»Dann lasse ich sie die Stoffmaus an der Schnur jagen, damit sie ihren Jagdtrieb ausleben kann.«
»Sehr gut. Ich glaube, ihr werdet viel Spaß haben.«
»Tüss, Tigechem.«
»Und bring mal bisschen Gemütlichkeit in den grauen Beamtenalltag von deinem Herrchen, hihi.«
»Rahmauz.«
»Tschüss und vielen, vielen Dank. Ich freu mich so, ich kanns gar nicht sagen.«
»Keine Ursache.«
»Bis bald… Ach, und sagt mal, woher wisst ihr eigentlich, dass ich Beamter bin?«
Argh.
»Na ja…«
Ein Glück, dass ich keinen Holzhammer zur Hand habe. Ich würde sonst nämlich damit sofort meinen Kopf dermaßen malträtieren, dass sowohl Ekkehart als auch Ines und nicht zuletzt Tigerchen für den Rest ihres Lebens an schlimmen Bildern zu knabbern gehabt hätten.
»Häm, ja, das…«
»Bas hast bu ums, äh…«
»Das hast du uns neulich erzählt, als du so besoffen warst.«
»Gemau, im Baubarp.«
»Im Blaubart? Tatsächlich?«
»Weißt du bestimmt nicht mehr, aber du hast es uns erzählt.«
»Ja, ja. Deimem gamzem Frust hast bu rausgemassem.«
»Genau. Die wollen den Staat um sein Geld betrügen, hast du gesagt.
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