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Wir waren nie Freunde

Wir waren nie Freunde

Titel: Wir waren nie Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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an.
    »HIIIIIEEEER! «, brülle ich so laut, dass Tove von mir wegspringt.
    Dann kommt das Übliche. Familie auf Pilzsuche, die sich auf fünf Meter verloren hat. Der ganze Wald schreit und brüllt.
    »W00000 ...«, dröhnt der Wald.
    »HIIIEEER «, antwortet ein Echo.
    » W0000 ...«, flüstert der Wald.
    »HIIIIEEER«, wiederholt das Echo.
    So geht es in einem fort, und wir sind so froh, dass wir uns endlich gefunden haben, und ich merke, dass ich schon heiser geworden bin, als wir endlich Ronja zwischen ein paar grauen Felsblöcken hervorkommen sehen, und hinter ihr kann ich Criz' blondiertes Haar erkennen, die gute alte Criz, denke ich und fühle, dass ich sie wirklich vermisst habe.
    »Hallo!«, sagt sie.
    Das klingt ein wenig zahm, fast scheu nach all dem Geschrei vorher, und da sehe ich, dass sie geweint hat, denn ihre Wimperntusche ist ihr in zwei schwarzen Bächen die Wangen hinuntergelaufen.
    »Wir sind ja jetzt da, Criz«, sage ich.
    Ab jetzt ist es einfacher, da wir zu dritt sind. Wir fühlen uns sicherer. Vielleicht liegt es auch daran, dass Ronja vor uns herläuft. Sie kann die Blindenschrift des Waldes lesen. Sie hat das, was uns fehlt: den vollkommenen Geruchssinn. Criz lacht und redet immer abwechselnd. »Oh Scheiße, was bin ich froh, dass ihr aufgetaucht seid«, sagt sie. »Ich wäre vor Angst fast gestorben, als ich gesehen habe, dass ihr nicht an der Straße wart.« »Aber das ist doch der falsche Tag, Criz. Wir waren für gestern verabredet.«
    »Gestern konnte ich nicht. Ich habe den ganzen Tag gearbeitet.«
    »Das konnten wir ja nun nicht wissen.«
    »Wohin müssen wir jetzt?«
    Tove ist stehen geblieben. Sie sieht unsicher aus. Ich schaue mich um. Kann weder rechts noch links etwas wiedererkennen. Ich erblicke einen Vogel, der auf einer Kiefernspitze sitzt und kurze Töne ausstößt. Drei-, viermal den gleichen. Dann wechselt er. Das klingt fast wie ein Rapper. Die Brust ist gefleckt und glänzt in der Sonne. Plötzlich weiß ich wieder, wo wir sind. Ja, natürlich! Das ist eine Singdrossel. Die blauen Eier und sein Weibchen liegen einige Stockwerke unter ihm.
    »Da hinten hat Philip das Singdrosselnest gefunden«, sage ich. »Wir müssen von hier aus nach rechts.« Wir gehen weiter. Ich bin ein bisschen stolz auf das mit der Singdrossel. Darüber, dass diesmal ausnahmsweise ich es war, der die Richtung gefunden hat. »Jetzt kann es nicht mehr weit sein«, sagt Tove, als wir eine Weile danach einen Berg vor uns sehen. Ich nicke und lege die Hände um den Mund: »PHILIP!«
    Der Berg wirft den Namen zurück. Er wird ein paar Mal wiederholt, bevor das Echo zwischen den Bäumen verhallt. Das ist fast ein Gefühl wie in einem Film oder so. Wir horchen eine Weile, können aber keine Antwort vernehmen.
    »Guck mal, da oben ist Rauch!«, sagt Criz.
    »Da ist es!«, sage ich. »Da oben ist das Basislager.« Das letzte Stück müssen wir fast klettern. Ronja bellt. Wir lachen. Ich schreie: »Würstchen! Erdnussbutter!« Tove fällt ein: »Tacochips!«
    Das wunderbare alte Basislager, denke ich. Wie schön es doch sein wird, Philip wiederzusehen.
    Als wir fast oben sind, sehen wir, dass der Rauch stärker geworden ist. Was ja wohl bedeutet, dass jemand da ist! Dass jemand etwas aufs Feuer gelegt hat. Ich rufe: »Wir kommen! Bestellt schon mal drei Cappriciosa mit extra viel Käse!«
    Criz und Tove müssen laut lachen.
    »Merkwürdig, dass sie nicht antworten«, meint Tove dann.
    Sie legt auch die Hände an den Mund:
    »PIA!«
    Nur Schweigen, nur der leise Wind in den Baumwipfeln, nur eine Krähe oder vielleicht auch ein Rabe, der sich hoch oben am Himmel räuspert.
    »Vielleicht sind sie ja nicht da«, sage ich.
    »Und wer hat dann das Feuer gemacht?«, fragt Criz.
    Das letzte Stück bewegen wir uns ganz langsam. Etwas zögernd, vorsichtig. Jetzt hören wir Geräusche. Jetzt ist etwas zu hören. Zuerst verstehe ich das nicht. Ich kann dieses Geräusch nicht einordnen. Nicht hier im Wald. Ich meine, es ganz woanders gehört zu haben. Ein Lachen. Mannys?
    »Philip!«, rufe ich.
    Bleibe stehen, hole Luft, lausche. Mein Herz schlägt schnell. Da endlich antwortet eine Stimme:
    »Jaaa!«
    Das muss wohl Philip sein. Zuerst erkenne ich die Stimme gar nicht wieder. Aber dann bin ich mir doch sicher. Das muss ja wohl Philip sein, oder?
    »Wir sind es«, rufe ich. »Wir kommen!«
    Ich höre wieder ein Lachen von dem Berg. Mannys? Und dann die Stimme, die Philips sein muss.
    »Gut.«
    »Hallo, alle zusammen!«,

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