Wir waren nie Freunde
musst du doch mögen. Kaviarcreme?«
»Igitt. Ich hasse Kaviar. Der schmeckt doch nur salzig.« »Käse?«
»Schon möglich. Wenn ich unbedingt was aussuchen muss.«
»Elvis hat Erdnussbutter geliebt. Frittierte Erdnussbutter. Und Brote mit Marmelade und Banane.«
»Aha.«
»Und weißt du, was sein Lieblingshamburger war?« »Elvis Presley ist mir wohl so was von egal!« »Dreifacher Cheeseburger! 0 my God! Das solltest du mal versuchen, Tove. Danach isst man den ganzen Tag nichts mehr, das sage ich dir.«
»Kannst du nicht einfach die Klappe halten und weitergehen.«
Plötzlich sind wir da.
Ich traue meinen Augen nicht. Was sehe ich – das gute alte Straßenschild! Was wohl draufgestanden hat? Wendeplatz? Motorisierter Verkehr verboten? Straßenende? Ich weiß es nicht. Weiß nur, dass das hier mein geliebtes verrostetes Schild ist. Nie hätte ich gedacht, dass man sich so freuen kann, es wiederzusehen. »Ich begreife das nicht«, sage ich. »Ich kapier einfach nicht, wie wir hierher gekommen sind. Ich dachte, wir wären auf der anderen Seite des Waldes. Ich habe den Weg überhaupt nicht mehr wiedererkannt.«
»So ist es, wenn man sich verläuft«, sagt Tove nur. Ich schaue mir etwas auf dem Weg an. Es sieht aus wie eine Spur. Zwei kleine Kieshäufchen und dann der deutliche Abdruck von Reifen. Hier ist ein Auto gewesen. Es hat hier gewendet und ist dann mit einem Blitzstart wieder davongefahren. Das haben wir wohl gehört, als es durch den Wald donnerte.
»Das muss Criz gewesen sein, die gekommen ist«, sagt Tove.
»Aber das ist doch der falsche Tag. Sie hätte gestern kommen sollen.«
»Gerade deshalb!«, erklärt Tove. »Das ist doch typisch Criz. Einen Tag zu spät zu kommen!«
Als die Sonne hervorbricht, erscheint alles selbstverständlich. Die Lage hat sich geändert. Wir haben uns nicht mehr verlaufen. Bald sitzen wir in dem gemütlichen Windschutz und essen gegrillten Hasen mit Morcheln. Verdammt, was habe ich für einen Hunger!
Die Verwandlung vollzieht sich in Windeseile. Ein Schnitt zwischen Winter und Frühling. Zwischen schweigendem Wald und lebendigem. Jetzt zwitschern die Büsche. Eine Hummel steuert direkt auf uns zu, und Tove lacht laut auf, als sie sich bücken muss, um nicht mit ihr zusammenzustoßen. Sogar sie scheint die Sonne zu schätzen.
»Ein Punkt für die erste Hummel!«, rufe ich.
»Sind wir tatsächlich hier gelaufen?«, fragt Tove zweifelnd und betrachtet den Wald.
»Ich denke schon«, sage ich. »Ich glaube, gleich kommen wir zu dem Moor, in das Manny getreten ist.« Wir stoßen auf das erste Sumpfgebiet. Es interessiert mich nicht, dass ich von einem Grasbüschel abrutsche und mir Wasser in den Stiefelschaft läuft. Die Sonne scheint. Bald gibt es etwas zu essen.
Hinter dem Moor bleiben wir stehen. Horchen. Schauen uns um. Tove beginnt zu rufen:
»Criiizl«, ruft sie. »Criiiz!«
Lange bleiben wir ganz still stehen. Niemand antwor-tet. Keine Criz antwortet, kein Hund bellt.
»Komm«, sage ich.
Nach einer Weile gelangen wir an das langgezogene Moor, in das Manny getreten ist. Bis jetzt ist also alles richtig. Aber ab jetzt wird es schwierig. Denn ab hier wird der Wald nur zum Wald, hier verlieren sich unsere Wiedererkennungszeichen.
»Hier längs muss es gehen«, sagt Tove.
Eine Weile später müssen wir wieder anhalten, um uns zu vergewissern, dass wir richtig gehen. Tove ruft erneut. Sie formt die Hände zu einem Sprachrohr vor dem Mund: »Criiiz! Criiizl«
Wir lauschen, hören unsere eigenen, keuchenden Atemzüge. Der Wald ist verstummt, vielleicht ist das unsere Schuld. Wir wollen gerade weitergehen, als ein plötzliches Geräusch uns zusammenzucken lässt. Ein Hundebellen! Kurz, energisch. Ihm folgen noch zwei. Ich bin vollkommen verwirrt. Ein Wolf? Ein Jagdhund? Ich schaue Tove an. Sie steht stocksteif da, genau wie ich. Ein neues Bellen ist zu vernehmen. Dumpf, mächtig. Ich meine das Geräusch wiederzuerkennen.
»Das muss Ronja sein!«, rufe ich aus.
» Criiiz!«
Ich merke, dass ich auf Zehen stehe, als würde ich dadurch besser hören können. Tove hält eine Hand hinters Ohr. Es bleibt so lange still, dass ich fast aufgebe. Da kommt endlich das Geräusch, nach dem wir uns gesehnt haben. Eine menschliche Stimme! Sie ist weit entfernt, brüchig, als hätte sie bereits einen langen Weg durch den Wald zurückgelegt, bevor sie endlich an unsere Ohren gedrungen ist.
»Jaaa ... «, klingt es weit entfernt.
Wir sehen uns glückstrahlend
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