Wir waren unsterblich (German Edition)
gebissenen Zähnen hervor. „Ich hab` euren bescheuerten Plan mitbekommen. Von wegen: Grundmann in den Kadett packen und ab in die Ruhr!“
„Wir haben ihn aber nicht umgebracht“, schluchzte Töffel. Charlie überhörte ihn. „Ich will gar nicht wissen, warum ihr ihn erledigt habt.“ Charlie grinste. Zwei seiner Schneidezähne waren abgebrochen. „Es gibt genügend Gründe. Nicht wahr?“ Er wippte lässig auf den Zehenspitzen. Wir schwiegen.
„Ich helfe euch“, fuhr Charlie fort. „Ich lasse den Grundmann verschwinden.“
„Das ... das würdest du tun?“ Töffel wischte sich mit dem Ellbogen die Rotze aus dem Gesicht und sah Hilko mit leuchtenden Augen an. „Er hilft uns.“
„Was willst du dafür?“, fragte Hilko.
Charlie tat so, als würde er ernsthaft überlegen. „Mmm ... mmm“, brummte er und schnippte plötzlich mit den Fingern. „Etwas Geld. Immer wenn ich etwas brauche, werde ich einen von euch darum bitten.“
„Wir haben kein Geld“, erwiderte Leo.
„Doch!“ Charlie holte mit der rechten Hand aus. Die Kugel auf der Spitze des Totschlägers schnellte mit einem leisen Wuuusch! an Leos Nasenspitze vorbei. „Für mich schon. Immer!“
Markus knurrte etwas, das ich nicht verstand. Charlie wirbelte herum und schlug blitzschnell zu. Der Totschläger traf Markus über der rechten Schläfe. Er riss die Augen auf, sein Mund öffnete sich halb, dann fiel er vornüber. Ich versuchte ihn aufzufangen, aber Markus war mindestens zehn Kilo schwerer als ich. Er begrub mich unter sich und sein Gewicht presste mir die Luft aus der Lunge.
„Kein Scheiß!“, brüllte Charlie zu uns hinab. Ich starrte in den Lauf eines Revolvers. Töffel schluchzte laut auf und Hilko stieß zischend die Luft zwischen den Zähnen hervor. Der Revolver zielte direkt auf mein Gesicht. Charlie ging in die Knie und drückte mir den kalten Lauf gegen die Stirn. Nur kurz, und nicht fest. Dann richtete er sich wieder auf. Wir starrten auf seine Waffen. Der Totschläger war in die linke Hand gewandert, während die Rechte den Revolver hielt. „Ich bin nicht blöd!“ Charlies linkes Augenlid zuckte. „Ist das klar?“
„Ja“, flüsterte ich.
Markus versuchte, sich ächzend aufzurichten. Die Haut über seiner Augenbraue war aufgeplatzt. Er betastete den Riss und starrte auf das Blut an seinen Fingerspitzen. Er grunzte. Eine Sekunde lang sah es so aus, als wollte er sich erneut auf Charlie stürzen. Trotz der Waffe. Markus konnte manchmal sehr jähzornig werden. Ich hielt ihn fest.
„Ihr haut jetzt ab!“ Charlie deutete mit dem Revolver zur Tür. „Ich kümmere mich um das tote Arschloch.“
„Wo kommt er hin?“, fragte Leo.
„Das geht euch nichts an. Aber denkt daran, ich kann den Bullen jederzeit einen Tipp geben. Außerdem habe ich Freunde. Die verstehen keinen Spaß! Die sind knallhart! Mit denen hab ich den Scheißkindergarten in Königsborn angesteckt. Anfang Juni. Weil es da nix zu holen gab!“ Er blähte sich auf und redete viel und laut. Vielleicht war ihm erst jetzt bewusst geworden, auf was er sich hier einließ. Ein wenig von seiner Fassade als Kleinstadtganove bröckelte, deshalb versuchte er uns zu beeindrucken.
Wir schlichen zur Tür.
„Ey! Ihr Spinner!“, rief uns Charlie hinterher. „Was soll der beknackte Spruch da an der Wand? Ist der von euch?“
Ich betrachtete die Botschaft des Lichtlosen. „Nein.“
Töffel verlor die Nerven. Wir erreichten den Feldweg und er lief einfach davon. Hilko brüllte, dass er stehen bleiben sollte.
Aber Töffel rannte immer schneller. Seine Ärmchen schlenkerten dabei wie die Glieder einer Marionette. Hilko versuchte die Verfolgung aufzunehmen, doch beim zweiten Schritt verzog er das Gesicht vor Schmerzen. Er deutete auf Töffel. „Jemand muss ihn beruhigen.“
Ich nickte und spurtete los. Auf kurzen Strecken war ich der Schnellste von uns. Töffel war einhundert Meter vor uns. Am Ende des Weges blieb Töffel stehen. Sein Kopf sank auf die Brust. Als ich näher kam, sah ich, dass sein ganzer Körper bebte. Ich legte den Arm um ihn und zog ihn hinter einen Busch. Ich wollte nicht, dass die vorbeirasenden Autofahrer auf uns aufmerksam wurden.
Töffel presste sein Kinn auf die Brust und weigerte sich, mich anzusehen. Er atmete hektisch. Ich suchte nach Worten, um ihn zu beruhigen, aber mein Mund war ganz trocken und klebrig. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Da hinten lag Eugen Grundmann auf dem Lehmboden des Kellers. Mit verkrampften
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